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22.12.2010
Verfahrensrecht

Steuervereinfachungsgesetz 2011: BMF legt Referentenentwurf vor

Der Gesetzentwurf zum Steuervereinfachungsgesetz 2011 zielt darauf ab, das Besteuerungsverfahren zu vereinfachen, transparenter und nachvollziehbarer auszugestalten und den steuerbürokratischen Aufwand zurückzuführen. Steuerzahler und Steuerverwaltung sollen von Erklärungs-, Prüf- und Verwaltungsaufwand entlastet werden. Zusätzlich zu den vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen soll durch begleitende Maßnahmen der Finanzverwaltung das IT-basierte Verfahren schrittweise für möglichst alle Phasen des Besteuerungsprozesses eingeführt und bei der Einkommensteuer eine elektronisch vorausgefüllte Steuererklärung bereitgestellt werden. Die steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge soll entbürokratisiert und flexibler werden. Betriebsprüfungen sollen zeitnaher stattfinden und für Nachweispflichten bei umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen sind Erleichterungen vorgesehen.

Die Beschlussfassung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf ist für Februar 2011 vorgesehen. Das parlamentarische Verfahren schließt sich daran an. Die in dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 vorgesehenen Änderungen sollen grundsätzlich am 01.01.2012 in Kraft treten.

Insbesondere die folgenden gesetzlichen Maßnahmen sind geplant:

Maßnahmen bei der Besteuerung von Unternehmen

  • Einführung einer gesetzlichen Betriebsfortführungsfiktion in den Fällen der Betriebsverpachtung und –unterbrechung: Die gesetzlichen Voraussetzungen für Fälle einer allmählichen (schleichenden) Betriebsaufgabe bei verpachteten und ruhenden Gewerbebetrieben sollen sowohl für den Steuerpflichtigen als auch die Finanzverwaltung eindeutig normiert werden; die Betriebsfortführungsfiktion soll nur auf Betriebsaufgaben oder Mitunternehmeranteilen anzuwenden sein, die nach dem Inkrafttreten des vorliegenden Änderungsgesetzes stattgefunden haben (§ 16 Abs. 3b -neu- EStG-E).
  • Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug bei Gewinnausschüttungen von Genossenschaften: Genossenschaften sollen künftig selber das Vorliegen der Tatbestände zur Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug (Nichtveranlagungsbescheinigungen, Freistellungsaufträge) prüfen und ggf. Abstand vom Steuerabzug nehmen können. Verwaltungsaufwändige Erstattungsverfahren können zukünftig vermieden werden; die Neuregelung soll für Kapitalzuflüsse nach dem 31.12.2011 Anwendung finden (§ 44a EStG-E).
  • Erleichterung der elektronischen Kommunikation mit der Finanzverwaltung: Neben der qualifizierten elektronischen Signatur kann auch ein anderes sicheres Verfahren zugelassen sein, das die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellt. Es soll nunmehr gesetzlich klargestellt werden, dass das andere sichere Verfahren den Datenübermittler zu authentifizieren hat. Zur Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität der zu übermittelnden steuerlichen Daten werden diese mit den Authentisierungsdaten verknüpft und verschlüsselt an die Steuerverwaltung übermittelt. Somit sollen die Steuerpflichtigen auch künftig auf die kostenpflichtige Einschaltung von Zertifizierungsstellen und auf die Anschaffung von Kartenlesern verzichten können (§ 87a Abs. 6, § 150 Abs. 6 und 7 AO-E).
  • Gebührenpflicht für die verbindliche Auskunft: Die Gebührenpflicht soll auf wesentliche und aufwändige Fälle beschränkt und bei Bagatellfällen auf eine entsprechende Kostenbelastung verzichtet werden. Wann ein wesentlicher und aufwändiger Fall anzunehmen ist, soll nach der Höhe des Gegenstandswerts (d. h. die steuerliche Auswirkung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts) bemessen werden. Eine Anknüpfung an die Bearbeitungszeit in der Finanzbehörde wäre für die Antragsteller hingegen nicht kalkulierbar, häufige Rechtsstreitigkeiten über die Angemessenheit der Bearbeitungsdauer wären wohl kaum vermeidbar. Die Änderung erfolgt nur mit Wirkung für die Zukunft. Wer eine verbindliche Auskunft vor Inkrafttreten der Neuregelung beantragt hat, hat dies in Kenntnis der zu diesem Zeitpunkt geltenden Gebührenpflicht getan. Eine Bagatellgrenze für den Gegenstandswert, ab dem die Gebühr erhoben wird, soll mit 10.000 Euro eingeführt werden (§ 89 AO-E).
  • Meldung von Auslandssachverhalten nur noch einmal jährlich: Für bestimmte Sachverhalte, wie beispielsweise die Gründung und den Erwerb von Betrieben und Betriebsstätten im Ausland, gilt bisher eine Meldepflicht von einem Monat nach Eintritt des Ereignisses. Künftig soll es ausreichend sein, das Finanzamt innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem das meldepflichtige Ereignis eintritt, zu unterrichten (§ 138 Abs. 3 AO-E).
  • Erleichterungen bei der elektronischen Rechnungsstellung: Die bisherige Regelung sieht für auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen hohe technische Anforderungen vor, die für die Belange der Umsatzsteuer deutlich reduziert werden sollen. Die Änderungen entsprechen den aktuellen Bestrebungen auf unionsrechtlicher Ebene. Am 13.07.2010 wurde die Richtlinie 2010/45/EU des Rates zu den Rechnungsstellungsvorschriften verabschiedet, die in nationales Recht umzusetzen ist. Hiernach sind ab dem 01.01.2013 zwingend Papier- und elektronische Rechnungen gleich zu behandeln (§ 14 UStG-E). Ausführlicher hierzu in den Deloitte Tax-News.
  • Einführung eines Feststellungsverfahrens für betriebliches Vermögen bei der Erbschaftsteuer: Die Angaben zur Ausgangslohnsumme und zur Anzahl der Beschäftigten sind notwendig, um prüfen zu können, ob die Lohnsummenbedingung im Sinne des § 13a ErbStG erfüllt ist. Bislang teilt das Betriebsstättenfinanzamt die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten nur nachrichtlich dem anfordernden Finanzamt mit, es stellt sie aber nicht förmlich fest. Bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen muss diese Prüfung auf jeder einzelnen Beteiligungsstufe erfolgen. Die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten sollen gesondert festgestellt werden, wenn der gemeine Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 BewG gesondert festgestellt wird (§ 153 Abs. 2 BewG-E, § 13a Abs. 1 ErbStG-E).
  • Anzeigen von Vermögensverwahrern und –verwaltern: Verdopplung der geltenden Bagatellgrenze von 5 000 Euro auf 10 000 Euro bis zu der Vermögensverwahrer und -verwalter auf eine Anzeige bei der Finanzverwaltung der von ihnen für den Erblasser verwahrten bzw. verwalteten Vermögensgegenstände verzichten können (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 ErbStDV-E).
  • Eröffnung der Möglichkeit zur elektronischen Übermittlung der Veräußerungsanzeigen nach § 18 GrEStG. (§ 22a -neu- GrEStG-E) 
  • Elektronische Abgabe der Erklärung zur Zerlegung der Körperschaftsteuer: Die Erklärung zur Zerlegung der Körperschaftsteuer (Zerlegungserklärung) ist eine Jahreserklärung, die bisher nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig vom gesetzlichen Vertreter zu unterschreiben ist. Im neuen Absatz 7 soll eine Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Zerlegungserklärung geschaffen werden. Die Zerlegungs-Erklärung soll erstmals für den Veranlagungszeitraum 2014 elektronisch abzugeben sein (§ 6 Abs. 7 ZerlG-E).

Maßnahmen bei der privaten Einkommensbesteuerung

  • Wegfall der Einbeziehung der abgeltend besteuerten Kapitaleinkünfte in die Ermittlung der zumutbaren Belastung und des Spendenabzugsvolumens (§ 2 Abs. 5b EStG-E).
  • Gleichstellung von Stipendien aus unmittelbaren und mittelbaren öffentlichen Mitteln (§ 3 Nr. 44 EStG-E)
  • Der Katalog der steuerfreien Einnahmen des § 3 EStG wird um solche Befreiungsvorschriften bereinigt, die heute in der Praxis keine Bedeutung mehr haben (Entschädigungen an ehemalige deutsche Kriegsgefangene, § 3 Nr. 19 EStG; Zinsen aus Schuldbuchforderungen nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz, § 3 Nr. 21 EStG; Ehrensold nach dem Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen, § 3 Nr. 22 EStG; Unterhaltsbeitrag und Maßnahmebeitrag nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, § 3 Nr. 37 EStG; Bergmannsprämien nach dem Bergmannsprämiengesetz, § 3 Nr. 46 EStG; Zuwendungen ehemaliger alliierter Besatzungssoldaten an ihre Ehefrauen, § 3 Nr. 49 EStG).
  • Entfernungspauschale: Die Vergleichsrechnung zwischen Entfernungspauschale und den tatsächlich entstandenen Kosten für die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln soll - entsprechend der Begrenzung der Entfernungspauschale auf 4 500 Euro - jahresbezogen vorzunehmen sein. Damit soll die Führung taggenauer Aufzeichnungen entfallen und der Steuerpflichtige muss nicht mehr darlegen, welche Wegstrecken zur Arbeit mit welchem Verkehrsmittel zurückgelegt wurden (§ 9 Abs. 2 S. 2 EStG-E).
  • Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Anhebung des jährlichen Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 920 Euro auf 1 000 Euro und somit Befreiung weiterer Arbeitnehmer vom Einzelnachweis (§ 9a EStG-E).
  • Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten: Nach der Neuregelung sind Kinderbetreuungskosten nur einheitlich als Sonderausgaben und nicht mehr auch wie Werbungskosten/Betriebsausgaben abziehbar. Die Unterscheidung nach erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten soll entfallen (§§ 9c, 10 EStG-E).
  • Erstattungsüberhänge von Sonderausgaben: Ergibt sich bei Sonderausgaben (z.B. bei Beiträgen für Haftpflichtversicherung) ein Erstattungsüberhang (die Erstattungen übersteigen die im laufenden Jahr geleisteten Aufwendungen), soll dieser im Jahr des Zuflusses bei der Ermittlung des Einkommens hinzugerechnet werden; dadurch wird vermieden, dass die Einkommensteuerveranlagung in dem Jahr der ursprünglichen Zahlung der Sonderausgabe geändert werden muss (§ 10 EStG-E).
  • Verbilligte Wohnraumüberlassung: Vereinheitlichung der Grenzen bei verbilligter Wohnraumüberlassung und Verzicht auf das Erfordernis einer Totalüberschussprognose in diesen Fällen. In den Fällen einer verbilligten Vermietung von weniger als 66% der ortsüblichen Miete soll ohne Prüfung einer Totalüberschussprognose generell eine Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil vorzunehmen sein. Bei Überschreiten der 66%-Grenze soll Vollentgeltlichkeit angenommen und ein ungekürzter Werbungskostenabzug zugelassen sein (§ 21 EStG-E).
  • Reduzierung der Veranlagungsarten für Eheleute: Abschaffung der getrennten und besonderen Veranlagung und Einführung einer Einzelveranlagung von Ehegatten erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 (§§ 25, 26, 26a EStG-E).
  • Abgabe von Einkommensteuererklärungen für zwei Jahre: Möglichkeit, die Einkommensteuererklärungen zweier aufeinander folgender Veranlagungszeiträume zusammen abzugeben. Das Wahlrecht soll für Steuerpflichtigen Anwendung finden, die keine Gewinneinkünfte erzielen. Einbezogen werden Steuerpflichtige mit relativ konstanten Einnahmen oder Einkünften, die einem Steuerabzug (Lohnsteuer, Abgeltungsteuer) unterliegen. Vollumfänglich vom Wahlrecht Gebrauch machen können daher z. B. aktive Arbeitnehmer (§ 19 Absatz 1 EStG), alle Bezieher von Alterseinkünften (§ 19 Absatz 2 und § 22 Nummer 1 Satz 3, Nummer 1a bis 1c und 5 EStG) und Bezieher von Kapitaleinkünften, die dem Steuerabzug unterliegen. Bezieht der Steuerpflichtige neben den vorstehenden Einkünften auch noch andere Überschusseinkünfte, gilt das Wahlrecht ebenfalls, wenn die Summe der jährlichen Einnahmen hieraus von untergeordneter Bedeutung sind und den Betrag von 13 000 Euro nicht übersteigen. Die Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für das „Erstjahr“ des Zweijahreszeitraums kann so verlängert werden (§ 25a -neu- EStG-E).
  • Wegfall der Einkünfte- und Bezügegrenze für volljährige Kinder beim Familienleistungsausgleich (§ 32 Abs. 4 EStG-E).
  • Befreiung von der Pflichtveranlagung bei Arbeitnehmern mit geringem Arbeitslohn bei zu hoher Mindestvorsorgepauschale; die Regelung soll bereits ab 01.01.2010 anzuwenden sein (§ 46 Abs. 2 Nr. 3 EStG-E). 
  • Erleichterte Nachweisanforderungen für Spenden in Katastrophenfällen (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 EStG-E).

Fundstelle

BMF, Referentenentwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011

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Erleichterung bei der elektronischen Rechnungsstellung geplant

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