Aktuell: Mit ihrer Verfügung vom 12.12.2022 schließt sich die OFD Frankfurt a.M. nun der Entscheidung des BFH vom 21.12.2021 (IV R 15/19) hinsichtlich der Zuordnung einer Beteiligung an der Komplementär-GmbH bei wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen GmbH und GmbH & Co. KG an und gibt damit ihre bisherige abweichende Auffassung auf. Mehr siehe unter „Anmerkung“.
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BFH, Urteil vom 21.12.2021
Eine Beteiligung eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH ist nicht dem Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen, wenn die Komplementär-GmbH einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält. Dies gilt auch dann, wenn die Komplementär-GmbH mit der GmbH & Co. KG wirtschaftlich verflochten ist und die Geschäftsbeziehungen aus Sicht der GmbH & Co. KG nicht von geringer Bedeutung sind (entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung).
An der Klägerin, einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG, war C als alleiniger Kommanditist beteiligt. Komplementärin der GmbH & Co. KG war die B-GmbH an der C mehrheitlich beteiligt war. Die Geschäftstätigkeit der Klägerin beschränkte sich auf die Vermietung eigener Immobilien. Eigene Arbeitnehmer beschäftigte die GmbH & Co. KG nicht; die anfallenden Arbeiten erledigten die Angestellten der Komplementärin. Die B-GmbH verfügte über eigenen Grundbesitz, hielt diverse Beteiligungen an Grundstückspersonengesellschaften und übernahm, neben der Geschäftsführung und Haftung, auch die Hausverwaltung und Buchführung der GmbH & Co. KG. Die B-GmbH erwirtschaftete im Streitjahr eigene Umsatzerlöse von 1,7 Mio Euro.
Im Jahr 2002 schenkte C im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinem Sohn und seiner Tochter jeweils einen Anteil von 25,01% an der B-GmbH, womit sich der Anteil des C an der B-GmbH auf 33,91% verringerte.
Das FA war der Auffassung, dass die Anteile an der B-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen des C bei der GmbH & Co. KG gehörten und durch die Schenkung der Teilanteile an der B-GmbH eine mit dem Teilwert zu bewertende Entnahme nach § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG vorliege. Der dagegen gerichteten Klage gab das FG statt.
Der BFH kommt übereinstimmend mit der Auffassung des FG zu dem Schluss, dass die Anteile von C an der B-GmbH nicht zum Sonderbetriebsvermögen der GmbH & Co. KG gehörten und durch die Schenkung kein Entnahmegewinn entstanden ist.
Kein notwendiges oder gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen I
Nach dem BFH stellt die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen I dar.
Zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen I rechnen nur Wirtschaftsgüter, welche objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb der Personengesellschaft selbst bestimmt sind. Hierzu gehören insbesondere solche Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der Personengesellschaft zur Nutzung für ihre Tätigkeit überlässt (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.2001, VIII R 27/00). Die GmbH & Co. KG übe aber ihre Tätigkeit nicht durch die von einem Kommanditisten gehaltene Beteiligung an der Komplementär-GmbH aus.
Nach dem BFH scheidet auch die Annahme von gewillkürtem Sonderbetriebsvermögen I aus, weil weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass C seine Beteiligung an der B-GmbH durch einen Akt der Willkürung dem Sonderbetriebsvermögen I zugeordnet hat (vgl. BFH-Beschluss vom 21.04.2008, IV B 105/07). Schließlich war die bezeichnete Kapitalbeteiligung des C nicht in einer Sonderbilanz des C ausgewiesen.
Auch kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei Vorliegen eines eigenen Geschäftsbetriebs der Komplementär-GmbH
Der BFH vertritt die Auffassung, dass die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH auch nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II der GmbH & Co. KG gehört, da die Komplementär-GmbH einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält.
Notwendiges Sonderbetriebsvermögen II ist regelmäßig anzunehmen, wenn die dem Mitunternehmer gehörenden Wirtschaftsgüter unmittelbar zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung eingesetzt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 05.11.2009, IV R 99/06). Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern und damit auch Kapitalbeteiligungen zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II ist der Veranlassungszusammenhang maßgebend.
Wird ein Wirtschaftsgut nicht ausschließlich zur Begründung oder Stärkung der mitunternehmerischen Beteiligung an der Personengesellschaft eingesetzt, kann auch eine außerhalb dieser Sphäre begründete Veranlassung vorliegen. In diesem Fall ist für die Zuordnung der Kapitalbeteiligung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II erforderlich, dass ein ganz überwiegender Veranlassungszusammenhang mit der Beteiligung an der Personengesellschaft besteht (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13.02.2008, IR 63/06 und vom 23.02.2012, IV R 13/08).
Unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 16.04.2015, IV R 1/12) bestätigt der BFH, dass eine Kapitalbeteiligung kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen II darstellt, wenn die Kapitalgesellschaft neben ihren geschäftlichen Beziehungen zur KG oder neben ihrer Geschäftsführertätigkeit für die KG einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält. In einem solchen Fall könne in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass das Halten der Kapitalbeteiligung im überwiegenden Interesse der mitunternehmerischen Beteiligung erfolge und damit überwiegend durch den Betrieb der Personengesellschaft veranlasst sei.
Verwaltung von Beteiligungen begründet einen eigenen Geschäftsbetrieb
Nach Auffassung des BFH unterhält eine Kapitalgesellschaft einen eigenen Geschäftsbetrieb, sofern sie weitere Beteiligung verwaltet (vgl. auch BFH-Urteil vom23.02.2012, IV R 13/08). Daher gehört die Beteiligung eines Kommanditisten an der Kapitalgesellschaft in der Regel auch dann nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II, wenn die Kapitalgesellschaft neben ihrer Tätigkeit im Interesse der Personengesellschaft oder neben ihrer Geschäftsführungstätigkeit für die Personengesellschaft noch weitere Beteiligungen von nicht ganz untergeordneter Bedeutung verwaltet.
Übertragung der Grundsätze auf den Streitfall
Die B-GmbH verfüge über einen eigenen Geschäftsbetrieb von erheblichem Umfang (Umsatzerlöse von 1,7 Mio Euro; darin enthalten sind Beteiligungserlöse aus der GmbH & Co. KG in Höhe von 36 Teuro; 8 Arbeitskräfte, erheblicher eigener Grundbesitz und verschiedene Unternehmensbeteiligungen). Folglich habe C seine Beteiligung an der B-GmbH nicht im (überwiegenden) Interesse der GmbH & Co. KG gehalten und stelle auch kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen II dar.
Wirtschaftliche Verflechtungen mit der Personengesellschaft
Zwar sei die Finanzverwaltung der Auffassung, dass --trotz eigenen Geschäftsbetriebs der Komplementär-GmbH von nicht untergeordneter Bedeutung-- die Anteile an der Komplementär-GmbH bei zugleich bestehender wirtschaftlicher Verflechtung dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen sind, wenn aus Sicht der KG die Geschäftsbeziehung zur Komplementär-GmbH nicht von geringer Bedeutung ist. Dies sei z.B. dann der Fall, wenn die GmbH über die Geschäftsführung für die GmbH & Co. KG hinaus auch den Alleinvertrieb für die Produkte der GmbH & Co. KG übernommen hat (z.B. Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen vom 17.06.2014, unter III.2.; Verfügung der OFD Frankfurt am Main vom 03.12.2015, unter 1.3.2.). Dieser Auffassung schließt sich der BFH allerdings nicht an. Aus Sicht des BFH ist bei der Frage, ob der Gesellschafter einer Personengesellschaft eine Kapitalbeteiligung vor allem mit Rücksicht auf die Belange der Personengesellschaft hält, auf die Sicht des Gesellschafters (und nicht auf die Sicht der Personengesellschaft) abzustellen.
Zweigliedrige Personengesellschaft
Nach Auffassung der Finanzverwaltung stellt bei einer Zweipersonengesellschaft (Komplementär-GmbH ist neben dem Kommanditisten einzige Gesellschafterin der KG) die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage für die Mitunternehmerstellung des Kommanditisten dar, weil die GmbH aus dessen Sicht benötigt wird, um überhaupt eine Personengesellschaft und damit eine Kommanditistenstellung mit der entsprechenden Haftungsbegrenzung zu begründen und zu erhalten. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Umfang der Kommanditist an der GmbH beteiligt ist (vgl. OFD Nordrhein-Westfahlen vom 17.06.2014, unter II.3. und OFD Frankfurt am Main vom 03.12.2015, unter 1.1.3.).
Aus Sicht des BFH ist auch im Fall einer solchen Zweipersonengesellschaft entscheidend, ob die Komplementär-GmbH einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht untergeordneter Bedeutung unterhält. Sofern dies bei Gründung einer zweigliedrigen Personengesellschaft der Fall sei, kommt nach dem BFH eine Zuordnung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II in der Regel nicht in Betracht. Denn auch in einem solchen Fall stehen die Interessen der Gesellschaften gleichberechtigt zueinander, was einer Einstufung als Sonderbetriebsvermögen II der GmbH-Beteiligung entgegensteht.
§ 4 Abs. 1 S. 2 EStG
Streitjahr 2002
OFD Frankfurt a.M., Verfügung vom 12.12.2022, S-2134 A – 014 – St 517
Mit der Verfügung vom 12.12.2022 (siehe Deloitte Tax News) aktualisiert die OFD Frankfurt a.M. ihre bisherige Verfügung vom 21.07.2022 zur Zugehörigkeit von Mitunternehmern gehörenden Anteilen an Kapitalgesellschaften zum Sonderbetriebsvermögen sowie deren Eigenschaft als funktional wesentliche Betriebsgrundlage. Die einzige Änderung gegenüber dem Vorgängerschreiben besteht darin, dass sich die OFD Frankfurt a.M. nun der Entscheidung des BFH vom 21.12.2021 (IV R 15/19) hinsichtlich der Zuordnung einer Beteiligung an der Komplementär-GmbH bei wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen GmbH und GmbH & Co. KG anschließt und damit ihre bisherige, dem BFH entgegenstehende, Auffassung aufgibt.
Steuerliche Konsequenzen einer Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen
Die Frage, ob ein Wirtschaftsgut einem (Sonder-)Betriebsvermögen zuzuordnen ist, ist insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit eines Betriebsausgabenabzugs, die steuerliche Verhaftung von stillen Reserven bzw. in Umwandlungsfällen, von erheblicher Bedeutung.
Praxishinweis
Streitigkeiten darüber, ob notwendiges Sonderbetriebsvermögen vorliegt oder nicht, sollten durch gezielte Strukturierungen (ggfs. auch durch Aufnahme der Beteiligung ins gewillkürte Sonderbetriebsvermögen bzw. mit Hilfe eines Antrags auf eine verbindliche Auskunft) vermieden werden.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2019, 11 K 1232/15 F
BFH, Urteil vom 21.12.2021, IV R 15/19 , BStBl. II 2022 S. 651
BFH, Urteil vom 18.12.2001, VIII R 27/00, BStBl. II 2002, S. 733.
BFH, Beschluss vom 21.04.2008, IV B 105/07, BFH/NV 2008, S. 1470.
BFH, Urteil vom 05.11.2009, IV R 99/06, BStBl. II 2010, S. 593.
BFH, Urteil vom 13.02.2008, IR 63/06, BStBl. II 2009, S. 414.
BFH, Urteil vom 23.02.2012, IV R 13/08, BStBl. II 2020, S. 534.
BFH, Urteil vom 19.12.2019, IV R 53/16, BStBl. II 2020, S. 534, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 20.09.2018, IV R 39/11, BStBl. II 2019, S. 131.
BFH, Urteil vom 28.05.2020, IV R 17/17, ZIP 2020, S. 2334, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 16.04.2015, IV R 1/12, BStBl. II 2015, S. 705, siehe Deloitte Tax News
Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M., Verfügung vom 12.12.2022, S-2134 A – 014 – St 517, siehe Deloitte Tax News
Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfahlen, Verfügung vom 17.06.2014, S 2242-2014/003-St 114
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