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30.03.2012
Unternehmensteuer

BFH: Veräußerung einer wesentlichen Betriebsgrundlage vor Einbringung des Betriebs in eine Mitunternehmerschaft

Nach Ansicht des BFH hat das FG Münster die steuerfreie Einbringung des Einzelunternehmens zutreffend bejaht und damit den Ansatz eines Zwischenwertes nach § 24 Abs. 2 UmwStG für zulässig erachtet. Der BFH hält den Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung bzw. des Abschlusses des dinglichen Einbringungsvertrags für entscheidend für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut als wesentliche oder unwesentliche Betriebsgrundlage anzusehen ist. Der Kläger hatte das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 29.09.2000 veräußert, so dass er am 31.10.2000 weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks war. Es gehörte nicht mehr zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des Einzelunternehmens und konnte deshalb nicht zurückbehalten werden. Es kann offenbleiben, ob die Rechtsfigur des Gesamtplans bei Zurückbehaltung von vormals wesentlichen Betriebsgrundlagen in Fällen der Einbringung eines Betriebs nach § 20 bzw. § 24 UmwStG überhaupt Anwendung finden kann. 
BFH, Urteil vom 09.11.2011, X R 60/09, BStBl II 2012, S. 638 
                                                                                                                                   

FG Münster (Vorinstanz)
Ein Betrieb kann auch dann steuerfrei auf eine Mitunternehmerschaft übertragen werden, wenn der Einbringende kurz vor der Übertragung eine wesentliche Betriebsgrundlage zum Verkehrswert veräußert. Ob ein Wirtschaftsgut eine wesentliche Betriebsgrundlage des einzubringenden Betriebs darstellt, ist in Fällen der Einbringung durch Einzelrechtsnachfolge im Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung zu beurteilen.

Sachverhalt FG

Der Kläger war Inhaber eines Einzelunternehmens, zu dessen wesentlichen Betriebsgrundlagen ein Grundstück gehörte. Im Zuge der Beteiligung eines Investors an dem Unternehmen gründete der Kläger zunächst eine GmbH & Co KG. Im Gesellschaftsvertrag vom 29.09.2000 verpflichtete sich der Kläger zur Einbringung sämtlicher Aktiva und Passiva des Einzelunternehmens mit Ausnahme des Grundbesitzes. Dies sollte aufgrund und nach dem Stand einer zum 31.10.2000 erstellten Bilanz erfolgen. Die Übertragung der Einzelwirtschaftsgüter auf die GmbH & Co KG erfolgte zum 31.10.2000. In einem zweiten Schritt wurde der Betrieb dann in eine von der GmbH & Co KG gegründete GmbH im Wege einer Sacheinlage eingebracht, an welcher sich der sich der Investor mittels einer Bareinlage beteiligte.

Mit Vertrag vom 29.09.2000 veräußerte der Kläger das Grundstück zum Verkehrswert an seine Ehefrau, welche die Immobilie anschließend an die GmbH vermietete. Die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch erfolgte am 27.10.2000.

Das Finanzamt sah durch die Veräußerung des Grundstücks die Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Einbringung in eine Mitunternehmerschaft nach § 24 UmwStG als nicht mehr erfüllt an, da die Veräußerung des Grundstücks dazu geführt habe, dass nicht sämtliche wesentliche Betriebsgrundlagen des Betriebs auf die GmbH & Co KG übertragen wurden. Es behandelte deshalb die Einbringung als Übertragung zum Verkehrswert. Gegen den Einkommensteuerbescheid erhob der Einbringende nach erfolglosem Einspruch Klage.

Entscheidung FG

Das FG Münster gab mit Urteil vom 30.10.2009 der Klage statt. Der Vorgang sei nach § 24 UmwStG begünstigt. Für die Frage, welche Wirtschaftsgüter als wesentliche Wirtschaftsgüter des Betriebs anzusehen sind, komme es auf den Bestand zum Zeitpunkt der dinglichen Einbringung im Sinne einer Überführung bzw. Übertragung des Eigentums an den Wirtschaftsgüter des Betriebs an und nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Einbringungsvertrags. Maßgeblicher Zeitpunkt sei deshalb im Urteilssachverhalt der 31.10.2000. Zu diesem Zeitpunkt erst sei der dingliche Übertragungsvertrag geschlossen worden. Der Gesellschaftsvertrag vom 29.09.2000 beinhalte eine lediglich schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung der Wirtschaftsgüter des Betriebs. Dies folge aus dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, denn der Gesellschaftsvertrag selbst enthalte keine detaillierte Aufstellung der zu übertragenden Wirtschaftsgüter. Die Bestimmung der übertragenen Wirtschaftsgüter erfolgte erst durch die zum 31.10.2000 aufzustellende Bilanz. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger jedoch zivilrechtlich und auch wirtschaftlich nicht mehr Eigentümer des Grundstücks gewesen, weshalb dieses auch nicht mehr als wesentliche Betriebsgrundlage des übertragenen Betriebs angesehen werden könne.

Das Gericht sah in der Vorgehensweise des Klägers auch keinen nach der Gesamtplanrechtsprechung zu beurteilenden Vorgang. Aus der Rechtsprechung des BFH zur Tarifermäßigung in Betriebsaufgabefällen leitet das FG Münster für den Entscheidungssachverhalt ab, dass zumindest dann, wenn die vorangehende Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlage zum Verkehrswert erfolgte, die Rechtsgeschäfte der Veräußerung und der Einbringung nicht zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang zusammenzufassen sind. Somit sei der Tatbestand des § 24 UmwStG erfüllt.

Betroffene Norm

§ 24 Abs. 1 UmwStG

Fundstellen

BFH, Urteil vom 09.11.2011, X R 60/09, BStBl II 2012, S. 638
Finanzgericht Münster, Urteil vom 30.10.2009, 14 K 2937/06 E, DStRE 2011, S. 20

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