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21.07.2016
Unternehmensteuer

FG Hessen: Einbringung als wichtiger Grund für Beendigung Organschaft

Die vorzeitige Beendigung eines Gewinnabführungsvertrags ist bei einer Einbringung nicht allein deshalb unschädlich, weil die Einbringung als wichtiger Grund in den KStR genannt wird. Vielmehr ist im Einzelfall zu beurteilen, ob objektiv nach steuerrechtlichen Maßstäben ein wichtiger Grund für die Verkürzung der Mindestlaufzeit gegeben ist. So kann im Falle einer wirtschaftlich nachvollziehbaren Umstrukturierung und Errichtung einer Zwischenholding das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu bejahen sein.

Sachverhalt

Die A-GmbH (als beherrschende Gesellschaft) und die Klägerin, eine GmbH (als beherrschte Gesellschaft), schlossen einen Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrag (GAV) mit Wirkung zum 01.01.2004. Aufgrund einer Umstrukturierung im Konzern aus Wettbewerbsgründen (Einführung einer Spartenorganisation) übertrug die A-GmbH mit Einbringungsvertrag vom 18.08.2006 ihre Anteile an der Klägerin an die Y-GmbH. Zudem kündigte die A-GmbH den GAV mit der Klägerin zum 31.12.2006. Die Klägerin schloss am 02.10.2007 mit Wirkung zum 01.01.2007 einen GAV mit der Y-GmbH. Außerdem bestand ab 2006 ein GAV zwischen der Y-GmbH und der A-GmbH. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass für die Kündigung des GAV zum 31.12.2006 kein wichtiger Grund i.S. des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KStG vorgelegen habe und erkannte daher die Organschaft für die Streitjahre 2005 und 2006 nicht an.

Entscheidung

Entgegen der Ansicht des Finanzamtes beruhigte die Beendigung der Organschaft auf einem wichtigen Grund, so dass die Organschaft in den Streitjahren wirksam war.

Eine vorzeitige Beendigung eines GAV durch Kündigung ist nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 KStG nur dann unschädlich, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt. Für die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliege, komme es nicht darauf an, ob gesellschaftsrechtlich oder nach den vertraglichen Vereinbarungen ein wichtiger Grund vorliege (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.2013).

Vielmehr müsse nach eigenen steuerrechtlichen Maßstäben objektiv ein Anlass für die Abkürzung der Mindestlaufzeit gegeben sein. Gehe es einer Partei oder den Parteien darum, die Rechtsfolgen der Organschaft mittels Vertragsaufhebung zeitlich zu begrenzen, um die fünfjährige Mindestlaufzeit zu unterlaufen, so liege kein wichtiger Grund im Steuerrechtssinne vor.

Ein wichtiger Grund folge nicht bereits daraus, dass die Einbringung in den Körperschaftsteuer-Richtlinien R 60 Abs. 6 S. 2 KStR (aktuell R 14.5 Abs. 6 S. 2 KStR 2015) als wichtiger Grund für die Kündigung von GAV genannt sei, da das Gericht nicht daran gebunden sei. Damit könne dahinstehen, ob die Verwaltungsvorschrift die (verwaltungsinterne) Anweisung enthält, jede Einbringung als wichtigen Grund anzusehen. Jedenfalls sei nach Ansicht des FG nicht jede Einbringung bzw. nicht jeder Verlust der unmittelbaren Mehrheit der Stimmrechte als wichtiger Grund anzusehen. Denn die Einbringung könne gerade darauf beruhen, dass der Anschein eines für die Abkürzung der Laufzeit wichtigen Grundes geschaffen werden solle.

Vorliegend sei die Beendigung des GAV zum 31.12.2006 allerdings aus wichtigem Grund erfolgt. Die Einrichtung der Y-GmbH als Zwischenholding zur Führung eines Bereichs im Rahmen einer Spartenorganisation und die dafür erforderliche Einbringung sei ein wichtiger Grund dafür gewesen, die Organschaft zum 31.12.2006 zu beenden und die Organschaft der Klägerin zur A-GmbH mit Wirkung ab 2007 durch eine zweistufige Organschaft zu ersetzen. Es handele sich hierbei um nachvollziehbare wirtschaftliche und nicht steuerliche Gründe.

Allerdings sei der Umstand, dass die Beendigung des GAV bereits im Jahr 2006 erfolgte und die neue Organschaftskette erst im Herbst 2007 bindend umgesetzt wurde, durchaus geeignet, Zweifel an den außersteuerlichen Motiven der Beendigung aufkommen zu lassen. Diese Zweifel habe die Klägerin jedoch glaubhaft ausgeräumt, in dem sie vortrug, dass von vornherein beabsichtigt gewesen sei, dass das Einkommen der Klägerin auch ab 2007 mittels der zweistufigen Organschaft dem Einkommen der A-GmbH zugerechnet werden sollte. Insbesondere habe keine Absicht bestanden, die Wirkung der Organschaft aus schädlichen Motiven gerade auf die Zeit von 01.01.2004 bis 31.12.2006 zu beschränken.

Anmerkung

Bemerkenswert ist, dass das FG das Auseinanderfallen des Zeitpunkts der Beendigung des Gewinnabführungsvertrags (zum 31.12.2006) und des Zeitpunkts der Übertragung der Organbeteiligung (August/September 2006) als unschädlich für die Annahme eines wichtigen Grundes angesehen hat. Jedenfalls ergibt sich aus dem Urteil, dass bei konzerninternen Übertragungen der Organbeteiligung das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die vorzeitige Beendigung eines GAV letztlich einzelfallabhängig zu prüfen ist. Es erscheint ratsam, bereits im Zeitpunkt der Beendigung eines GAV zu dokumentieren, dass die Begründung einer Anschlussorganschaft geplant ist, die die Einkommenszurechnung zu dem bisherigen Organträger wahrt.

Betroffene Norm
§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 KStG
Streitjahre 2005 und 2006

Fundstelle
FG Hessen, Urteil vom 28.05.2015, 4 K 677/14, rechtskräftig

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 13.11.2013, I R 45/12, BStBl. II 2014, S. 486, siehe Deloitte Tax News

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