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02.12.2016
Unternehmensteuer

Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung: Bundestag verabschiedet Gesetz

Aktuelle:

Der Bundestag hat am 01.12.2016 das Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften mit einigen Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf beschlossen. Die Änderungen gehen überwiegend auf Anregungen aus der Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf zurück.

Hintergrund

Kommt es zu einem schädlichen Beteiligungserwerb i. S. v. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG gehen nicht genutzte Verluste grundsätzlich anteilig – bzw. bei einen schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 50% komplett – unter. Für bestimmte konzerninterne Umstrukturierungen gibt es eine Ausnahme (Konzernklausel, § 8c Abs. 1 S. 5 KStG, neu gefasst durch das Steueränderungsgesetz 2015 vom 02.11.2015, siehe Deloitte Tax-News (Regierungsentwurf)). Gleiches gilt bei Vorliegen von im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven (Stille-Reserven-Klausel, § 8c Abs. 1 S. 6-9 KStG, eingefügt durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009, siehe Deloitte Tax-News). Mit dem von der Bundesregierung am 14.09.2016 vorgelegten Entwurf für ein Gesetz „zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften“ soll die Möglichkeit des Verlusterhalts ausgeweitet werden (siehe Deloitte Tax-News). Zum Regierungsentwurf hatte der Bundesrat am 04.11.2016 Stellung genommen (siehe Deloitte Tax-News). Am 01.12.2016 hat der Bundestag entsprechend der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses das Gesetz verabschiedet. Die abschließende Befassung des Bundesrates ist für den 16.12.2016 vorgesehen.

Gesetzesbeschluss Bundestag

Gegenüber dem Regierungsentwurf enthält der Gesetzesbeschluss des Bundestages einige Änderungen, auf die im Folgenden bei der Darstellung der allgemeinen Regelung an den einzelnen Stellen hingewiesen wird. Generell wird durch die Änderungen des Bundestages durchgängig auf eine einheitliche veranlagungszeitraumabhängige Betrachtung abgestellt.

Mit der Einführung eines neuen § 8d KStG sollen auch für Unternehmen, bei denen weder die Konzernklausel noch die Stille-Reserven-Klausel einschlägig sind, nicht genutzte Verluste trotz eines qualifizierten schädlichen Anteilseignerwechsels unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin nutzbar sein. Dieser „gerettete“ Verlustvortrag wird als „fortführungsgebundener Verlustvortrag“ bezeichnet.

Die Voraussetzungen für die Bildung und weitere Nutzung eines „fortführungsgebundenen Verlustvortrages“ sind demnach:

Schädlicher Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG
Im relevanten Veranlagungszeitraum muss es zu einem schädlicher Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG gekommen sein.

Antrag
In der Steuererklärung für die Veranlagung des Wirtschaftsjahres, in das der schädliche Beteiligungserwerb fällt, ist ein Antrag auf Nichtanwendung von § 8c KStG zu stellen (vgl. § 8d Abs. 1 S. 1, 4 -neu- KStG).

Gleichbleibender Geschäftsbetrieb
Der Geschäftsbetrieb muss seit Gründung der Körperschaft oder zumindest seit Beginn des dritten Veranlagungszeitraums vor dem Veranlagungszeitraum des schädlichen Beteiligungserwerbs (Beobachtungszeitraum) gleich geblieben sein. Der Geschäftsbetrieb umfasst die von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft (vgl. § 8d Abs. 1 S. 3 Hs. 1 -neu- KStG). Ein Geschäftsbetrieb soll nach qualitativen Merkmalen in einer Gesamtbetrachtung bestimmt werden (vgl. § 8d Abs. 1 S. 3 Hs. 2 -neu- KStG). Qualitative Merkmale sollen nach dem nicht abschließenden Wortlaut der Vorschrift insbesondere sein (vgl. § 8d Abs. 1 S. 4 -neu- KStG):

  • die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte,
  • der Kunden- und Lieferantenkreis, 
  • die bedienten Märkte und 
  • die Qualifikation der Arbeitnehmer.

Weitere Voraussetzungen für die Beantragung der Feststellung des „fortführungsgebundenen Verlustvortrags
Treten die unten geschilderten schädlichen Ereignisse im Rahmen des Beobachtungszeitraums, sowie - im Bundestagsbeschluss klargestellt – bis zum Ende des Veranlagungszeitraums des schädlichen Beteiligungserwerbs ein, ist bereits im Vorfeld keine Beantragung der Feststellung eines „fortführungsgebundenen Verlustvortrags“ möglich.

Als weitere Voraussetzung wurden gegenüber dem Regierungsentwurf mit dem Bundestagsbeschluss aufgenommen:

  • Der Verlust darf nicht aus einer Zeit vor Einstellung oder Ruhendstellung (erfolgt nach dem 31.12.2015) des Geschäftsbetriebes stammen.
  • Die Körperschaft darf nicht zu Beginn des Beobachtungszeitraums Organträger oder an einer Mitunternehmerschaft beteiligt sein.

Feststellung, Abgrenzung und Vorrang des „fortführungsgebundenen Verlustvortrags“
Der zum Schluss des Veranlagungszeitraums, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt, verbleibende gesamte Verlustvortrag (auch bei einem schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 25 Prozent und nicht mehr als 50 Prozent, der nach § 8c KStG nur zu einem quotalen Verlustuntergang führen würde) wird zum fortführungsgebundenen Verlust (vgl. § 8d Abs. 1 S. 6 -neu- KStG); dieser ist gesondert im Rahmen der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages auszuweisen; § 10d Abs. 4 EStG gilt entsprechend (vgl. § 8d Abs. 1 S. 7 -neu- KStG).

Der „fortführungsgebundene Verlustvortrag“ ist vorrangig vor dem Verlustvortrag gem. § 10d Abs. 4 EStG abzuziehen (vgl. § 8d Abs. 1 S. 8 -neu- KStG).

Schädliche Ereignisse - Wegfall des fortführungsgebundenen Verlustvortrags (§ 8d Abs. 2 -neu- KStG)
Bei Einstellung des Geschäftsbetriebs, geht der nach § 8d Abs. 1 -neu- KStG zuletzt festgestellte „fortführungsgebundene Verlustvortrag“ unter; die Stille-Reserven-Klausel (§ 8c Abs. 1 S. 6 bis 9 KStG) gilt bezogen auf die zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorhandenen stillen Reserven entsprechend.
 

Der festgestellte „fortführungsgebundene Verlustvortrag“ geht ferner unter, wenn

  • der Geschäftsbetrieb ruhend gestellt wird,
  • der Geschäftsbetrieb einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt wird,
  • die Körperschaft einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb aufnimmt,
  • die Körperschaft sich an einer Mitunternehmerschaft beteiligt,
  • die Körperschaft die Stellung eines Organträgers im Sinne des § 14 Abs. 1 KStG einnimmt oder
  • auf die Körperschaft Wirtschaftsgüter übertragen werden, die sie zu einem geringeren als dem gemeinen Wert ansetzt.

Begleitende Änderungen

  • § 8a Abs. 1 S. 3 -neu- KStG: der Antrag nach § 8d - neu - KStG soll auch für Zinsvorträge nach § 4h Abs. 1 S. 5 EStG gelten
  • § 10a S. 10 -neu- GewStG: Einheitliche Anwendung der Neuregelung auch für Zwecke der Gewerbesteuer

Inkrafttreten / Anwendung

  • Inkrafttreten des Gesetzes (rückwirkend) zum 01.01.2016
  • Erstmalige Anwendung von § 8d -neu- KStG sowie § 10a S. 10 -neu- GewStG auf schädliche Beteiligungserwerbe im Sinne des § 8c KStG, die nach dem 31.12.2015 erfolgen.
  • Mit dem Bundestagsbeschluss wird noch ergänzt, dass generell eine Anwendung von § 8d KStG grundsätzlich nur in Betracht kommt, wenn der Geschäftsbetrieb der Körperschaft vor dem 01. 01.2016 weder eingestellt noch ruhend gestellt war.

Europarechtliche Bewertung
Im Rahmen der Anhörung im FA Bundestag als auch in der Bundestagsdebatte zur Verabschiedung des Gesetzes wurde die europarechtliche Bewertung des Gesetzes intensiv diskutiert. Nach dem Bericht des FA zu den Beratungen im Ausschuss haben die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD betont, „man habe die Frage der Konformität des Gesetzentwurfs mit dem EU-Recht intensiv geprüft. Zwar stelle die EU-Kommission keinen vorauseilenden Comfort letter aus, da dieses Instrument von der EU-Kommission eingeschränkt worden sei, doch habe man gemeinsam mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit beschlossen, keinen Vorbehalt in Bezug auf das Europarecht für das Inkrafttreten vorzusehen. Es seien positive Signale aus der EU-Kommission zu vernehmen gewesen, die ohnehin von den Mitgliedstaaten ein stärkeres Engagement zur Stärkung innovativer Unternehmen fordere.“ Auch wenn die Regierungsfraktionen sehr optimistisch gestimmt sind, eine Rechtssicherheit, dass die EU-Kommission das Thema nicht aufgreift, gibt es nicht.

Fundstelle

FA Bundestag, Beschlussempfehlung und Bericht (Vorlage für den Beschluss des Bundestages), BT-Drs. 18/10495 
Bundestag, Gesetzesbeschluss, BR-Drs. 719/16

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