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09.08.2013
Verfahrensrecht

BFH: Grobes Verschulden des Steuerberaters bei Vorlage allein einer komprimierten Elster-Einkommensteuererklärung

Den Steuerberater trifft ein grobes Verschulden, wenn er seinem Mandanten lediglich eine komprimierte Elster-Einkommensteuererklärung zur Überprüfung aushändigt. Es kommt dabei nicht darauf an, dass dieser Ausdruck auf die Verwendung des Programmes Elster zurückzuführen ist.

Sachverhalt

Der Kläger lebte mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind vor dem Streitjahr 2007 in einem Haushalt zusammen. Ihm stand daher der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG nicht zu, so dass in seinen Einkommensteuererklärungen keine entsprechenden Angaben zu machen waren. Nach der Trennung von der Lebensgefährtin im Dezember 2006 hatte er erstmals einen Anspruch auf den Entlastungsbetrag.

Der vom Kläger beauftragte Steuerberater fertigte im Streitjahr, wie in den Vorjahren, die Steuerklärung anhand der Angaben des Klägers an, ohne Kenntnis von der Trennung zu haben. Er legte dem Kläger eine mit Hilfe des Programms „Elster“ erstellte komprimierte Einkommensteuerklärung zur Prüfung und Weiterleitung an das Finanzamt vor. Der daraufhin erlassene Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr wurde bestandskräftig. Der Steuerberater erlangte erst nachträglich Kenntnis von der Trennung und beantragte zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme für seinen Mandanten die Änderung des Einkommensteuerbescheids und die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags.

Dies wurde vom Finanzamt abgelehnt. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte hingegen zunächst Erfolg.

Entscheidung

Der BFH hat entgegen der Auffassung des FG die Änderung des Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO abgelehnt, da dem Kläger ein grobes Verschulden vorzuwerfen ist.

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Als grobes Verschulden hat der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Dem Steuerpflichtigen ist dabei auch ein grobes Verschulden des Steuerberaters in diesem Zusammenhang zuzurechnen. Somit kann das grobe Verschulden dem Steuerpflichtigen angelastet werden, wenn er die von seinem steuerlichen Berater angefertigte Steuererklärung nicht auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit durchgesehen hat und ihm ohne Weiteres hätte auffallen müssen, dass steuermindernde Tatsachen oder Beweismittel nicht berücksichtigt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 28.08.1992).  

Zu Recht hat das FG im Streitfall ein eigenes grobes Verschulden des Klägers zunächst verneint, da für diesen aus der komprimierten Steuererklärung nicht ersichtlich war, dass weitere, in dem amtlichen Vordruck in der „Anlage Kind“ geforderte Angaben zur Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende erforderlich waren. Außerdem trifft den Kläger als steuerlichen Laien kein Verschulden hinsichtlich einer möglichen Berichtspflicht gegenüber seinem Berater über die Beendigung der privaten Haushaltsgemeinschaft.

Entgegen der Auffassung des FG bejahte der BFH allerdings ein grobes Verschulden des Steuerberaters, welches sich der Kläger aufgrund seiner Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben zurechnen lassen muss. Indem der Berater dem steuerlich unerfahrenen Kläger lediglich eine komprimierte Einkommensteuererklärung zur Prüfung überlassen hat, ohne den maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln, handelte er grob fahrlässig. Damit nahm er dem Kläger die Möglichkeit, davon Kenntnis zu nehmen, dass – wie aus der „Anlage Kind“ des amtlichen Vordrucks ersichtlich – ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gewährt werden kann und dass infolgedessen weitere Angaben erforderlich sind. Letztlich hat der Steuerberater durch sein Handeln die Verantwortung dafür übernommen, dass die in der von ihm erstellten komprimierten Steuererklärung aufgeführten Angaben auch vollständig waren. Insoweit ist es unerheblich, dass der Ausdruck dieser Erklärung auf die Verwendung des Programms „Elster“ zurückzuführen ist.

Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus der Verantwortung des Steuerpflichtigen für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben in der Steuererklärung, der er sich nicht dadurch entziehen kann, dass er die Ausarbeitung der Steuererklärung seinem steuerlichen Berater überträgt (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 03.12.2009). Diese Verantwortung des Steuerpflichtigen rechtfertigt die Zurechnung des Verschuldens des steuerlichen Beraters, welche letztlich sicherstellen soll, dass der Steuerpflichtige durch die Bevollmächtigung nicht besser gestellt wird als der nicht vertretene Steuerpflichtige.

Es kann dahingestellt werden, ob ein grobes Verschulden des Steuerberaters stets dann anzunehmen ist, wenn dieser im Rahmen seiner Verpflichtung, den Mandanten umfassend zu beraten, maßgebliche Sachverhalte, auch ohne entsprechende Anhaltspunkte, selbstständig zu ermitteln hat.

Betroffene Norm
§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO

Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24.05.2011, 3 K 249/10, EFG 2011, S. 1677

Fundstelle
BFH, Urteil vom 16.05.2013, III R 12/12

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 28.08.1992, VI R 93/89, BFH/NV 1993, S. 147
BFH, Urteil vom 03.12.2009, VI R 58/07, BStBl II 2010, S. 531

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