Die OFD Nordrhein-Westfalen nimmt in ihrer Verfügung vom 20.12.2018 zur Anwendung der rückwirkend wieder in Kraft gesetzten Sanierungsklausel nach § 8c Abs. 1a KStG Stellung. Die aktuelle Verfügung ersetzt die beiden inhaltsgleichen Verfügungen der OFD Rheinland und der OFD Münster vom 30.03.2010.
Die Europäische Kommission hatte mit Beschluss vom 26.01.2011festgestellt, dass die sog. Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG eine mit dem Binnenmarkt nicht zu vereinbarende rechtswidrige Beihilfe darstellt. Gegen den Beschluss der Europäischen Kommission wurde Klage beim EuGH erhoben. Im Anschluss war eine Anwendung der Sanierungsklausel bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage nach § 34 Abs. 6 KStG a. F. nicht mehr möglich. Mit Urteil vom 28.06.2018 (C-203/16 P) hat der EuGH den Beschluss der Europäischen Kommission nunmehr für nichtig erklärt. Aus diesem Grund wurde durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (UStAVermG) vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, S. 2338, siehe Deloitte Tax-News) § 34 Abs. 6 KStG geändert. Danach findet die Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a KStG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2008 wieder Anwendung.
Die OFD Nordrhein-Westfalen nimmt in ihrer Verfügung vom 20.12.2018 zur Anwendung der Sanierungsklausel nach § 8c Abs. 1a KStG Stellung. Die aktuelle Verfügung ersetzt die beiden inhaltsgleichen Verfügungen der OFD Rheinland und der OFD Münster vom 30.03.2010. Auch wenn die neue Vfg. der OFD NRW inhaltlich mit den Vorgänger-Vfg. übereinstimmt und somit keine Neuerungen bringt, sollen die nun wieder geltenden und zu beachtenden Grundsätze zur Anwendung der Sanierungsklausel nachfolgend kurz zusammengefasst werden:
Allgemeines
Erfolgt ein Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft gem. § 8c Abs. 1a S. 1 KStG, bleibt er bei der Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG unberücksichtigt. Der Beteiligungserwerb löst dann weder einen vollständigen Verlustuntergang aus, noch ist er mit anderen innerhalb der Fünfjahresfrist des § 8c Abs. 1 KStG erfolgten Anteilserwerben zusammenzurechnen (kein Zählerwerb). Die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG ist auf jeden Beteiligungserwerb i.S. des § 8c Abs. 1 KStG anwendbar, d.h. sie kommt dem Grunde nach auch bei einem Anteilserwerb gleichgestellten Sachverhalten (vgl. Tz. 7 des BMF-Schreibens vom 28.11.2017) und bei Kapitalerhöhungen i.S. des § 8c Abs. 1 S. 3 KStG zur Anwendung.
Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung
Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der Sanierungsklausel ist, dass der Anteilserwerb zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Körperschaft zumindest droht oder bereits eingetreten ist. Zur Bestimmung des Krisenbeginns wird auf das BMF-Schreiben vom 08.06.1999 verwiesen. Die Sanierung muss dabei nicht alleiniger Zweck des Beteiligungserwerbs sein. Auch der endgültige Eintritt des Sanierungserfolges ist keine Voraussetzung für die Anwendung der Sanierungsklausel.
Für das Vorliegen der Sanierungsvoraussetzungen muss die Körperschaft Unterlagen vorlegen, mit denen sowohl die Ursache für die eingetretene Krise in objektiv nachvollziehbarer Weise als auch die konkreten zur Bewältigung dieser Krise ergriffenen Maßnahmen belegt werden. Die Sanierungsmaßnahmen müssen dabei in sachlichem Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb erfolgen (§ 8c Abs. 1a S. 2 KStG). Ein Erwerb zum Zweck der Sanierung (Kausalität) liegt grundsätzlich nicht mehr vor, wenn die Sanierungsmaßnahme erst ergriffen wird, wenn nach Anteilserwerb mehr als ein Jahr vergangen ist.
Hält die Körperschaft Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften und verfügen auch diese Kapitalgesellschaften über nicht genutzte Verluste, ist auf deren Ebene eine eigenständige Anwendung der Sanierungsklausel nach § 8c Abs. 1a KStG zu prüfen. Ist die Obergesellschaft Organträger der nachfolgenden Gesellschaften, ist der gesamte Organkreis als der zu sanierende Geschäftsbetrieb i.S. des § 8c Abs. 1a KStG anzusehen (Einheitsbetrachtung, vgl. Tz. 9 des BMF-Schreibens vom 16.04.1999).
Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen
Die Sanierungsklausel kann nur Anwendung finden, wenn zusätzlich zu den Sanierungsmaßnahmen die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten werden. Dies ist nur dann der Fall, wenn mindestens eine der drei nachfolgend aufgezählten Voraussetzungen von § 8c Abs. 1a S. 3 KStG erfüllt sind:
Sonstige Besonderheiten
Keine Sanierung i.S. des § 8c Abs. 1a KStG liegt vor, wenn die Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs bereits im Wesentlichen eingestellt hat (§ 8c Abs. 1a S. 4 KStG) oder sofern innerhalb von fünf Jahren nach dem schädlichen Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel
erfolgt (§ 8c Abs. 1a S. 5 KStG). Die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste gehen dann - sofern vor dem Branchenwechsel von einem Anwendungsfall der Sanierungsklausel ausgegangen worden ist - rückwirkend unter (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).
§ 8c Abs. 1a KStG
OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 20.12.2018, S 2745 a-2015/0011-St 135
Europäische Kommission, Beschluss vom 26.01.2011, K(2011)275, siehe Deloitte Tax-News
EuGH, Urteil vom 28.06.2018, C-203/16 P, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 28.11.2017, IV C 2-S 2745-a/09/10002:004, BStBl I 2017, S. 1645, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 08.06.1999, IV C 2-S 2244-12/99, BStBl I 1999, S. 545
BMF, Schreiben vom 16.04.1999, IV C 6-S 2745-12/99, BStBl I 1999, S. 455
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