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24.08.2022
Unternehmensteuer

DAC7-Betriebsprüfungsreform: Bundesregierung verabschiedet Regierungsentwurf für Umsetzung von DAC7 sowie zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts

Aktuell: Der Bundesrat hat am 07.10.2022 Stellung genommen, siehe Deloitte Tax-News
                                                                                                                                

Die Bundesregierung hat am 24.08.2022 den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur nationalen gesetzlichen Umsetzung der DAC7-EU-Richtlinie und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts verabschiedet. Damit soll eine EU-weite Meldepflicht für digitale Plattformen eingeführt und die Regelungen für die Betriebsprüfung reformiert werden.

Hintergrund

Mit dem am 24.08.2022 vom Bundeskabinett verabschiedeten Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2021/514 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts“ verfolgt die Bundesregierung das Ziel, mehr Steuergerechtigkeit zu erreichen. Die Finanzbehörden sollen über die EU-weite Meldepflicht für digitale Plattformen einen besseren Zugang zu Informationen erlangen, die für eine gleichmäßige und gesetzliche Besteuerung, insbesondere von Einkünften, die unter Verwendung digitaler Plattformen erzielt werden, erforderlich sind. Die Grundlagen für eine intensive und effiziente Zusammenarbeit der Steuerbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Bereich der direkten Steuern sollen verbessert werden.

Außerdem sollen die steuerverfahrensrechtlichen Bestimmungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Durchführung von Außenprüfungen, punktuell modernisiert werden.

Regierungsentwurf

Plattform-Steuertransparenzgesetz (PStTG)

  • Plattform: auf digitalen Technologien beruhendes System, das es Nutzern ermöglicht, über das Internet mittels einer Software miteinander in Kontakt zu treten und Rechtsgeschäfte abzuschließen, die gerichtet sind auf: 1. die Erbringung relevanter Tätigkeiten durch Anbieter für andere Nutzer; oder 2. die Erhebung und Zahlung einer mit einer relevanten Tätigkeit zusammenhängenden Vergütung.
  • Meldender Plattformbetreiber: Plattformbetreiber (verpflichtet sich einem Anbieter eine Plattform zur Verfügung zu stellen), der nicht unter die Ausnahmen fällt und seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung im Inland hat oder nach deutschem Recht eingetragen ist oder eine Betriebsstätte im Inland hat. Meldepflichtig sind auch Betreiber, die weder in der EU steuerlich ansässig sind oder eine Betriebsstätte haben sowie eingetragen sind, über deren Plattform relevante Tätigkeiten durch meldepflichtige Anbieter erbracht werden oder über die Plattform eine zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an in der EU belegenem unbeweglichen Vermögen erfolgt.
  • Meldepflichtiger Anbieter: aktiver Anbieter (registriert, erbringt relevante Tätigkeiten auf der Plattform im Meldezeitraum), bei dem es sich nicht um einen ausgenommenen Anbieter (z.B. staatlicher Rechtsträger, weniger als 30 Fälle und 2.000 Euro) handelt, der im Inland oder in der EU ansässig ist oder der über die Plattform eine zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an im Inland oder der EU belegenem unbeweglichen Vermögen erbringt.
  • Relevante Tätigkeit: folgende Tätigkeiten, wenn sie gegen Vergütung erbracht wurden:
    - zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichem Vermögen
    - Erbringung persönlicher Dienstleistungen (müssen vom Nutzer beauftragt sein)
    - Verkauf von Waren
    - zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln
  • Registrierung: Ein meldender Plattformbetreiber muss sich einmalig unverzüglich bei einer zuständigen Behörde eines EU-Mitgliedstaats registrieren.
  • Meldung: Ein meldender Plattformbetreiber hat nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz die relevanten Informationen in Bezug auf den Meldezeitraum spätestens zum 31. Januar des Jahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Anbieter als meldepflichtiger Anbieter identifiziert worden ist, dem BZSt (bei mehreren möglichen EU-Meldebehörden besteht eine Wahlmöglichkeit) zu melden.

Abgabenordnung - allgemein

  • Elektronische Kommunikation im Besteuerungsverfahren: Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, Verhandlungen und Besprechungen auch elektronisch durch Übertragung in Bild und Ton durchführen zu können. Dabei muss eine Verschlüsselung der Daten in einem geeigneten Verfahren erfolgen, es sei denn, alle Beteiligten verzichten darauf. (§ 87a Abs. 1a AO-E)
  • Mitwirkungspflichten der Beteiligten: Die Finanzbehörde soll die Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation verlangen können. Der Steuerpflichtig muss diese nach Anforderung innerhalb von 30 Tagen vorlegen. Im Falle einer Außenprüfung sollen die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen 30 Tage nach der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen sein. (§ 90 Abs. 3 u. Abs. 4 – neu – AO-E)
  • Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen durch Intermediär: Der Intermediär soll den Nutzer immer vor Übermittlung der Meldung an das BZSt über die betreffenden Angaben informieren. Bisher war auch eine Information nach der Übermittlung möglich. (§ 138f Abs. 4 S. 1 AO-E)
  • Buchführungsunterlagen im Ausland: Die Möglichkeit der Vorhaltung der Buchführungsunterlagen in einem EU-Mitgliedstaat soll auf mehrere Mitgliedstaaten erweitert werden. Darüber soll die antragsbezogene Buchführungsverlagerung in einen Drittstaat auch auf mehrere Drittsaaten ausgeweitet werden. Die Rückverlagerung bei Drittstaatenfällen soll darüber hinaus nicht nur nach Deutschland sondern auch in andere EU-Staaten möglich sein. Grundsätzlich soll es zukünftig auch nur noch erforderlich sein, den Standort des Systems oder (heute „und“) den Namen des beauftragten Dritten und dessen Anschrift zu nennen. (§ 146 Abs. 2a, b, c AO-E)
  • Aufbewahrung von Unterlagen – Datenzugriff: Die Verarbeitung und Aufbewahrung der zur Verfügung gestellten Daten soll auch auf mobilen Datenverarbeitungssystemen der Finanzbehörden unabhängig von deren Einsatzort zulässig sein. Darüber hinaus soll die Option des Datenzugriffs im Rahmen einer Betriebsprüfung „Z3: Datenträgerüberlassung“ an die aktuelle technische Entwicklung angepasst werden. Danach kann die Finanzverwaltung jetzt verlangen, die Daten in einem maschinell auswertbaren Format an sie zu übertragen. Die zur Verfügungstellung auf einem Datenträger ist nicht mehr erforderlich. (§ 147 Abs. 6 u. 7 -neu- AO-E)
  • Digitale Schnittstellen: Das BMF soll mit Zustimmung des Bundesrates die Ermächtigung erhalten, durch eine Rechtsverordnung einheitliche digitale Schnittstellen und Datensatzbeschreibungen zu bestimmen, sowie Vorgaben zur verpflichtenden Implementierung und Nutzung zu erlassen. (§ 147b – neu – AO-E)

Abgabenordnung – Modernisierung Betriebsprüfung

  • Ablaufhemmung im Rahmen der Betriebsprüfung: Nach der Neufassung des § 171 Abs. 4 AO soll die Festsetzungsfrist spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde, enden. Sofern auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder diese unterbrochen wird, soll sich die Frist um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung verlängern. Wie bisher soll die Regelung der Ablaufhemmung nicht gelten, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Falls die Finanzbehörde zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch nimmt, soll die Frist nicht vor Ablauf von einem Jahr seit Inanspruchnahme der Amtshilfe ablaufen, sofern der Steuerpflichtige auf diese vor Ablauf der Frist hingewiesen wurde. (§ 171 Abs. 4 u. 5 AO-E)
  • Einführung eines Teilabschlussbescheids: Im § 180 AO soll ein neuer Abs. 1a ergänzt werden, nach dem einzelne, im Rahmen einer Außenprüfung für den Prüfungszeitraum ermittelte und abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt werden können (Teilabschlussbescheid). Dieser soll auf Antrag des Steuerpflichtigen ergehen, wenn ein erhebliches Interesse besteht, welches vom Steuerpflichtigen glaubhaft gemacht wird (§ 180 Abs. 1a – neu – AO-E). Im Fall eines Teilabschlussbescheides ist keine gesonderte Feststellungserklärung abzugeben. Als Steuererklärung soll die Erklärung gelten, für deren Besteuerungszeitraum der Teilabschlussbescheid unmittelbar Bindungswirkung entfaltet. (§ 181 Abs. 1 AO-E)
  • Prüfungsanordnung – Datenübertragung: Mit der Prüfungsanordnung sollen die Finanzbehörden bereits die Möglichkeit erhalten, in einer angemessenen Frist Buchführungsunterlagen anfordern zu können. Sind diese Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden, sollen die Daten in einem maschinell auswertbaren Format an die Finanzbehörde übertragen werden. Im Gegenzug sollen dem Steuerpflichtigen die Prüfungsschwerpunkte mitgeteilt werden. Bei bestimmten Steuererklärungen (Auflistung in § 149 Abs. 3 AO) soll die Prüfungsanordnung grundsätzlich bis zum Ablauf des Kalenderjahrs erlassen werden, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der aufgrund der Steuererklärung erlassene Steuerbescheid durch Bekanntgabe wirksam geworden ist. Wird die Prüfungsanordnung aus Gründen, die die Finanzbehörde zu vertreten hat, erst danach erlassen, soll die 5 Jahresfrist der Ablaufhemmung bereits mit Ablauf des Kalenderjahres beginnen, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerbescheid wirksam geworden ist.  (§ 197 Abs. 3, 4 u. 5 – neu – AO-E)
  • Regelmäßige Gespräche im Rahmen der Betriebsprüfung: Die Finanzbehörde soll mit dem Steuerpflichtigen regelmäßige Gespräche über die festgestellten Sachverhalte und deren mögliche steuerliche Auswirkungen vereinbaren. Ferner sollen einvernehmlich Rahmenbedingungen für die Mitwirkung des Steuerpflichtigen nach § 200 AO festgelegt werden können. Werden diese erfüllt, soll ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen nach § 200a – neu – AO-E unterbleiben. (§ 199 Abs. 2 AO-E)
  • Nutzung von mobilen Endgeräten durch Betriebsprüfer: Bei der Nutzung von mobilen Endgeräten durch den Außenprüfer soll dies als an Amtsstelle angesehen werden. (§ 200 Abs. 2 AO-E)
  • Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen: Im Rahmen der Außenprüfung soll der Steuerpflichtige zur Mitwirkung nach § 200 AO in Form eines vollstreckbaren Verwaltungsaktes aufgefordert werden können, ohne dass dies einer besonderen Begründung bedarf. Das Mitwirkungserlangen soll innerhalb einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe zu erfüllen sein.
    Für den Fall, dass der Steuerpflichtige der Aufforderung nicht oder nicht vollständig nachkommt, ist ein Mitwirkungsverzögerungsgeld in Höhe von 100 Euro für jeden vollen Tag der Mitwirkungsverzögerung, höchstens aber für 100 Kalendertage, vorgesehen. Es soll von einer Festsetzung abzusehen sein, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die Mitwirkungsverzögerung entschuldbar ist. Ferner kann ein Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt werden, wenn zu befürchten ist, dass der Steuerpflichtige ohne einen Zuschlag seiner bereits bestehenden Verpflichtung nicht nachkommt. Falls ein Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt wurde, soll sich die Festsetzungsfrist im Rahmen der Außenprüfung um die Dauer der Mitwirkungsverzögerung, mindestens aber um ein Jahr verlängern. (§ 200a – neu – AO-E)
  • Schlussbesprechung: Eine Schlussbesprechung soll mit Zustimmung des Steuerpflichtigen künftig auch fernmündlich oder elektronisch durchgeführt werden können. (§ 201 Abs. 1 AO-E)
  • Prüfungsbericht: Der Prüfungsbericht soll auch in elektronische Form vorgelegt werden können. Darüber hinaus soll im Prüfungsbericht darauf hingewiesen werden, wenn Besteuerungsgrundlagen in einem Teilabschlussbescheid gesondert festgestellt werden. (§ 202 AO-E)
  • Verbindliche Zusage: Die Finanzverwaltung soll bereits nach Erlass eines Teilabschlussbescheids auf Antrag des Steuerpflichtigen und bei besonderem Interesse verbindlich zusagen können, wie ein für die Vergangenheit geprüfter und im Teilabschlussbericht dargestellter Sachverhalt in Zukunft steuerlich behandelt wird. (§ 204 Abs. 2 AO-E)
  • Bußgeld: Es sollen 2 neue Bußgeldtatbestände eingeführt werden:
    -  aufbewahrungspflichtige Unterlagen bzw. Aufzeichnungen nicht oder nicht vollständig aufbewahrt,
    -  Datenzugriff nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gewährt. (§ 379 AO-E)
  • Zeitliche Anwendung der Modernisierung der Betriebsprüfung: Die Regelungen für die Modernisierung der Außenprüfung sollen erstmals für Besteuerungszeiträume nach dem 31.12.2024 anzuwenden sein.

 

Fundstelle

Bundesregierung, Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2021/514 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts 

Weiter Fundstelle

Deloitte Stellungnahme vom 01.08.2022 zum Referentenentwurf aus Verrechnungspreis-Sicht

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