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19.03.2015
Unternehmensteuer

BFH: Schachteldividende an Organgesellschaft in voller Höhe gewerbesteuerfrei

Die an eine Organgesellschaft ausgeschüttete Schachteldividende bleibt für Zwecke der Gewerbesteuer – anders als bei der Körperschaftsteuer – in vollem Umfang steuerfrei (entgegen Finanzverwaltung). Eine Hinzurechnung von gem. § 8b Abs. 5 KStG nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben auf der Ebene des Organträgers kommt nicht in Betracht.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist Organträgerin der Y-GmbH, die wiederum zu 72,3 Prozent an einer italienischen Kapitalgesellschaft (Y-S.p.A.) beteiligt ist. Im Streitjahr 2006 erhielt die Y-GmbH von der Y-S.p.A. eine Dividende, welche sie bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags zunächst als Gewinn erfasste, jedoch gemäß § 9 Nr. 7 GewStG in voller Höhe wieder herauskürzte. Eine Hinzurechnung nichtabziehbarer Betriebsausgaben auf die Dividende unterblieb. Die Klägerin übernahm diesen Gewerbeertrag und nahm ebenfalls keine Hinzurechnung für nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG vor. Das Finanzamt folgte (entsprechend BMF-Schreiben vom 26.08.2003, ebenso OFD Münster vom 04.09.2006) dieser Ansicht nicht. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG Münster der Klage statt.

Entscheidung

Das FG habe zu Recht keine Hinzurechnung von gem. § 8b Abs. 5 KStG nicht abziehbaren Betriebsausgaben bei der Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags auf Ebene des Organträgers vorgenommen.

Obwohl eine Organgesellschaft gem. § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG als Betriebsstätte der Organträgerin gilt, handele es sich um zwei selbstständige Gewerbebetriebe mit getrennt zu ermittelnden Gewerbeerträgen (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie).

Der Gewerbeertrag wird gem. § 7 S. 1 GewStG nach dem Einkommen, ermittelt nach den Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetzes – bei einer Organgesellschaft also unter Berücksichtigung des § 15 KStG – vermehrt und vermindert um die in §§ 8, 9 GewStG genannten Beträge, bestimmt. Nach § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG sind die Vorschriften der § 8b Abs. 1 bis 6 KStG bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft nicht anzuwenden. Die hiernach angeordnete sog. Bruttozurechnung bewirkt, dass der Gewinn der Organgesellschaft selbständig und ungeschmälert um darin enthaltene Bezüge nach § 8b Abs. 1 KStG zu ermitteln und er sodann dem Organträger nach § 14 S. 1 KStG zuzurechnen ist, welcher ihn den zuvor ausgeschlossenen allgemeinen Vorschriften unterwirft.

Der in der dargelegten Weise "brutto" ermittelte Gewinn der Y-GmbH als Organgesellschaft sei um die darin enthaltene Dividende der Y-S.p.A. nach Maßgabe von § 9 Nr. 7 S. 1 GewStG zu kürzen. Der Kürzungsbetrag sei seinerseits nicht um fiktive nichtabziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG zu vermindern. Zwar seien solche fiktiven Betriebsausgaben kraft ausdrücklicher Gesetzesanordnung gem. § 9 Nr. 7 S. 3 i.V.m. § 9 Nr. 2a S. 4 GewStG keine kürzungsfähigen Gewinne aus Anteilen. Doch wirke sich diese Gesetzesanordnung nicht aus, weil die Anwendung von § 8b KStG infolge der "Bruttoanordnung" in § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG gesperrt sei. Im Ergebnis seien die Dividenden aus der Beteiligungsgesellschaft damit rechnerisch wie rechtlich vollen Umfangs nicht (mehr) Bestandteil des ermittelten Gewerbeertrags der Organgesellschaft.

Dieser Gewerbeertrag schlage sodann auf die Ermittlung des Gewerbeertrags der Klägerin als Organträgerin durch. Die Dividende der Y-S.p.A. sei in dem der Klägerin zugerechneten Gewerbeertrag deswegen nicht mehr enthalten. Sie könne infolgedessen einerseits bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organträgerin nicht mehr nach Maßgabe von § 8b Abs. 1 S. 1 KStG i.V.m. § 7 Satz 1 GewStG außer Ansatz bleiben. Zugleich unterbleibe andererseits auch eine Hinzurechnung von 5 Prozent der Dividende als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 S. 1 KStG.

Es könne dahinstehen, ob dies wegen der Ungleichbehandlung von nicht organschaftlich und organschaftlich verbundenen Strukturen im Ergebnis unsystematisch sei. Eine sich daraus womöglich ergebende "Hinzurechnungslücke" lasse sich weder durch Auslegung oder Analogie noch durch eine spezifisch organschaftliche Korrektur über § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG schließen.
 

OFD NRW vom 02.10.2017
Welche Konsequenzen die BFH-Rechtsprechung in dem Fall hat, dass die Organgesellschaft Finanzierungskosten aus dem Erwerb der Schachtelbeteiligung hat, konnte in dem vom BFH zu entscheidenden Fall mangels Entscheidungserheblichkeit (keine tatsächlichen Aufwendungen) offen bleiben. Nach mittlerweile abgestimmter Verwaltungsauffassung ist der Aufwandsfall wie folgt zu lösen: Im Ergebnis entfällt zugunsten des Stpfl. die bisherige Hinzurechnung der Finanzierungskosten nach § 8 Nr. 1 KStG, auf der anderen Seite kann die Hinzurechnung des 5%-Pauschbetrags nach § 8b Abs. 5 KStG aber insoweit weiter aufrecht erhalten werden, als in entsprechender Höhe Beteiligungsaufwendungen vorliegen. Bei nach dem 31.12.2016 bezogenen Schachteldividenden ist die gesetzliche Neuregelung in § 7a GewStG zu beachten (die Gewerbeertragsermittlung entspricht im betragsmäßigen Endergebnis wieder der vom BFH verworfenen alten Verwaltungsauffassung).
Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 02.10.2017

Betroffene Normen

§ 9 Nr. 7 GewStG, § 8 Nr. 5 GewStG, § 15 S. 1 Nr. 2 KStG, § 8b Abs. 5 KStG
Streitjahr 2006

Vorinstanz

FG Münster, Urteil vom 14.05.2014, 10 K 1007/13 G, EFG 2014, S. 1511, siehe Deloitte Tax-News

Fundstellen

Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 02.10.2017
BFH, Urteil vom 17.12.2014, I R 39/14

Weitere Fundstellen

BMF, Schreiben vom 26.08.2003, BStBl I 2003, S. 437
Oberfinanzdirektion Münster, Verfügung vom 04.09.2006, G 1421-138-St 12-33
Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Verfügung vom 17.02.016, G 1425/50/2-St 226

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