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05.07.2012
Unternehmensteuer

BFH: Kein Halbabzugsverbot für Teilwertabschreibung auf eigenkapitalersetzendes Darlehen und Rückstellungen für Inanspruchnahme aus Bürgschaften

Mit seinem Schreiben vom 23.10.2013 hat das BMF (IV C 6 - S 2128/07/10001) nun die Anwendung dieser BFH-Rechtsprechung in allen noch offenen Fällen angeordnet und das gegenteilige BMF-Schreiben vom 08.11.2010 – abgesehen von der Anwendung einer Billigkeitsregelung – aufgehoben.
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Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen unterliegen nicht dem Halbabzugsverbot, da kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit hälftig besteuerten Beteiligungserträgen besteht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Darlehensüberlassung der Fremdüblichkeit entspricht oder ob sie gesellschaftlich veranlasst war. Ebenso sind Aufwendungen für die Bildung einer Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme aus übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen eines Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft in voller Höhe abzugsfähig (entgegen BMF-Schreiben vom 08.11.2010, BStBl 2010, S. 1292).  
 
Der BFH hat die FG-Rechtsprechung bestätigt, dass das Halbabzugsverbot (§ 3c Abs. 2 EStG) nicht auf Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen anzuwenden ist. Dem Abzugsverbot sollen alle Ausgaben unterliegen, die mit nur hälftig besteuerten Einnahmen (z.B. Beteiligungserträgen) in Zusammenhang stehen, um eine inkongruente Begünstigung auszuschließen. Eigenkapitalersetzende Darlehen sind - unbeschadet ihrer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis - eigenständige Schuldverhältnisse und stellen damit von der Beteiligung zu unterscheidende Wirtschaftsgüter dar. Substanzverluste eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens, wie sie durch Teilwertabschreibungen abgebildet werden, stehen nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerbefreiten Beteiligungserträgen und sind steuerlich abzugsfähig.

Ebenso ist eine Rückstellung für drohende Inanspruchnahme aus übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen nicht dem Abzugsverbot zu unterwerfen, da es an dem notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang fehlt. Einer Bürgschaft als auch einer der Rückgriffsforderung aus einer Bürgschaftsverpflichtung liegen eigenständige Schuldverhältnisse zugrunde, die sich unbeschadet ihrer etwaigen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnisses von der Beteiligung als solcher unterscheiden. Jedenfalls eine substanzbezogene Wertminderung einer solchen Rückgriffsforderung unterliegt - unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit der Bürgschaftsbedingungen - mangels eines wirtschaftlichen Zusammenhangs mit nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen nicht dem Abzugsverbot. Gleiches gilt für den Aufwand aus der Rückstellungsbildung, da dieser nicht anders behandelt werden kann als die Teilwertabschreibung auf eine zu aktivierende Rückgriffsforderung. 

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Sachverhalt FG

Kläger ist alleiniger Gesellschafter einer GmbH. Zwischen der GmbH als Betriebsgesellschaft und dem Einzelunternehmen des Klägers als Besitzunternehmen besteht eine Betriebsaufspaltung. Der Kläger vermietete an die GmbH das Betriebsgrundstück entgeltlich, wobei eine kumulierte Mietforderung aktiviert war, und gewährte Darlehen, die seit einiger Zeit zinsfrei gestellt waren. Außerdem bürgte der Kläger für an die Gesellschaft gewährte Fremddarlehen.

Aufgrund der sich verschlechternden Geschäftslage in der Betriebsgesellschaft nahm der Kläger im Jahresabschluss seines Einzelunternehmens eine Teilwertabschreibung auf die Anteile an der GmbH auf den Erinnerungswert vor. Weiterhin schrieb er seine Darlehensforderungen gegenüber der Gesellschaft auf Null ab und bildete eine Rückstellung für drohende Inanspruchnahme aus den Bürgschaftsgewährungen. Zudem vereinbarte der Kläger Rangrücktritte für seine Darlehensforderungen und für potentielle Regressforderungen gegenüber der GmbH aus einem Eintritt des Bürgschaftsfalles. Zu diesem Zeitpunkt war die Ertragslage der GmbH nachhaltig gesunken und die Liquidation hatte begonnen.

Streitig ist, ob die Teilwertabschreibung auf die Darlehensforderung sowie der Aufwand für die Rückstellung in voller Höhe gewinnmindernd berücksichtigt werden kann oder ob diesbezüglich nur der hälftige Abzug nach § 3c Abs. 2 EStG möglich ist.

Entscheidung FG

Das FG Berlin-Brandenburg hat hierzu entschieden, dass die vom Kläger vorgenommenen Teilwertabschreibungen auf seine Darlehensforderungen gegenüber der GmbH und die Rückstellungen für eine Inanspruchnahme aus den begebenen Bürgschaften in voller Höhe den steuerlichen Gewinn mindernd zu berücksichtigen sind. Das hälftige Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG greift für diese im Betriebsvermögen entstandenen Aufwandspositionen nicht ein.

Das Halbabzugsverbot gemäß § 3c Abs. 2 EStG ist nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck nur bei Betriebsvermögensminderungen oder Betriebsausgaben vorgesehen, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den konkreten Einnahmen gemäß § 3 Nr. 40, Buchstabe a bis j EStG stehen. Abweichend von § 3c Abs. 1 EStG reicht nach dem Gesetzeswortlaut ein mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang für die Kürzung der steuermindernden Aufwendungen aus. § 3c Abs. 2 EStG soll dazu dienen, den Korrespondenzgedanken im Halbeinkünfteverfahren zu verwirklichen und quasi als "Kehrseite der Medaille" Aufwendungen vom Abzug nur hälftig zulassen, wenn mit diesen zusammenhängende Einnahmen hälftig steuerfrei sind.

Die Beziehung der Forderungsabschreibungen und Rückstellungen zu den in § 3 Nr. 40 EStG aufgeführten Betriebsvermögensmehrungen und Einnahmen sind jedoch nicht hinreichend, um das Halbabzugsverbot nach § 3 c Abs. 2 EStG zu begründen. Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen und Bürgschaften stehen als selbständiges Schuldverhältnis neben der Beteiligung und neben dem diesem zugrunde liegenden Gesellschaftsverhältnis. Zwar liegt dem Gesellschafterdarlehen ebenso wie der Bürgschaft ungeachtet der Fremdüblichkeit der vereinbarten Konditionen immer auch eine gesellschaftliche Veranlassung zugrunde. Im vorliegenden Fall ist diese gesellschaftliche Veranlassung zudem eine betriebliche. Gesellschafterdarlehen, auch soweit unverzinst und damit nicht fremdüblich gewährt, führen nicht zur Schaffung von Ausschüttungspotential bei der Gesellschaft, ebenso wie sie einen potentiellen Veräußerungsgewinn nicht erhöhen. Deshalb gehören die Darlehen zum notwendigen Betriebsvermögen des Einzelunternehmens. Die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG. Die Unverzinslichkeit führt lediglich zu einer für § 3c Abs. 2 EStG unerheblichen Aufwandsersparnis auf Ebene der Betriebsgesellschaft.

Hierin liegt kein Widerspruch zu dem von der Finanzbehörde im Einspruchsverfahren zitierten Urteil des BFH vom 06.11.2003, wonach eine Teilwertabschreibung auf ein eigenkapitalersetzendes Darlehen zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen nur nach den für die Abschreibung der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft selbst geltenden Grundsätzen in Betracht kommt und hiernach unter Berücksichtigung der funktionalen Bedeutung der Beteiligung an der Betriebsgesellschaft eine Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen anzustellen ist. Denn die Entscheidung hat nicht zum Gegenstand, inwiefern Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen im Zusammenhang mit Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG stehen.

Betroffene Norm
§ 3c EStG
Streitjahr 2002

Vorinstanz
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.01.2010, 2 K 1424/06, EFG 2010, S. 1112

Fundstellen
BMF, Schreiben vom 23.10.2013, IV C 6 - S 2128/07/10001  
BFH, Urteil vom 18.04.2012, X R 5/10

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