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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/unternehmensteuer/bfh-teilabzugsverbot-fuer-finanzierungskosten-bei-vororganschaftlicher-gewinnausschuettung.html
09.10.2019
Unternehmensteuer

BFH: Teilabzugsverbot für Finanzierungskosten bei vororganschaftlicher Gewinnausschüttung

Hängen Finanzierungskosten mit dem Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zusammen, mit der später eine körperschaftsteuerliche Organschaft begründet wird, unterliegen die Finanzierungskosten insoweit anteilig dem Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG, als die Kapitalgesellschaft während des Bestehens der Organschaft Gewinne aus vororganschaftlicher Zeit ausschüttet. Kumulieren innerhalb desselben Veranlagungszeitraums vororganschaftliche Ausschüttungen mit organschaftlichen Ergebnisabführungen, ist eine Aufteilung der Finanzierungsaufwendungen nach dem Verhältnis der Einnahmen vorzunehmen.

Sachverhalt

Die Gesellschafter einer KG hielten Aktien einer AG, welche sie als Sonderbetriebsvermögen bei der KG behandelten. Den Erwerb der Beteiligungen hatten sie mit Darlehen finanziert, die ebenfalls als Sonderbetriebsvermögen behandelt wurden. Mit Wirkung ab 01.01.2002 war zwischen der KG als Organträgerin und der AG als Organgesellschaft ein Ergebnisabführungsvertrag geschlossen worden. In 2002 beschloss die AG eine offene Gewinnausschüttung für das Wirtschaftsjahr 2001. Der von der AG im Wirtschaftsjahr 2002 erzielte Gewinn wurde der KG als Organträgerin in voller Höhe zugerechnet.

Finanzamt und FG waren der Ansicht, dass die Finanzierungskosten der Beteiligungen an der AG insoweit nach § 3c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte (im VZ 2002 galt noch das Halbabzugsverbot) abziehbar seien, als sie wirtschaftlich im Zusammenhang mit der Gewinnausschüttung der AG aus vororganschaftlicher Zeit stünden.

Entscheidung

Dem ist der BFH gefolgt.

Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG

Nach § 3c Abs. 2 S. 1 EStG dürfen Betriebsausgaben, die mit den nach § 3 Nr. 40 EStG zum Teil steuerbefreiten Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte (jetzt zu 60 %) abgezogen werden. Das Teilabzugsverbot greift nicht ein, soweit Aufwendungen vorrangig durch voll steuerpflichtige Einnahmen veranlasst sind. Denn in diesem Fall kommt es nicht zu einer Doppelbegünstigung durch (teilweise) steuerfreie Einnahmen und gleichwohl (voll) abzugsfähige Aufwendungen (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 17.07.2013, X R 17/11). 

Besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit mehreren, zum Teil voll steuerpflichtigen und zum Teil steuerbefreiten Einnahmen, und wurde der angefallene Aufwand nicht vorrangig durch eine der beiden Einnahmearten ausgelöst, ist er anteilig und im Rahmen einer wertenden Betrachtung entsprechend dem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt des Gesamtvorgangs aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom 06.04.2016, I R 61/14). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein Veranlassungszusammenhang im Lauf der Zeit ändern kann (vgl. BFH-Urteil vom 17.07.2013, X R 17/11).

Abgrenzung zwischen vororganschaftlicher Gewinnausschüttung und organschaftlicher Gewinnabführung

Der Bezug von Gewinnanteilen führt zu Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die für dem EStG unterliegende Anteilseigner nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d S. 1 EStG zur Hälfte steuerbefreit sind. Dies gilt auch, wenn die Aktien in einem Betriebsvermögen gehalten werden, mit der Folge, dass die Gewinnanteile als betriebliche Einkünfte zu behandeln sind (§ 20 Abs. 3 EStG; jetzt § 20 Abs. 8 EStG). Ist die AG aufgrund eines Gewinnabführungsvertrags zur Abführung des gesamten Gewinns an ein einziges gewerbliches Personenunternehmen verpflichtet und sind die Voraussetzungen einer Organschaft gegeben, ist dem Organträger das Einkommen der Gesellschaft nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG zuzurechnen. Ein solches Einkommen ist nicht nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerbefreit. 

Die Zurechnung des Einkommens betrifft Wirtschaftsjahre der Organgesellschaft, für die die Verpflichtung zur Gewinnabführung besteht und die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 KStG vorliegen. Demgegenüber führt die Ausschüttung aus Gewinnrücklagen, die in vororganschaftlichen Wirtschaftsjahren gebildet worden sind, noch zu Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, selbst wenn sie in einem Wirtschaftsjahr stattfindet, für das die Voraussetzungen der Organschaft erfüllt sind. Dementsprechend sind die Einnahmen aus derartigen Ausschüttungen nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d S. 1 EStG anteilig steuerbefreit.

Streitfall

Die in 2002 von der AG vorgenommene Ausschüttung für das Wirtschaftsjahr 2001 führt danach für die Anteilseigner zu nach § 3 Nr. 40 S.1 Buchst. d S. 1 EStG zur Hälfte steuerbefreiten Einnahmen, die als Sonderbetriebseinnahmen der Gesellschafter bei der KG zu erfassen waren, weil die Aktien in deren Sonderbetriebsvermögen gehalten wurden. Demgegenüber ist der Gewinn der AG aus dem Wirtschaftsjahr 2002 der KG als Organträgerin zuzurechnen, weil für dieses Wirtschaftsjahr erstmals die Gewinnabführungsverpflichtung galt und die übrigen Voraussetzungen einer Organschaft i.S. des § 14 KStG vorlagen (dass die Anteile an der Organgesellschaft von den Gesellschaftern gehalten wurden, stand nach seinerzeitiger Rechtslage einer finanziellen Eingliederung nicht entgegen).

Aufteilung der Finanzierungskosten für die Anwendung des Teilabzugsverbots

Treffen die Einkünfte aus vororganschaftlicher Ausschüttung und einer Zurechnung des Einkommens des laufenden Wirtschaftsjahrs in der Weise zusammen, dass sie dem Anteilseigner in demselben Veranlagungszeitraum zuzurechnen sind, besteht für die Finanzierungskosten der Beteiligung ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit beiden Einnahmen, so der BFH. Zudem könne keiner der Einnahmen ein Vorrang eingeräumt werden. Daher ist für die Anwendung des Teilabzugsverbots nach Auffassung des BFH eine Aufteilung der Finanzierungsaufwendungen vorzunehmen. Als Maßstab für die Aufteilung der Aufwendungen hält der BFH das Verhältnis der Einnahmen zueinander für sachgerecht.

Betroffene Norm

§ 3c Abs. 2 EStG, § 3 Nr. 40 EStG

Streitjahr 2002

Anmerkungen

Relevanz der Entscheidung für das Teileinkünfteverfahren

Soweit ersichtlich ist das dargestellte BFH-Urteil die erste höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage des Teilabzugsverbots für Finanzierungskosten der Beteiligung an einer späteren Organgesellschaft bei vororganschaftlicher Gewinnausschüttung. Zwar betrifft das Urteil unmittelbar nur Altfälle, in denen noch das sog. Halbeinkünfteverfahren galt. Allerdings dürften die vom BFH aufgestellten Grundsätze auch für Sachverhalte gelten, die nach Einführung des Teileinkünfteverfahrens (Abzug zu 60 %) verwirklicht wurden. 

Vorinstanz

Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 01.02.2016, 1 K 1145/12, EFG 2016, S. 1013

Fundstelle

BFH, Urteil vom 25.07.2019, IV R 61/16

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 06.04.2016, I R 61/14, BStBl II 2017, S. 48

BFH, Urteil vom 17.07.2013, X R 17/11, BStBl II 2013, S. 817, siehe Deloitte Tax-News

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