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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/verfahrensrecht/bmf-neufassung-des-aeao-zu-para-233a-ao.html
09.11.2022
Verfahrensrecht

BMF: Neufassung des AEAO zu § 233a AO

​Die wesentlichen Änderungen der am 03.11.2022 veröffentlichten Neufassung des Anwendungserlasses zu § 233a AO beruhen auf den gesetzlichen Änderungen im Rahmen des „Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ vom 12.07.2022 (u.a. der angepassten Zinssatzhöhe). Der aktualisierte Anwendungserlass berücksichtigt zudem die im Rahmen des Vierten Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.06.2022 verlängerten, zinsfreien Karenzzeiten sowie die Ausführungen in den BMF-Schreiben vom 22.07.2022 (u.a. zu der Übergangsregelung gemäß Art. 97 § 15 Abs. 16 EGAO). 

Hintergrund

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit dem Beschluss vom 08.07.2021 (1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) die Regelungen für die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen ab 2014 in ihrer Höhe von monatlich 0,5% für verfassungswidrig erklärt (siehe Deloitte Tax-News). Eine übergangsweise Weiteranwendung der Verzinsungsregelung wurde nur noch für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume zugelassen (Fortgeltungsanordnung). Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die Vorschriften dagegen unanwendbar. Die Verfassungswidrigkeit erstreckt sich nicht auf die anderen Verzinsungstatbestände nach der AO zulasten der Steuerpflichtigen, namentlich auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO.

Mit dem „Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ vom 12.07.2022 (BGBl. I 2022, S. 1142) wurde der Zinssatz – rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 - für Zinsen nach § 233a AO auf 0,15% pro Monat gesenkt (siehe Deloitte Tax-News). Das „Zweite Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ ist am 22.07.2022 in Kraft getreten.

Mit Datum vom 22.07.2022 hat das BMF ein allgemeines Schreiben zu den Änderungen der gesetzlichen Regelungen zur Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen (§§ 233 bis 239 AO) veröffentlicht (siehe Deloitte Tax-News). Vor dem Hintergrund, dass die Finanzverwaltung die Neuregelung technisch und organisatorisch noch nicht umsetzen kann, erging am selben Tag noch ein weiteres BMF-Schreiben zu der Übergangsregelung gemäß Art. 97 § 15 Abs. 16 EGAO. Danach können Zinsfestsetzungen für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 ungeachtet der am 22.07.2022 in Kraft getretenen Neuregelung nach § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AO weiterhin vorläufig ergehen oder nach § 165 Abs. 1 S. 4 S. 2 Nr. 2 AO ausgesetzt werden (siehe Deloitte Tax-News).

Zur Umsetzung der Rechtsänderungen vom 22.07.2022 veröffentlichte das BMF am 03.11.2022 die Neufassung des Anwendungserlasses der Abgabenordnung (AEAO) zu § 233a AO. Die Neufassung beinhaltet auch die Ausführungen der beiden BMF-Schreiben vom 22.07.2022.

Verwaltungsanweisung

Mit dem am 03.11.2022 veröffentlichten BMF-Schreiben wird der Anwendungserlass der Abgabenordnung zu § 233a AO neu gefasst und behält dieselben Gliederungspunkte wie die des Vorgängerschreibens:

1. Allgemeines
2. Sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich
3. Zinsschuldner/-gläubiger
4.-9. Zinslauf
10. Besonderer Zinslauf bei rückwirkenden Ereignissen und Verlustrückträgen
11.-13. Grundsätze der Zinsberechnung
14.-40. Zinsberechnung bei der erstmaligen Steuerfestsetzung
41.-59. Zinsberechnung bei einer Korrektur der Steuerfestsetzung oder der Anrechnung von Steuerbeträgen
60. Zinsberechnung bei sog. NV-Fällen
61. Sonderregelungen für Zinsberechnung bei der Umsatzsteuer
62.-68. Verhältnis zu anderen steuerlichen Nebenleistungen
69.-70. Billigkeitsmaßnahmen
71.-73. Rechtsbehelfe
74. Berücksichtigung rückwirkender Ereignisse in Grundlagenbescheiden

Die Aktualisierung des AEAO zu § 233a AO betreffen im Wesentlichen die folgenden Änderungen und Ergänzungen:

Allgemeine Änderungen

Neben redaktionellen Änderungen und sprachlichen Anpassungen wurden in der Neufassung des AEAO zu § 233a AO die, im dem alten AEAO zu § 233a AO enthaltenen, Rechenbeispiele an den neuen Zinssatz für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 von 0,15% je vollen Monat (1,8% p.a.) angepasst.

Verlängerte Karenzzeiten (Rz. 4-9)

Darüber hinaus beinhaltet die Neufassung der AEAO zu § 233a AO auch eine Übersicht der, für die Besteuerungszeiträume 2019 bis 2024 verlängerten, zinsfreien Karenzzeiten infolge der verlängerten Steuererklärungsabgabefristen durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz (siehe Deloitte Tax-News):

Teilverzinsungszeiträume im Sinne des § 238 Abs. 1b AO (Rz. 11-13)

Durch die Anpassung des Zinssatzes des § 233a AO können zum Teil unterschiedliche Zinssätze innerhalb eines Zinslaufs nebeneinander anzuwenden sein. Diese Problematik ist in § 238 Abs. 1b AO geregelt. Beginnt der Verzinsungszeitraum vor dem 01.01.2019 und endet nach dem 31.12.2018 ist der Verzinsungszeitraum in Teilverzinsungszeiträume aufzuteilen und die unterschiedlichen Zinssätze sind entsprechend anzuwenden. Die Neufassung der AEAO zu § 233a AO führt einige Details zur Zinsberechnung aus, insbesondere dass die Zinsen für die Teilverzinsungszeiträume tageweise zu berechnen sind, auch wenn die Zinsen weiterhin nur für volle Monate berechnet werden. Die Ausführungen decken sich mit den Ausführungen des allgemeinen BMF-Schreibens vom 22.07.2022 (siehe Deloitte Tax News).

Bindungswirkung für Zinsfestsetzungen nach den §§ 234, 235, 236 oder 237 AO (Rz. 68)

Des Weiteren äußert sich das BMF in der Neufassung des AEAO zu dem im Gesetz neu eingeführten Abs. 5 des § 239 AO, wonach die Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO Bindungswirkung für andere Zinsfestsetzungen entfaltet, soweit die Zinsen nach § 233a AO angerechnet werden. Wird eine Zinsfestsetzung nach § 233a AO erlassen, aufgehoben oder geändert, ist die von einer Anrechnung dieser Zinsen betroffene Zinsfestsetzung nach §§ 234, 235, 236 oder 237 AO gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO anzupassen.

Freiwillige Zahlungen auf später wirksam gewordene Steuerfestsetzungen (Rz. 70.1)

Nach § 233a Abs. 8 AO sind Nachzahlungszinsen nicht zu erheben, soweit der Steuerpflichtige Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht und die Finanzbehörde diese noch nicht fälligen Leistungen angenommen und dann die Leistung auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat.

Anwendungszeitpunkt

Die Neufassung des AEAO erfolgt mit sofortiger Wirkung. Das BMF weist darauf hin, dass so lange die gesetzliche Neuregelung technisch und organisatorisch noch nicht umgesetzt werden könne, Zinsfestsetzungen für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 weiterhin vorläufig ergehen oder ausgesetzt werden. Die Umstellungstermine in den einzelnen Ländern könnten dabei auseinanderfallen.

Betroffene Normen

§ 233a AO; § 238 AO

Fundstelle

BMF-Schreiben vom 03.11.2022, IV A 3 - S 0460-a/19/10012 :002  

Weitere Beiträge

BVerfG, Beschluss vom 08.07.2021, 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17, siehe Deloitte Tax-News 

BMF, Schreiben vom 22.07.2022, IV A 3 – S 1910/22/10040 :010, siehe Deloitte Tax News 

BMF, Schreiben vom 22.07.2022, IV A 3 – S 0338/19/10004 :007, siehe Deloitte Tax News 

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