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02.06.2016
Unternehmensteuer

BFH: Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens im Rahmen einer Liquidation

Die – vor dem SEStEG geltende – ausschüttungsabhängige Ausgestaltung der Realisierung des Körperschaftsguthabens ist verfassungsgemäß. Auch die Begrenzung der Körperschaftsteuerminderung auf 1/6 des im Rahmen einer Liquidation verteilten Vermögens ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, wurde durch Gesellschafterbeschluss vom 15. Juni 2005 mit Wirkung zum 1. Juli 2005 aufgelöst. Die Schlussverteilung des Vermögens der Klägerin in Höhe von 1.138.491 EUR erfolgte am 24. August 2006. Das festgesetzte Körperschaftsteuerguthaben betrug 172.932 EUR.

Das FA folgte den eingereichten Erklärungen. Das Körperschaftsteuerguthaben konnte im Rahmen der Liquidationsbesteuerung vollständig realisiert werden, weil das ausgekehrte Vermögen bei Zugrundelegung des für die Bemessung der Körperschaftsteuerminderung maßgeblichen gesetzlichen Faktors von 1/6 hoch genug war (1/6 des ausgekehrten Vermögens in Höhe von 1.138.491 EUR = 189.749 EUR). Die Realisierung des Guthabens führte zu einer Körperschaftsteuererstattung in Höhe von 171.217 EUR.

Nach einer Entscheidung des BVerfG (Beschluss vom 17.11.2009 1 BvR 2192/05) änderte das FA zahlreiche Bescheide zugunsten der Klägerin und legte diesen nunmehr ein Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von 282.979 EUR zugrunde. Allerdings ging das FA davon aus, dass das Guthaben lediglich in Höhe von 1/6 des bei der Schlussverteilung ausgekehrten Betrages zu einer Körperschaftsteuerminderung bzw. -erstattung führen könne und im Übrigen verfalle.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Das FG habe eine weitergehende Körperschaftsteuerminderung bzw. –erstattung zu Recht abgelehnt.

Die im Fall einer Liquidation eingreifende Ausschüttungsfiktion zwinge dazu, die Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens vom Vorhandensein ausreichenden Kapitals der Körperschaft abhängig zu machen und im Falle einer insoweit ungenügenden Vermögensausstattung das „Rest-Guthaben“ nicht voraussetzungslos auszuzahlen, sondern verfallen zu lassen. Denn bis zur Konzeptänderung durch das SEStEG sei die Höhe der Körperschaftsteuerminderung auf 1/6 des Betrags der ausschüttungsgleichen Vermögensverteilung beschränkt und eine darüber hinausgehende Auszahlung des Guthabens nicht vorgesehen gewesen. Erst durch das SEStEG war die ausschüttungsunabhängige Realisierung des Guthabens eingeführt worden. Dies verletze nicht das Grundrecht auf Gleichbehandlung.

Zwar müsse ein Steuerpflichtiger eine erhebliche Ungleichbehandlung, die jeglichen sachlichen Grundes entbehre, weil alle vom Gesetzgeber angestrebten Regelungsziele auch unter Vermeidung der ungleichen Behandlung und ohne Inkaufnahme anderer Nachteile hätte erreicht werden können, nicht hinnehmen (BVerfG-Beschluss vom 30.09.2015 2 BvR 1066/10). Doch stehe dem Gesetzgeber bei der Umgestaltung komplexer Regelungssysteme ein weiter Gestaltungsspielraum zu, gegen den er vorliegend nicht verstoßen habe.

So habe auch das BVerfG in seinem Beschluss vom 17.11.2009 (s. o.) keine verfassungsrechtlichen Zweifel gegenüber dem ausschüttungsabhängigen Modell geäußert. Die im Wege gesetzlicher Fiktion vorgenommene Gleichstellung der Vermögensauskehrung im Rahmen einer Liquidation mit einer offenen Gewinnausschüttung sei sachlich gerechtfertigt, wenn nicht gar geboten; sie führe weder zu einer Benachteiligung des Liquidationsfalles (z. B. durch einen ersatzlosen Untergang des Körperschaftsteuerguthabens), noch privilegiere sie den Liquidationsfall gegenüber offenen Ausschüttungen.

Betroffene Norm
Art 3 Abs. 1 GG
§ 40 Abs. 4 KStG 2002 i.d.F. des StVergAbG
Streitjahr 2006

Vorinstanz
FG Hessen, Urteil vom 12.02.2014, 4 K 1691/12

Fundstelle
BFH, Urteil vom 02.02.2016, I R 21/14

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