Bei einer Personengesellschaft kann die für den gewerbesteuerlichen Verlustabzug erforderliche Unternehmensidentität dann fehlen, wenn sie erst originär gewerblich tätig war und anschließend gewerbliche Einkünfte aufgrund gewerblicher Prägung erzielt. Eine durchgängige gewerbliche Prägung der Personengesellschaft reicht nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit unverändert bzw. in identischer Art und Weise fortgeführt wird.
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, stellte zum 30.09.2003 den von ihr zuvor betriebenen Zementhandel ein. Sie war somit nicht mehr originär gewerblich tätig, sondern lediglich gewerblich geprägt aufgrund ihrer Rechtsform. Zum 27.12.2003 war der Klägerin zudem das Vermögen einer Immobilien GmbH & Co. KG angewachsen. Infolgedessen lag der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit auf Vermietung, Verpachtung und Verwaltung von Immobilien und im Bereich des Facility Managements. Das Finanzamt sowie das Finanzgericht gelangten zu der Auffassung, dass ein Abzug der bis zum 30.09.2003 entstandenen Verluste ab dem 01.10.2003 mangels Unternehmensidentität nicht mehr möglich sei.
Das FG habe zutreffend festgestellt, dass es im vorliegenden Fall zu einem Wegfall der Unternehmensidentität gekommen sei und die gewerbesteuerlichen Verluste infolgedessen nicht mehr berücksichtigungsfähig seien.
Die grundsätzliche Frage, ob die Unternehmensidentität auch bei gewerblich geprägten Personengesellschaften im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG Voraussetzung des Abzugs des Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG sei, sei unstreitig zu bejahen.
Die in § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG für Kapitalgesellschaften gesetzlich normierte Fiktion einer stets und vollumfänglichen als Gewerbebetrieb anzusehenden Tätigkeit findet für Personengesellschaften gerade keine Anwendung. Diese sind eben nicht schon kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig.
Unternehmensidentität bedeute nach der Rechtsprechung, dass sowohl im Erhebungszeitraum, in dem der Gewerbeverlust erlitten wurde, als auch im nachfolgenden Erhebungszeitraum, in welchem Gewerbeerträge um den erlittenen Gewerbeverlust gekürzt werden sollen, der Gewerbebetrieb unverändert bzw. in identischer Art und Weise bestanden haben muss (vgl. BFH-Urteil vom 07.08.2008). Als Gewerbebetrieb gilt dabei die tatsachlich ausgeübte gewerbliche Tätigkeit. Ob es sich bei einer fortgeführten Tätigkeit im Sinne der Unternehmensidentität tatsächlich um dieselbe Tätigkeit handelt, müsse nach dem Gesamtbild der Tätigkeit, der wesentlichen Tätigkeitsmerkmale, der Art der Betätigung, des Kunden- und Lieferantenkreises, der Geschäftsleitung und der Zusammensetzung des Anlagevermögens sowie der Arbeitnehmerschaft ermittelt werden. Im Gegensatz zu einem Einzelunternehmen könne eine Personengesellschaft zu einer Zeit nur einen Gewerbebetrieb betreiben.
Bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft könne die Unternehmensidentität z.B. dadurch wechseln, dass die Gesellschaft ihre ursprüngliche werbende Tätigkeit und damit ihren Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG einstelle und – ggfs. nach einer Phase von gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen – eine bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung anders gelagerte werbende Tätigkeit und damit einen wirtschaftlich nicht identischen neuen Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG aufnehme.
Im Urteilsfall sei insofern durch die Aufgabe des Zementhandels die Aufgabe einer werbenden Tätigkeit erfolgt, während durch die anschließende Aufnahme der Vermietungs-, Verpachtungs- und Verwaltungstätigkeit von Immobilien eine andere werbende Tätigkeit ausgeübt wurde. Auch eine geplante Wiederaufnahme der eigenen Produktion, eine Aufrechterhaltung des Standorts sowie eine wirtschaftliche Sinnhaftigkeit von Umstrukturierungsmaßnahmen würden zu keinem anderen Ergebnis führen. Insofern sei im vorliegenden Fall die Unternehmensidentität spätestens mit Wirkung zum 27.12.2003 (Datum der Anwachsung der Z GmbH & Co. KG) nicht mehr gewahrt worden, so dass die laufenden Verluste des Jahres 2003 sowie die zum 31.12.2002 festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverluste bei der Verlustfeststellung zum 31.12.2003 keine Berücksichtigung mehr finden können.
§§ 2, 10a GewStG, § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG
Streitjahr 2003
Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 17.03.2010
Der BFH weist in dem hier dargestellten Urteil vom 04.05.2017 darauf hin, dass seinem Urteil vom 17.03.2010 (siehe Deloitte Tax-News) , das einen anderen Sachverhalt betraf, möglicherweise eine gegenteilige Auffassung zu entnehmen sei, an der er nun nicht mehr festhalte. In dem dem Urteil vom 17.03.2010 zugrunde liegenden Fall war streitig, ob der Übergang von einer originär gewerblichen zu einer vermögensverwaltenden Tätigkeit (Veräußerung eines Geschäftsbereichs unter Zurückbehaltung eines Betriebsgrundstücks, das eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellte) zur Beendigung des originär gewerblichen Gewerbetriebs mit anschließender Neugründung eines fiktiven Gewerbebetriebs (gewerbliche geprägte Personengesellschaft) geführt hat. Dies hat der BFH mit der Begründung verneint, dass aufgrund der Fortführung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in dem fiktiven Gewerbebetrieb die „wirtschaftliche Identität“ der ursprünglichen und der nachfolgenden Betätigung gewahrt blieb. Die persönliche Steuerpflicht des Betriebsinhabers, der GmbH & Co.KG, sei nicht weggefallen. Folge war, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftsbereichs als laufender Gewerbeertrag zu erfassen war. Davon zu trennen ist nach dem Urteil vom 04.05.2017 die Frage nach der Unternehmensidentität als Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10a GewStG. Die Verneinung einer Aufgabe der gewerblichen Betätigung muss somit nicht gleichzeitig bedeuten, dass auch Unternehmensidentität gegeben ist.
FG Köln, Urteil vom 15.10.2013, 7 K 265/08, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 04.05.2017, IV R 2/14, BStBl II 2017 Seite 1138
BFH, Urteil vom 17.03.2010, IV R 41/07, BStBl. II 2010, S. 977, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 07.08.2008, IV R 86/05, BStBl. II 2012, S. 145
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