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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/verfahrensrecht/bmf-schwacher-vorlaeufiger-insolvenzverwalter-steuerschulden-als-masseverbindlichkeit-.html
03.07.2015
Verfahrensrecht

BMF: Schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter - Steuerschulden als Masseverbindlichkeit

Am 20.05.2015 hat das BMF ein neues Schreiben zur Beurteilung von Steuerschulden als Masseverbindlichkeiten im Insolvenzverfahren veröffentlicht. Dabei wird insbesondere auf die rechtlichen Befugnisse des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters näher eingegangen.

Hintergrund

Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2011 wurde § 55 InsO um Abs. 4 erweitert. Nach § 55 Abs. 4 InsO gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit.

Diese neue Regelung ist auf alle Insolvenzverfahren anzuwenden, deren Eröffnung ab dem 01.01.2011 beantragt wurde.

Aus Anlass der Entscheidung des BFH vom 24.09.2014 hat das BMF sein Schreiben vom 17.01.2012 mit sofortiger Wirkung durch das BMF-Schreiben vom 20.05.2015 geändert.
Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen des BMF-Schreiben vom 20.05.2015 gegenüber dem vom 17.01.2012 dargestellt.

Verwaltungsanweisung

Betroffene Personen: § 55 Abs. 4 InsO soll Anwendung auf den vorläufigen Insolvenzverwalter finden, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht nach § 22 Abs. 1 InsO übergegangen ist (so genannter „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter).

Die Regelung des § 55 Abs.4 InsO soll sich auf alle Steuerarten inkl. der zugehörigen steuerlichen Nebenleistungen erstecken. Nicht mit hinzu sollen die Verspätungszuschläge, Zwangsgelder oder Verzögerungsgelder, die gegen den Insolvenz-schuldner im Insolvenzeröffnungsverfahren festgesetzt worden sind.

Umsatzsteuerrechtliche Verbindlichkeiten aufgrund von Lieferungen und sonstigen Leistungen werden nach § 55 Abs. 4 InsO im Rahmen der für den „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter bestehenden rechtlichen Befugnisse begründet. Eine solche rechtliche Befugnis liegt nunmehr insbesondere dann vor, wenn der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter durch das Insolvenzgericht zum Forderungseinzug ausdrücklich ermächtigt wurde (vgl. BFH Urteil vom 24.9.2014). Dabei ist auf die Entgeltvereinnahmung durch den „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter sowie auf die Entgeltvereinnahmung durch den Schuldner mit Zustimmung des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters abzustellen.

Aufgrund der Bestellung eines „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative InsO), mit Recht zum Forderungseinzug (§§ 22 Abs. 2, 23 InsO) oder mit Berechtigung zur Kassenführung werden bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten die noch ausstehenden Entgelte für zuvor erbrachte Leistungen im Augenblick vor der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens aus Rechtsgründen uneinbringlich. Uneinbringlich werden auch die Entgelte für die Leistungen, die der Insolvenzschuldner nach Bestellung des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt, mit Recht zum Forderungseinzug oder mit Berechtigung zur Kassenführung bis zur Beendigung des Insolvenzeröffnungsverfahrens (§§ 26, 27 InsO) erbringt.

Maßgeblich hierfür ist nach Auffassung des BFH (Urteil vom 24.9.2014, siehe Deloitte Tax-News), dass entsprechend § 80 Abs. 1 InsO die Empfangszuständigkeit für alle Leistungen, die auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Forderungen erbracht werden, auf den „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter mit Recht zum Forderungseinzug übergeht und dass der Insolvenzschuldner somit aus rechtlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, rechtswirksam Entgeltforderungen in seinem eigenen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil selbst zu vereinnahmen, da sie im Rahmen der Masseverwaltung und Masseverwertung zu vereinnahmen sind und damit zum Bereich der Masseverbindlichkeiten gehören. Die rechtlichen Auswirkungen des BFH-Urteils vom 09.12.2010 werden somit auf den Zeitpunkt der Bestellung des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters vorverlegt.

Das BMF Schreiben sieht u.a. vor, dass die Aufteilung des insolventen Unternehmens mit der Folge entsprechender Berichtigungen nach § 17 UStG auf die Anordnung der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung vorverlagert wird.

Betroffene Norm

§ 55 Abs. 4 InsO

Fundstelle
BMF, Schreiben vom 20.05.2015, IV A 3 – S 0550/10/10020-05

Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 17.01.2012, IV A 3 – S 0550/10/10020-05
BFH, Entscheidung vom 24.09.2014, V R 48/13, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 09.12.2010, V R 22/10, BStBl 2011 II, S. 996

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