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12.10.2023
Unternehmensteuer

FG Baden-Württemberg: Organschaft bei Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs während der Mindestlaufzeit eines GAV

Die Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft können auch im Falle der Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs während der gesetzlichen Mindestlaufzeit eines Ergebnisabführungsvertrags und einer Vertragsklausel über eine automatische Laufzeitverlängerung erfüllt sein. 

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres während der gesetzlichen Mindestlaufzeit eines Ergebnisabführungsvertrags (mit einer Vertragsklausel über eine automatische Laufzeitverlängerung) zur Nichtanerkennung der ertragsteuerlichen Organschaft führt.

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, war alleinige Gesellschafterin der C GmbH, der B GmbH und der D GmbH. Die Tochtergesellschaften schlossen mit der GmbH & Co. KG gleichlautende Gewinnabführungsverträge ab. Die Verträge waren erstmals für das Geschäfts-/Wirtschaftsjahr vom 01.01.2011 – 31.12.2011 anzuwenden. Zu diesem Zeitpunkt entsprach das Wirtschaftsjahr der GmbH & Co. KG und ihrer Tochtergesellschaften dem Kalenderjahr. Der Vertrag konnte erstmals zum Ablauf des 31.12.2015 unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten gekündigt werden und verlängerte sich ansonsten um jeweils ein Kalenderjahr.

Im November 2013 beantragten die Klägerin und die Tochtergesellschaften eine Umstellung des Wirtschaftsjahres auf den Zeitraum vom 01.05. bis zum 30.04.. Für den Zeitraum vom 01.01.2014 -30.04.2014 wurde ein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet. Die steuerlichen Folgen der Organschaft wurden danach zu den Stichtagen 30.04.2014, 30.04.2015 und 30.04.2016 vollzogen. Eine Änderung der Verträge aufgrund der Umstellung des Wirtschaftsjahres erfolgte nicht.
Das Finanzamt versagte die ertragsteuerliche Organschaft zwischen der GmbH & Co. KG und ihren Tochtergesellschaften. Aufgrund der mit Wirkung ab 2014 erfolgten Umstellung des Wirtschaftsjahres und der Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres sei die Organschaft nicht anzuerkennen, da die Gewinnabführungsverträge nicht über fünf aufeinanderfolgende Jahre ununterbrochen durchgeführt worden seien.

Entscheidung

Das FG kommt entgegen der Auffassung des Finanzamts zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft erfüllt waren.

Gesetzliche Grundlagen: Organschaft i.S.d. §§ 14-17 KStG

Verpflichtet sich eine GmbH mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 AktG, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, ist das Einkommen der Organgesellschaft nach § 14 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 17 KStG dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen, soweit sich aus § 16 KStG nichts anderes ergibt. Der Vertrag muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG).

Einhalten der Mindestlaufzeit von fünf Jahren

Nach dem FG ändert die Umstellung des Wirtschaftsjahres im Jahr 2013 auf den Zeitraum 01.05.-30.04. und die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres vom 01.01.2014 - 30.04.2014 nichts an der vertraglich vereinbarten Mindestlaufzeit, denn diese war nicht an das Wirtschaftsjahr geknüpft und blieb von der Umstellung daher unberührt (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.2013, I R 45/12). Auch wenn die Vereinbarung über die Vertragslaufzeit nach der Umstellung im laufenden Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endete, blieben die Rechte und Pflichten aus der Vereinbarung bis dahin unberührt (vgl. BGH-Urteil vom 05.04.1993, II ZR 238/91). Damit sei der Vertrag im Streitfall ausreichende Vertragsgrundlage für eine tatsächliche Durchführung während der gesetzlichen Mindestvertragsdauer.

Zwar habe der BFH bei Rumpfwirtschaftsjahren eine längere Mindestlaufzeit als fünf Zeitjahre für erforderlich gehalten, diese Feststellung jedoch im Zusammenhang mit der in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 3 KStG geregelten Rückwirkung einer Vertragsauflösung auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft getroffen (vgl. BFH-Urteil vom 12.01.2011, I R 3/10). Ein generelles Erfordernis, den Mindestzeitraum mit fünf zwölfmonatigen Wirtschaftsjahren auszufüllen, sei damit nicht verbunden (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.2013, I R 45/12).

Tatsächliche Durchführung der Gewinnabführungsverträge

Nach dem FG wurden die Gewinnabführungsverträge auch über die gesamte Laufzeit durchgeführt. Die Gewinne der Organgesellschaften wurden vollständig abgeführt, und zwar auch nach Ende des sechsten Wirtschaftsjahres (30.04.2016) und in den Folgejahren.

Da die Gewinnabführungsverträge nicht gekündigt wurden, verlängerte sich die Vertragsdauer automatisch um ein Jahr. Dies führte auch nicht zu einer Unterbrechung der Vertragsdauer und einem anschließenden Neubeginn. Vielmehr stand die Verlängerung jeweils sechs Monate vor dem 31.12.2015 fest, da eine Kündigung spätestens bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt sein musste, um die Vertragslaufzeit zu beenden. Eine gesonderte Vereinbarung einer Laufzeitverlängerung bis mindestens 30. April 2016 bedurfte es nicht. Es reicht nach dem FG aus, dass die Organgesellschaften die Voraussetzungen der Organschaft bei Ablauf der Fünfjahresfrist innerhalb des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaften noch bis zum Ende ihres Wirtschaftsjahres erfüllen.

Betroffene Norm

§ 14 KStG

Streitjahr 2011

Fundstelle

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.09.2022, 11 K 953/17, BFH-anhängig: I R 12/23 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 13.11.2013, I R 45/12, BStBl. II 2014, 486, siehe Deloitte Tax News

BGH, Urteil vom 05.04.1993, II ZR 238/91

BFH, Urteil vom 12.01.2011, I R 3/10, BStBl. II 2011, S. 727, siehe Deloitte Tax News

 

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