Mit dem am 30.08.2023 vom Bundeskabinett verabschiedeten Wachstumschancengesetz werden unter anderem Maßnahmen zur Wachstumsförderung und zur Förderung des Klimaschutzes auf den parlamentarischen Weg gebracht. Gegenüber dem Referentenentwurf wurden zum Beispiel die temporäre degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter und Wohngebäude aufgenommen, die Verschärfungen bei der Zinsschränke entschärft oder die Investitionszulage weiter verbessert.
Am 14.07.2023 hat das BMF den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) veröffentlich (siehe Deloitte Tax-News). Am 30.08.2023 erfolgte im Bundeskabinett die Verabschiedung des Regierungsentwurfes und damit der Startschuss für das Parlamentarische Gesetzgebungsverfahren.
Mit dem Gesetzentwurf sollen die Wachstumschancen der deutschen Wirtschaft erhöht, Investitionen und Innovationen in neue Technologien ermöglicht und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland gestärkt werden. So sollen Unternehmen eine Prämie von bis zu 30 Millionen Euro für Investitionen in den Klimaschutz und in Energie- und Ressourceneffizienz erhalten. Von den rund 50 Einzelmaßnahmen sind neben der Einführung einer Investitionsprämie, die Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung sowie Verbesserungen des steuerlichen Verlustabzugs und der Abschreibungsbedingungen inkl. der temporären Wiedereinführung der degressiven AfA besonders hervorzuheben. Zur Gegenfinanzierung sind die Anpassung der Zinsschranke an die Vorgaben der ATAD (siehe Deloitte Tax-News), die Einführung einer Zinshöhenschranke und die Ausweitung der Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf innerstaatliche Steuergestaltungen vorgesehen.
Die Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf sind im Folgenden kursiv kenntlich gemacht.
Einführung einer Investitionsprämie zur steuerlichen Förderung von Investitionen in den Klimaschutz
Anspruchsberechtigte:
Steuerpflichtige i.S.d. EStG und KStG, soweit sie steuerpflichtige Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielen, nicht von der Besteuerung befreit sind und die in diesem Gesetz aufgeführten Voraussetzungen erfüllen
Mitunternehmerschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG
nach § 1a KStG optierende Gesellschaften
Begünstigte Klimaschutz-Investitionen
Anschaffung und Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sowie Maßnahmen an bestehenden beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die zu nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AKHK) führen, wenn die Wirtschaftsgüter
Nicht begünstigt sind Investitionen für Kraft-Wärme-Kopplung, Fernwärme und/oder Fernkälte und Energieanlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.
Förderzeitraum
zwischen Inkrafttreten des Gesetzes und dem 01.01.2030
Förderfähige Aufwendungen:
Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie vor dem 01.01.2030 entstandene Teilherstellungskosten und geleisteten Anzahlungen auf Anschaffungskosten einer begünstigten Investition
Bemessungsgrundlage:
Summe der förderfähigen Aufwendungen, insgesamt maximal 200 Mio. Euro.
Höhe der Investitionsprämie:
15 % der Bemessungsgrundlage, somit insgesamt höchstens 30 Mio. Euro.
Werden daneben weitere staatliche Beihilfen für den Umweltschutz gewährt, darf die Summe dieser Beihilfen einschließlich der Investitionsprämie den Betrag von 30 Mio. Euro pro Unternehmen und Investitionsvorhaben nicht übersteigen.
Antrag auf Investitionsprämie:
Investitionsprämie wird nur auf Antrag des Anspruchsberechtigten gewährt.
Die beantragte Bemessungsgrundlage muss mindestens 10.000 Euro betragen und je Antragsteller können zwischen dem 31.12.2024 und dem 01.01.2032 maximal vier Anträge gestellt werden.
Festsetzung und Auszahlung der Investitionsprämie
Festsetzung in einem Investitionsprämienbescheid und Auszahlung innerhalb eines Monats
Ertragsteuerliche Behandlung der Investitionsprämie
Investitionsprämie ist als erfolgsneutrale Einnahme zu behandeln bzw. bei Kapitalgesellschaften in der Gewinnrücklage zu erfassen
Förderfähige Aufwendungen für Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.2023:
Ausweitung der Forschungszulage auf im begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben genutzte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die für die Durchführung des Vorhabens erforderlich und unerlässlich sind: Zum förderfähigen Aufwand eines Wirtschaftsjahres gehört zukünftig auch die auf die Nutzung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgutes im begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben entfallende Wertminderung.
nicht erforderlich: die verwendeten Wirtschaftsgüter wurde extra für das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben neu angeschafft oder hergestellt
Höhe der förderfähigen Aufwendungen
Erhöhung von 60 % auf 70 % des beim Anspruchsberechtigten für den Auftrag entstandenen Entgelts für nach dem 31.12.2023 in Auftrag gegebene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben
Bemessungsgrundlage
die im Wirtschaftsjahr entstandenen förderfähigen Aufwendungen des Anspruchsberechtigten.
Für nach dem 01.01.2020 und vor dem 01.07.2020 entstandene förderfähige Aufwendungen:
Für nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2024 entstandene förderfähige Aufwendungen:
Für nach dem 31.12.2023 entstandene förderfähige Aufwendungen:
Hohe Zulage
KMUs sollen zusätzlich eine Erhöhung der Forschungszulage um 10 Prozentpunkte beantragen können
Verbesserungen bei den Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter, den Abschreibungsmöglichkeiten zu den Sammelposten und zur Sonderabschreibung nach § 7g EStG
Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2 EStG-E):
Wertgrenze für den Sammelposten (§ 6 Abs. 2a EStG-E):
Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG-E:
Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung
Die degressive Abschreibung (AfA) für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt werden, kann wieder in Anspruch genommen werden.
Befristete Einführung einer degressiven Gebäude-AfA
Möglichkeit des Ansatzes einer degressiven AfA für zwischen dem 30.09.2023 und dem 01.10.2029 angeschafften oder hergestellten Wohngebäuden
Belegenheit innerhalb der EU/EWR
Abschreibungssatz: 6 %
Arbeitnehmerbesteuerung
Der Höchstbetrag für die Inanspruchnahme des Viertels der 1%-Bemessungsgrundlage bei rein elektrischen Dienstwagen, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden, für die private Nutzung soll von 60.000 Euro auf 80.000 Euro Listenpreis angehoben werden (§ 6 Abs 1 Nr. 4 S. 2 Nr. 3 u. S. 3 Nr. 3 EStG-E)
Anhebung der Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen (§ 9 Abs. 4a S. 3 EStG-E):
Anhebung des Freibetrags für Zuwendungen an Arbeitnehmer (und dessen Begleitpersonen anlässlich von) bei Betriebsveranstaltungen (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 3 EStG-E):
Keine Anwendung der sog. Fünftelungsregelung/-methode für außerordentliche Einkünfte (Entschädigungen, Vergütung für mehrjährige Tätigkeit, Veräußerung von Vermögensbeteiligungen) im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens (Streichung § 39b Abs. 3 S 9 u. 10 EStG) - Anwendung ab Lohnsteuerabzug 2024
Maßnahmen zur Verbesserung der Thesaurierungsbegünstigung
Die Thesaurierungsbegünstigung des § 34a EStG soll durch eine Reihe von Maßnahmen attraktiver gemacht werden:
Der erstmalige Antrag soll keiner Frist mehr unterliegen und kann bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids, bei einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt werden.
Erhöhung des begünstigungsfähigen Gewinns um die gezahlte Gewerbesteuer und die Beträge, die zur Zahlung der Einkommensteuer nach § 34a Abs. 1 EStG entnommen werden
Erleichterungen bei der Nachversteuerung
Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs
Verlängerung des Verlustrücktragszeitraums für Einkommen- und Körperschaftsteuerzwecke zur Stärkung der Liquidität des Mittelstands
Dauerhafte Beibehaltung der ab dem Veranlagungszeitraum 2020 angehobenen Betragsgrenzen beim Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 S. 1 EStG)
Mindestgewinnbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG)
Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027:
Reform der Zinsschranke
Die Stand-alone-Klausel soll nur noch in Anspruch genommen werden können, wenn der Steuerpflichtige keine nahestehende Person im Sinne des AStG ist und über keine Betriebsstätte außerhalb des Staates verfügt, in dem sich sein Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Sitz oder seine Geschäftsleitung befindet.
Infolge des für die Zinsschranke geänderten maßgeblichen Konzernbegriffs ändert sich auch der Anwendungsbereich des EK-Escapes
Zusammenfassung von gleichartigen Betrieben, die unter einheitlicher Leitung stehen, sodass die Freigrenze nur einmal genutzt werden kann (§ 4h Abs. 2 S. 2 EStG-E)
Erweiterung der Begriffe der „Zinsaufwendungen“ und „Zinserträge“:
Ausnahmemöglichkeit für Finanzierungen langfristiger öffentlicher Infrastrukturprojekte
Anwendung für Wirtschaftsjahre, die nach dem Gesetzesbeschluss im Bundestag beginnen und nicht vor dem 01.01.2024 enden.
Zinshöhenschranke (§ 4I EStG-E) ab 2024
Beschränkung auf Zinsaufwendungen aufgrund einer Geschäftsbeziehung zwischen nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG
Keine Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen, soweit der vereinbarte Zinssatz den gesetzlich definierten Höchstzinssatz übersteigt
Entlastungsmöglichkeit:
Substanzausnahme:
Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG
Anwendungsbereich:
Antragstellung bei neugegründeten Gesellschaften:
Steuerneutrale Ausübung der Option:
Ausschüttungsfiktion:
Änderung des § 15 Abs. 2 UmwStG
Rückführung der Möglichkeiten zu steuerneutralen Spaltungen auf ihren ursprünglich vom Gesetzgeber intendierten Anwendungsbereich
Aufhebung der bisherigen BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 11.08.2021, I R 39/18:
Anwendungsbeginn:
Internationale Risikobewertung
In Anlehnung an die bestehenden Verfahren ICAP und ETACA sowie der Offenheit für weitere Verfahren sollen spezifische gesetzliche Regelungen zu internationalen Risikobewertungsverfahren geschaffen werden (§ 89b – neu – AO-E)
Anpassung der AO und anderer Steuergesetze an das Personengesellschaftsrechts-modernisierungsgesetz (MoPeG)
Zahlreiche Anpassungen an die mit dem MoPeG eintretenden Rechtsänderungen
u.a. neue Legaldefinitionen:
Ausweitung der Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf innerstaatliche Steuergestaltungen
Innerstaatliche Steuergestaltung:
Spezielle Kennzeichen:
Bezogen auf den Gegenstand:
Größengrenzen für die Meldepflicht der Gestaltung, wenn der Nutzer in mindestens zwei der drei Kalender- oder Wirtschaftsjahre vor dem meldepflichtigen Ereignis folgende Schwellwerte erreicht:
Mitteilungsfrist:
Anwendungsbeginn: das BMF soll mindestens ein Jahr im Voraus den Stichtag festlegen. Es ist spätestens der 31.12. des vierten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr des Inkrafttretens des Gesetzes folgt
Anhebung der Stromerzeugungsschwelle für Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen
Die Unschädlichkeitsgrenze für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen soll ab dem Erhebungszeitraum 2023 auf einen maximalen Anteil der Einnahmen aus der Lieferung von Strom im Zusammenhang mit dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien oder aus dem Betrieb von Ladestationen für die Elektromobilität an den Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes von 20 Prozent (vorher 10 Prozent) steigen.
Einführung der obligatorischen eRechnung im B2B-Bereich
Definition der eRechnung: strukturiertes elektronisches Format, das eine elektronische Verarbeitung ermöglicht und dem einheitlichen Format CEN 16931 entspricht
Streichung des Vorrangs der Papierrechnung
Beschränkung auf inländische B2B-Umsätze
Einführung des Begriffs der sonstigen Rechnung: andere elektronische Formate und die Papierrechnung
Beginn der Pflicht zur Nutzung der eRechnung am 01.01.2025
Übergangsregelung für die Ausstellung einer Papierrechnung oder bei Zustimmung des Empfängers Nutzung eines anderen elektronischen Formates:
Ausnahme: Kleinbetragsrechnung und Fahrausweise, hier können alle Rechnungsformate verwendet werden
Weiter Neuregelungen
Erweiterung der Fiktion der Steuerschuld des Leistungsempfängers um die Übertragung von Emissionszertifikaten
IST-Besteuerung: Anhebung der Grenze von 600.000 Euro auf 800.000 Euro
Vierteljährliche UStVA: Erhöhung des Schwellwertes für die Befreiung von der vierteljährlichen Abgabe von 1.000 Euro auf 2.000 Euro
Anerkennung aller Verfahrenspfleger als begünstigte Einrichtungen, die im Rahmen eines Betreuungs-, Unterbringungs- oder Freiheitsentziehungsverfahrens nach dem 3. oder 7. Buch des FamFG zur Unterstützung einer hilfsbedürftigen Person tätig sind.
Steuersatzermäßigung für Zweckbetriebe gem. 66-68 AO
Der Bundesrat wird sich voraussichtlich in seiner Sitzung am 20.10.2023 mit dem Gesetzentwurf befassen und seine Stellungnahme beschließen. Der Bundestag wird ivoraussichtlich parallel den Gesetzentwurf beraten. Mitte November könnte der Bundestag das Gesetz verabschieden, damit es noch rechtzeitig bis zum Ende des Jahres mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten kann.
Bundesregierung, Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness
Ihr Ansprechpartner
Dietmar Gegusch
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