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31.03.2016
Unternehmensteuer

BFH: Ansparabschreibung nach Buchwerteinbringung des Betriebs in eine KapGes

Eine Ansparabschreibung nach § 7g EStG a.F. darf dann nicht vorgenommen werden, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim Finanzamt bereits feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird, so entschied der GrS des BFH mit Beschluss vom 14.04.2015. 
Mit Urteil vom 27.01.2016 hat der X. Senat des BFH entsprechend des Beschlusses des Großen Senats des BFH entschieden und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
BFH, Urteil vom 27.01.2016, X R 21/09  
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Vorlagebeschluss des X. Senats des BFH:
Vorlage an den Großen Senat des BFH zur Frage, ob eine Ansparabschreibung (§ 7g EStG a.F.) auch dann vorgenommen werden darf, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim Finanzamt bereits feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird.

Sachverhalt
Der Kläger betrieb im Streitjahr 2003 ein Bauunternehmen, dessen Gewinn er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelte. Im März 2004 gliederte er das Einzelunternehmen auf eine neu gegründete GmbH aus, deren Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer er wurde. Die Buchwerte des Einzelunternehmens wurden fortgeführt. Im Juni 2004 reichte der Kläger seine Einnahmen-Überschuss-Rechnung für 2003 dem Finanzamt ein. Darin war eine Betriebsausgabe i. H. v. 200.000 Euro für eine Ansparabschreibung (§ 7g Abs. 3, 6 EStG 2002) enthalten. Anfang August 2004 ging die Einkommensteuererklärung beim Finanzamt ein. Im Anschluss an eine Außenprüfung erkannte das Finanzamt die Ansparabschreibung nicht mehr an. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung
Der Senat legt die Rechtsfrage, ob eine Ansparabschreibung (§ 7g EStG 2002) auch dann vorgenommen werden darf, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim Finanzamt bereits feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird, dem Großen Senat des BFH zur Entscheidung vor. Der vorlegende Senat möchte die Rechtsfrage dahingehend entscheiden, dass der Finanzierungszusammenhang zwischen der Geltendmachung der Ansparabschreibung und der Investition, der für die Inanspruchnahme der in § 7g Abs. 3 EStG 2002 vorgesehenen Steuervergünstigung erforderlich ist, nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass im Zeitpunkt der Geltendmachung bereits die Einbringung des Betriebs zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft in Gang gesetzt war. Er sieht sich an einer solchen Entscheidung indes durch die gegenteilige - tragende - Aussage im Urteil des I. Senats des BFH vom 19.05.2010 gehindert.

Rechtsgrundlage:
Steuerpflichtige können - unter weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen - für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Die Rücklage darf 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird (§ 7g Abs. 3 S. 2 EStG 2002). Ermittelt der Steuerpflichtige seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, sind die Vorschriften des § 7g Abs. 3 bis 5 EStG 2002 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass u.a. die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) zu behandeln ist (§ 7g Abs. 6 EStG 2002).

Schrifttum:
Im Schrifttum wird die Vornahme einer Ansparabschreibung im Einzelunternehmen trotz bereits in Gang gesetzter Einbringung in eine Kapitalgesellschaft zu Buchwerten unter Bezugnahme auf den in § 12 Abs. 3 S. 1 UmwStG 2002 angeordneten Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden überwiegend für zulässig gehalten (z.B. Kratsch in Frotscher, EStG, § 7g Rz 45; Schmidt/Kulosa, EStG, 31. Aufl., § 7g Rz 16). Die Gegenauffassung (z.B. Blümich/ Brandis, § 7g a.F. EStG Rz 85) verweist demgegenüber auf den Veräußerungscharakter der Einbringung sowie darauf, dass der Steuerpflichtige die Investition selbst tätigen müsse.

Auffassung des vorlegenden Senats:
In Übereinstimmung mit dem I. Senat ist der vorlegende Senat der Auffassung, dass bei der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft unter Wahl des Buchwertansatzes - ungeachtet des grundsätzlichen Charakters einer solchen Einbringung als tauschähnliches, entgeltliches Geschäft (vgl. BFH-Urteil vom 25.09.1991) - der Betrieb durch die Kapitalgesellschaft "unverändert fortgeführt" wird (BFH-Urteil vom 19.05.2010). Der im UmwStG angeordnete Eintritt der Kapitalgesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 S. 1 UmwStG 2002) erstreckt sich auch auf die den steuerlichen Gewinn mindernden Rücklagen. Daher kann eine nach § 7g Abs. 3 EStG 2002 gebildete Rücklage - anders als bei einer Veräußerung des Betriebs - nach der Einbringung fortgeführt werden; der Zusammenhang mit "dem Betrieb" wird durch die Sacheinbringung zu Buchwerten nicht gelöst (BFH-Urteil vom 19.05.2010).

Der vorlegende Senat hat seine Rechtsprechung, wonach die Ansparabschreibung zu versagen ist, wenn bei ihrer Geltendmachung bereits feststeht, dass der Betrieb veräußert oder aufgegeben wird, insbesondere damit begründet, dass sich die Ziele des § 7g EStG 2002 - Verbesserung der Liquidität, Eigenkapitalausstattung, Investitions- und Innovationskraft kleiner und mittlerer Betriebe - nach einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe nicht mehr erreichen lassen (BFH-Urteil vom 17.11.2004). Diese Argumentation kann für die Buchwerteinbringung hingegen nicht herangezogen werden: Hier setzt der Steuerpflichtige sein unternehmerisches Engagement - wenn auch in anderer (Rechts-)Form - fort, und zwar unter Verwendung desselben Betriebsvermögens wie zuvor im Einzelunternehmen. Diese Fortführung der betrieblichen Tätigkeit trotz eines Wandels im äußeren Rechtskleid ist gerade der Grund und die Legitimation für die vielfältigen Begünstigungen, die das UmwStG 2002 - einschließlich der Buchwertfortführung und des Eintritts in vorhandene Rücklagen - vorsieht.

Divergenz zum I. Senat des BFH (Urteil vom 19.05.2010):
Der I. Senat führt in seiner Entscheidung jedoch weiter aus: "Eine solche Fortführung auf der Grundlage von § 12 Abs. 3 S. 1 UmwStG 1995 setzt aber voraus, dass die Rücklagenbildung im früheren Einzelunternehmen zu Recht erfolgt ist. Daran wiederum fehlt es, wenn im Augenblick der Rücklagenbildung im Einzelunternehmen mit Einreichen der Steuererklärung beim Finanzamt das Investitionsvorhaben in diesem Einzelunternehmen nicht mehr realisiert werden konnte, weil die Umwandlung zu diesem Zeitpunkt bereits in Gang gesetzt war".

Anmerkung

GrS des BFH, Beschluss vom 14.04.2015
Entgegen der in dem Vorlagebeschluss vom 22.08.2012 vertretenen Ansicht des X. Senats des BFH hat der GrS des BFH entschieden, dass eine Ansparabschreibung nach § 7g EStG a.F. dann nicht vorgenommen werden darf, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim Finanzamt bereits feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird. Damit bestätigt der GrS die Auffassung des I. Senats des BFH in seinem Urteil vom 19.05.2010.

Im Schreiben vom 20.11.2013 folgt das BMF, das dem Verfahren beigetreten ist, der Ansicht des X. Senats des BFH. Zugleich wird jedoch darauf hingewiesen (Rz 69), dass die beim BFH in Zusammenhang mit unentgeltlichen Betriebsübertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG n.F. und Buchwerteinbringungen nach §§ 20, 24 UmwStG anhängigen Verfahren GrS 2/12 und IV R 14/12 abzuwarten seien. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Finanzverwaltung nun der Rechtsprechung des GrS des BFH anschließen wird.
Hinweis: Die Entscheidung des GrS erstreckt sich auf § 7g EStG in der bis zum Inkrafttreten des UntStRefG 2008 geltenden Fassung. Durch das UntStRefG 2008 wurde § 7g EStG umgestaltet und neu gefasst. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Entscheidung im zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g EStG i. d. F. des UntStRefG 2008 und des UmwStG i. d. F. SEStEG in gleicher Weise zu entscheiden wäre, sie also nicht lediglich auslaufendes Recht betrifft.

Betroffene Norm
§ 7g EStG 2002
Streitjahr 2003

Vorinstanz Finanzgericht Münster, Urteil vom 25.02.2009, 7 K 5021/07 E,G, EFG 2009 S. 1005

Fundstellen
BFH, Urteil vom 27.01.2016, X R 21/09, BStBl II 2016, S. 447 
BFH, Beschluss vom 14.04.2015, GrS 2/12
BFH, Beschluss vom 22.08.2012, X R 21/09

Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 20.11.2013, BStBl I 2013, S. 1493, Rz 69
BFH, Urteil vom 19.05.2010, I R 70/09, BFH/NV 2010, S. 2072
BFH, Urteil vom 25.09.1991, I R 183/87, BFH/NV 1992, S. 469
BFH, Urteil vom 17.11.2004, X R 41/03, BFH/NV 2005, S. 848

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