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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/unternehmensteuer/ofd-nrw-steuerliche-gestaltungsmodelle-im-zusammenhang-mit-finanzmarktprodukten.html
10.01.2019
Unternehmensteuer

OFD NRW: Steuerliche Gestaltungsmodelle im Zusammenhang mit Finanzmarktprodukten

Mit ihrer Verfügung vom 18.03.2021 hat die OFD Nordrhein-Westfalen ihre Feststellungen zu steuerlichen Gestaltungsmodellen im Zusammenhang mit Finanzmarktprodukten unter Ausnutzung einer Steuerbefreiung nach § 8b KStG aktualisiert. Die aktuelle Verfügung ersetzt das Vorgängerschreiben vom 22.10.2018. 

OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 18.03.2021, S 2750 A-1014-St 131

Hintergrund

In der Vergangenheit sind verschiedene Gestaltungsmodelle gewählt geworden, in denen durch eine Kombination von nach § 8b KStG steuerfreien Veräußerungsgewinnen mit steuerwirksamen Finanzanlagen steuerliche Verluste vermittelt werden sollten. Wirtschaftlich soll mit diesen kombinierten Produkten i.d.R. eine Kapitalmarktrendite erzielt werden. Steuerlich wird demgegenüber ein hoher steuerfreier Gewinn nach § 8b KStG und ein gegenläufiger steuerpflichtiger Verlust in nahezu gleicher Höhe erklärt. Mit solchen Modellen haben sich bisher mehrere Finanzgerichte und auch der BFH beschäftigt.

Verwaltungsanweisung

Die OFD Nordrhein-Westfalen fasst die Entscheidungen der Gerichte in ihrer Verfügung vom 18.03.2021 zusammen und schließt sich der von den Gerichten vertretenen Auffassung an. Im Folgenden werden die grundlegenden Aussagen der Verwaltungsanweisung zusammengefasst und die Änderung gegenüber dem Vorgängerschreiben vom 22.10.2018 kursiv dargestellt. Die einzige Neuerung betrifft dabei eine Ausführung zu einem zwischenzeitlich veröffentlichten BMF-Schreiben.

Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 11.03.2011, 1 K 69/2009 (rechtskräftig)

Eine Kapitalgesellschaft kaufte im Streitfall Aktien und schloss gleichzeitig mit einer Bank zwei Optionsgeschäfte auf diese Aktien ab. Sie erwarb eine Verkaufsoption (Put-Option) und zahlte dafür eine Optionsprämie. Außerdem verkaufte sie an die Bank eine Kaufoption (Call-Option) auf diese Aktien und erhielt für die Einräumung des Optionsrechts eine Stillhalter-Optionsprämie von der Bank. Für beide Optionen galt die besondere Vereinbarung, dass sobald eine der beiden Parteien ihre Option ausübte, die jeweils andere Option automatisch wertlos verfiel (sog. Knock-Out-Vereinbarung). Nachdem die Bank ihre Call-Option ausübte, veräußerte die Kapitalgesellschaft die Aktien an die Bank und erklärte hieraufhin einen nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn. Zugleich verfiel die Put-Option wertlos, wobei der erlittene Verlust in Höhe der Optionsprämie als abzugsfähige Betriebsausgabe erklärt wurde.

Das FG Nürnberg kommt zu dem Schluss, dass in Fällen, in denen eine Kapitalgesellschaft mit einer Bank zwei Optionsgeschäfte auf die gleichen Aktien abschließt (Put-Option und Call-Option), nicht nur die vereinnahmte Prämie für die Call-Option, sondern auch die gezahlten Optionsprämien für die
verfallene Put-Option als Veräußerungskosten in die Veräußerungsgewinnermittlung für Zwecke des § 8b KStG einzubeziehen sind. Ein verbleibender Veräußerungsverlust ist nach § 8b Abs. 3 S. 3 KStG nicht abzugsfähig

BFH, Urteil vom 09.04.2014, I R 52/12 (vorgehend Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2012, 6 K 2435/09 K)

Im Streitfall war es einer Kapitalgesellschaft gestattet zur Erfüllung eines Termingeschäfts mit einer Bank statt Aktien ein Aktienzertifikat, dessen Börsenpreis mit dem Preis der Aktien zu jedem Zeitpunkt identisch war, zu liefern. Auf Grundlage dieser Vereinbarung veräußerte die Kapitalgesellschaft nach einer Kurssteigerung die Aktien und erwarb gleichzeitig Aktienzertifikate zu demselben Preis. Mit den Aktienzertifikaten wurde das Termingeschäft mit der Bank erfüllt. Der Veräußerungsgewinn der Aktien sollte als steuerfreier Ertrag nach § 8b KStG berücksichtigt werden, während der Verlust aus dem Aktienzertifikat dem steuerpflichtigen Bereich zugeordnet wurde.

Sowohl das FG Düsseldorf als auch der BFH sehen die Verluste aus dem Zertifikatsgeschäft als durch das Aktienveräußerungsgeschäft veranlasst an und ordnen diese den Veräußerungskosten nach § 8b Abs. 2 S. 2 KStG zu.

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 06.07.2017, 6 K 150/16 sowie BFH-Beschluss vom 29.03.2018, I B 79/17 (vorgehend BFH, Urteil vom 22.12.2015, I R 43/13; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 01.11.2012, 6 K 382/10)

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Streitfall kaufte eine Kapitalgesellschaft mit freier Liquidität Anteile an einem Fonds. Der Fonds zielte darauf ab, den Anlegern durch wirtschaftlich gegenläufige Geschäfte steuerfreie Veräußerungsgewinne zu vermitteln. Neben den Ankäufen und Verkäufen von Aktien erwarb der Fonds auch Optionsscheine und Forwards, welche sich jeweils auf die Referenzaktie bezogen. Diese Geschäfte standen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Aktiengeschäften. Die Gewinne und Verluste aus diesen Options- und Termingeschäften wurden daher bei der (Neu-)Berechnung des Fonds-Aktiengewinns berücksichtigt. Noch im selben Jahr veräußerte die Kapitalgesellschaft alle Fondsanteile, woraus sich ein positiver Aktiengewinn ergab. Die Kapitalgesellschaft machte einen steuerfreien Veräußerungsgewinn nach § 8b KStG i.V.m. § 8 InvStG geltend.

Das FG Niedersachsen lehnte die Berücksichtigung des steuerfreien Veräußerungsgewinns nach § 8b KStG mit Urteil vom 01.11.2012 ab. Das Urteil des FG Niedersachsen wurde durch das BFH-Urteil vom 22.12.2015 aufgehoben und die Sache aus verfahrensrechtlichen Gründen an das FG zurückverwiesen. Zwischenzeitlich hat das FG Niedersachsen im zweiten Rechtsgang entschieden, dass Verluste und Gewinne des Fonds aus Options- und Termingeschäften, die der Fonds im Zusammenhang mit den jeweiligen Aktiengeschäften abgeschlossen hat, bei der Ermittlung des positiven Aktiengewinns i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 InvStG mit einzubeziehen sind, wenn die Options- und Termingeschäfte nach der Anlageplanung und nach der tatsächlichen Abwicklung der jeweiligen Geschäfte nur der Gegenfinanzierung der Veräußerungsgewinne aus den Aktiengeschäften gedient haben.

Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH mit Beschluss vom 29.03.2018 als unzulässig verworfen.

Mit Schreiben vom 17.11.2020 hat sich das BMF dieser Rechtsprechung angeschlossen und konkretisiert, dass Gewinne eines (Spezial-)Investmentfonds aus Options- und Termingeschäften, die der (Spezial-)Investmentfonds im Zusammenhang mit den jeweiligen Aktiengeschäften abgeschlossen hat, jedenfalls dann in die Aktiengewinnberechnung nach § 8 InvStG in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (InvStG 2004) mit einzubeziehen sind, wenn die Options- und Termingeschäfte auf der einen Seite und die Aktiengeschäfte auf der anderen Seite in ihren Teilschritten sowohl nach den tatsächlichen Abläufen als auch nach der Anlageplanung des (Spezial-)Investmentfonds konzeptionell aufeinander abgestimmt sind und sich wechselseitig bedingen. Dies soll auch gelten, wenn die Options- und Termingeschäfte nicht in Bezug auf einzelne Aktien, sondern für unterschiedliche Aktiengattungen oder auch hinsichtlich einer oder mehrerer Gesamtheiten von Aktiengattungen (Aktienkörben oder Indizes) abgeschlossen werden.

Wurde der Aktiengewinn bisher in diesen Fällen abweichend von den o. g. Rechtsprechungsgrundsätzen ermittelt und einer Steuererklärung zugrunde gelegt, ist der Anleger nach Maßgabe des § 153 AO verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen. Dies gilt nach dem BMF-Schreiben auch, wenn die fehlerhaft ermittelten Aktien-Veräußerungsgewinne ausgeschüttet wurden.

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24.10.2013, 6 K 404/11 (Revisionsverfahren durch Rücknahme eingestellt; BFH, Beschluss vom 17.11.2014, I R 80/13)

Dem Verfahren lag eine Gestaltung in Form einer Direktanlage zugrunde, bei der die gewinnbringenden Aktiengeschäfte durch Zertifikate auf diese Aktien gesichert waren.

Das FG Niedersachsen hat sich in seinem Urteil vom 24.10.2013 ausdrücklich der Auffassung des FG Düsseldorf aus dessen Urteil vom 12.06.2012 (6 K 2435/09 K) angeschlossen, dass bei der Veräußerung von Aktien Verluste aus der Veräußerung von Zertifikaten auf die entsprechenden Aktien den nach § 8b Abs. 2 S. 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn mindern. Bei den Verlusten muss es sich dabei um Veräußerungskosten gemäß § 8b Abs. 2 S. 2 KStG handeln, d. h. die Verluste müssen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung der Aktien anfallen.

Darüber hinaus hat das FG Niedersachsen die gewählte Gestaltung als missbräuchlich i. S. des § 42 AO beurteilt. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO liege vor, wenn bei Erwerb von Zertifikaten auf Aktien aufgrund der vertraglichen Gestaltung bereits feststehe, dass diese mit erheblichem Verlust veräußert werden müssen und sich allein aus der Kombination eines steuerfreien Veräußerungsgewinns und der steuermindernden Berücksichtigung des Verlustes, also aus der Steuerersparnis, ein wirtschaftlicher Vorteil ergibt.

Das zunächst beim BFH anhängige Revisionsverfahren hat sich durch die Rücknahme der Revision erledigt (vgl. BFH-Beschluss vom 17.11.2014).

Betroffene Norm

§ 8b KStG

Fundstelle

OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 18.03.2021, S 2750 A-1014-St 131

Weitere Fundstellen

BMF, Schreiben vom 17.11.2020, IV C 1 - S 1980-1/19/10082 :006, BStBl. I 2020, S. 1225 

BFH, Beschluss vom 29.03.2018, I B 79/17

BFH, Beschluss vom 17.11.2014, I R 80/13

BFH, Urteil vom 22.12.2015, I R 43/13, BStBl II 2016, S. 212

BFH, Urteil vom 09.04.2014, I R 52/12, BStBl II 2014, S. 861, siehe Deloitte Tax-News

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 06.07.2017, 6 K 150/16

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24.10.2013, 6 K 404/11, DStRE 2015, S. 979

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 01.11.2012, 6 K 382/10, EFG 2013, S. 328, siehe Deloitte Tax-News 

Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 11.03.2011, 1 K 69/2009, EFG 2013, S. 966

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