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11.05.2022
Unternehmensteuer

FG Münster: Gewerbliche Tätigkeit bei Verwertung von Markenrechten und Internetdomains

Die Verwertung von Markenrechten und Internetdomains stellt eine gewerbliche Tätigkeit dar mit der Folge, dass in diesem Bereich erzielte Verluste einkommensteuerlich zu berücksichtigen sind. Für die notwendige Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr genügt es, wenn diese allein in der Bereitschaft besteht, die Rechte und Domains an jeden Interessenten, der bereit ist, als Gegenleistung ein marktübliches Entgelt zu zahlen, zu übertragen. Eine Gewerblichkeit der Tätigkeit ist insbesondere dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige die Markenrechte nicht nur an- und verkauft, sondern diese durch Registereintragung selbst schafft.

Sachverhalt

Der Kläger ließ sich seit 1998 Markenrechte auf Vorrat gegen Zahlung einer entsprechenden Gebühr eintragen, die er an Interessenten verkaufen wollte. Er entwickelte außerdem Markennamen, ließ diese schützen und erwarb in einigen Fällen dazu auch die passende Internetdomain. Nach den Vorstellungen des Klägers sollten ihm Interessenten die entsprechenden Markenrechte und Internetdomains abkaufen, um diese selbst zu nutzen. Der Kläger aktivierte die Aufwendungen für die Sicherung der Markenrechte als immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Für die Jahre 1999 bis 2007 berücksichtigte das Finanzamt Einkünfte aus der Verwertung von Markenrechten nebst Domains.

Vor dem Hintergrund, dass Markenrechte im Allgemeinen nach zehn Jahren erlöschen, sofern sie nicht entgeltlich verlängert werden, entschloss sich der Kläger im Jahr 2009 dazu, die auslaufenden Markenrechte nicht zu verlängern. Für die Jahre 2009 und 2010 ermittelte der Kläger ausgehend von den jeweiligen Buchwerten der Markenrechte und Domains Anlagenabgänge und gab in seinen Einkommensteuererklärungen Verluste aus seiner Tätigkeit an. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der erklärten Verluste ab.

Entscheidung

Abweichend von der Auffassung des Finanzamtes kommt das FG zu dem Ergebnis, dass die Verluste aus der Tätigkeit der Verwertung von Markenrechten nebst Domains zu berücksichtigen sind, da es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine gewerbliche Tätigkeit i.S.v. § 15 Abs. 2 S. 1 EStG handelt.

Ausübung einer selbständigen und nachhaltigen Tätigkeit

Nach Auffassung des FG übte der Kläger die Tätigkeit der Verwertung von Markenrechten nebst Domains selbständig und nachhaltig aus. Er habe für die Tätigkeit das alleinige unternehmerische Risiko getragen und sei weder hinsichtlich des Ortes oder der Zeit noch hinsichtlich des Inhaltes seiner Tätigkeit weisungsgebunden gewesen (vgl. zur selbständigen Tätigkeit BFH-Urteil vom 22.02.2012, X R 14/10). Ferner war seine Tätigkeit aus Sicht des FG auf eine bestimmte Dauer und auf regelmäßige Wiederholung angelegt (vgl. zur Nachhaltigkeit BFH-Urteil vom 31.07.1990, I R 173/83).

Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr

Der Kläger hat sich nach Ansicht des FG darüber hinaus bei der Ausübung seiner Tätigkeit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Dem stehe nicht entgegen, dass er die Übertragung der zu seinen Gunsten eingetragenen Markenrechte nicht am Markt beworben habe, denn nach dem in den Streitjahren bestehenden Markenrecht wäre dies für eine Verwertung der vom Kläger erlangten formalen Registereintragung hinderlich gewesen. 

Für die notwendige Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr genüge schon allein die Bereitschaft, die Rechte und Domains an jeden Interessenten, der bereit ist, als Gegenleistung ein marktübliches Entgelt zu zahlen, zu übertragen.

Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht

Der Kläger hat aus Sicht des FG auch mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Gewinnerzielungsabsicht als Tatbestandsmerkmal gewerblicher Tätigkeit ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns (vgl. BFH-Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82). An dieser Absicht fehle es, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt. Handele es sich bei der ausgeübten Tätigkeit dabei nicht um eine solche, die typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, könne die Gewinnerzielungsabsicht nicht allein wegen der langjährigen Erwirtschaftung von Verlusten verneint werden (vgl. BFH-Urteil vom 12.09.2002, IV R 60/01). Vielmehr sei in solchen Fällen anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob der Steuerpflichtige Verluste aus persönlichen Gründen oder Motiven hinnimmt, wofür das Unterlassen geeigneter Umstrukturierungsmaßnahmen ein gewichtiges Beweisanzeichen ist.

Im zugrundeliegenden Streitfall sei unstreitig, dass ein sich aus der Tätigkeit des Klägers ergebender Totalverlust bis einschließlich des Jahres 2003 noch nicht absehbar war. Erst in den Jahren 2004 bis 2008 habe sich der Eintritt eines Totalverlustes im Zuge der Verwertung der Markenrechte abgezeichnet, da eine Verwertung nicht in dem Umfang möglich war, wie sie der Kläger angenommen hatte. Jedoch begegnete der Kläger der Verlustursache aus Sicht des FG mit angemessenen Korrekturmaßnahmen, indem er entschied, die Tätigkeit nicht fortzuführen und unter Minimierung weiterer Kosten allein die noch nicht ausgelaufenen Rechte zu verwerten und keine weiteren Kosten für die Verlängerung auslaufender Markenrechte zu tragen. Es fehle folglich nicht an einer Gewinnerzielungsabsicht.

Abgrenzung von der privaten Vermögensverwaltung

Schließlich unterfällt die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit nach Auffassung des FG auch nicht der privaten Vermögensverwaltung. Bei der Beurteilung der Tätigkeit des Klägers seien die allgemeinen Grundsätze zu Grunde zu legen, die sich am „Bild des Handels“ und des „produzierenden Unternehmers“ orientierten. Danach spreche entscheidend für eine Gewerblichkeit der Tätigkeit des Klägers, dass er die Markenrechte nicht bloß an- und verkauft, sondern diese durch Registereintragung selbst geschaffen habe. Dadurch sei er „produzentenähnlich“ tätig gewesen. Die Tätigkeit des Klägers sei auch nicht auf eine langfristige Fruchtziehung angelegt gewesen, sondern auf eine Generierung von Erträgen durch möglichst kurzfristige Übertragung der zu seinen Gunsten eingetragenen Markenrechte auf Dritte.

Betroffene Normen

​§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG

Streitjahr ​2009 und 2010 

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 15.09.2021, 13 K 3818/18 E

Pressemittelung Nr. 17 vom 01.12.2021

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 22.02.2012, X R 14/10, BStBl II 2021, S. 511, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 12.09.2002, IV R 60/01, BStBl II 2003, S. 85

BFH, Urteil vom 31.07.1990, I R 173/83, BStBl II 1991, S. 66

BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl II 1984, S. 751

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