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19.08.2015
Transfer Pricing

Bestimmung fremdüblicher Verrechnungspreise im Speditionsgeschäft

Bei Unternehmen aus dem Speditionsgeschäft steht der Einsatz von immateriellen Wirtschaftsgütern im Vordergrund. Es stellt sich hierbei die Frage, wie die internationale Ergebnisabgrenzung bei Intercompany-Transaktionen vorzunehmen ist. Im folgenden Beitrag werden typische Verrechnungspreismethoden wie der sog. Profit Share für das Speditionsgeschäft vorgestellt.

Einführung

Der Logistiksektor lässt sich grundsätzlich in drei Bereiche aufteilen: Lagerhaltung, Speditionsgeschäft und Transportwesen. Diese drei Bereiche sind eng miteinander verbunden und überschneiden sich teilweise. Grenzüberschreitende Transaktionen lassen sich insbesondere im Speditionsgeschäft beobachten, weshalb der Fokus dieses Beitrags im Folgenden auf dem Speditionsgeschäft liegen wird.

Typisch für das Speditionsgeschäft ist, dass die erbrachten Dienstleistungen hauptsächlich in der Koordination und Organisation von beteiligten Drittanbietern wie Transportunternehmen bestehen, wohingegen der Besitz von Sachanlagevermögen wie z.B. das Vorhandensein eines eigenen Fuhrparks für den Transport der Waren keine oder eine stark untergeordnete Rolle spielt. Im Vordergrund steht vielmehr der Einsatz von immateriellen Wirtschaftsgütern wie der Kundenstamm und das Netzwerk an externen Kooperationspartnern. Diese Art von Geschäftsmodell wird im Allgemeinen als Asset-Light-Modell bezeichnet.

Im Speditionsgeschäft erfolgt die Ergebnisabgrenzung zwischen den beteiligten Transaktionspartnern häufig auf Basis der sog. Profit Share Methode, bei der es sich um eine modifizierte Gewinnaufteilung handelt. Hierdurch soll die Wertschöpfung und der Einsatz der immateriellen Wirtschaftsgüter von den beteiligten Transaktionspartnern angemessen berücksichtigt werden. Von daher sind auch für die Speditionsbranche die Entwicklungen auf OECD-Ebene im Rahmen des BEPS-Projekts zu beachten. Zu nennen sind insbesondere der OECD Discussion Draft zur Maßnahme 8 „Hard-to-value intangibles“ und Maßname 10 „Draft on the use of profit splits in the context of global value chains“ und zur Maßnahme.

In diesem Beitrag wird deshalb die Funktions- und Risikoverteilung und die hierauf aufbauende Ermittlung von fremdüblichen Verrechnungspreisen unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen von Speditionsunternehmen vorgestellt.

Funktions- und Risikoverteilung im Speditionsgeschäft

Spediteure koordinieren den Weg der Güter vom Ursprungs- zum Zielort und beziehen dabei eine Reihe von Drittdienstleistern ein, die insbesondere Logistikdienstleistungen im Bereich des Flug- und Seetransports und des Abfertigungs- oder Frachtdiensts erbringen. Ein internationales Speditionsgeschäft kann entweder als Inbound- oder Outboundtransaktion stattfinden, wie das folgende Beispiel illustriert:

Ein Unternehmen in Deutschland (Unternehmen A) will den Transport von Gütern aus seinem Lager in Deutschland heraus zum Lager seiner Tochtergesellschaft in den USA beauftragen. Den Auftrag vergibt Unternehmen A an einen Spediteur mit Headquarter in Deutschland. Der Spediteur hat eine Tochtergesellschaft in den USA. Aus der Perspektive des deutschen Spediteurs handelt es sich um ein Outboundgeschäft, während es für die US-Speditionstochter ein Inboundgeschäft darstellt. Der deutsche Spediteur ist in diesem Fall das „Herkunftsunternehmen“, während die US-Speditionstochter das „Zielunternehmen“ ist.

Die Übernahme der Funktionen im Transport des Gutes von Unternehmen A verteilt sich dabei wie folgt zwischen den beiden Unternehmen:

a) Funktionen des Herkunftsunternehmens

  • Vorbereitung und Verpackung: Das Herkunftsunternehmen unterstützt seine Kunden in der Regel bei der Vorbereitung des Transports des Gutes, insbesondere bei der Verpackung.
  • Transport zur Exportstelle: Das Herkunftsunternehmen beauftragt ein Drittunternehmen mit dem Transport des Gutes vom Lager des Kunden zu der Stelle, von welcher der eigentliche Transport in das Land des Zielunternehmens beginnt (z.B. Flughafen oder Hafen).
  • Zollabfertigung: Das Herkunftsunternehmen assistiert seinem Kunden bei zollrelevanten Formalitäten und entsprechender Dokumentation, so dass die Zollabfertigung ohne Komplikationen verläuft und das Gut fertig für den Transport ist.
  • Koordination mit internationalen See- oder Lufttransportunternehmen: Das Herkunftsunternehmen organisiert den Transport des Gutes von internationalen See- oder Lufttransportunternehmen, überprüft die Verfügbarkeit entsprechender Frachträume, verhandelt entsprechende Honorare und stellt sicher, dass das Gut verladen wird (entweder auf ein Schiff oder ein Flugzeug).
  • Dokumentation: Da das Logistikwesen sehr dokumentenintensiv ist, stellt das Herkunftsunternehmen die erforderliche Dokumentation zusammen und versendet sie an das Zielunternehmen, damit es keine Probleme bei der Überführung des Gutes gibt.

b) Funktionen des Zielunternehmens

  • Versandverfolgung und Bearbeitung der Dokumente vom Herkunftsunternehmen: Die Verantwortlichkeit für das Management des Gütertransports hängt im Speditionswesen von der tatsächlichen Bewegung des Gutes ab. Im vorliegenden Beispiel bedeutet das, dass sobald sich das Gut auf dem See- oder Luftweg befindet, die Verantwortlichkeit für das Management an das Zielunternehmen übergeht. Das Zielunternehmen überprüft die Dokumentation, die ihm das Herkunftsunternehmen zugesandt hat, und sorgt dafür, dass die Dokumentation in Übereinstimmung mit lokalen Anforderungen ist. Darüber hinaus ist sie im stetigen Austausch mit dem internationalen See- oder Lufttransportunternehmen und verfolgt den Versand in Echtzeit.
  • Vorbereitung der erforderlichen Dokumente für die Überführung und Zollabfertigung: Das Zielunternehmen kümmert sich um jeglichen Formalitäten im Zusammenhang mit der Überführung und Zollabfertigung und informiert den Warenempfänger entsprechend.
  • Transport vom (Flug-)Hafen zum Zielort: Das Zielunternehmen organisiert den Transport des Gutes vom (Flug-)Hafen zum Zielort (in unserem Beispiel das Lager der Tochtergesellschaft von Unternehmen A in den USA).

Grenzüberschreitende Transaktionen im Speditionsgeschäft

Grenzüberschreitende Transaktionen mit Verrechnungspreisbezug treten insbesondere dann auf, wenn das Herkunfts- und das Zielunternehmen zur selben Unternehmensgruppe gehören. In dem Fall, dass die Rechnungsstellung an den Kunden des Herkunftsunternehmens erfolgt, muss das Herkunftsunternehmen das Zielunternehmen entsprechend vergüten. Sofern das Zielunternehmen die Rechnung stellt, muss das Zielunternehmen das Herkunftsunternehmen für seine Leistungen entlohnen. Dies muss im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz erfolgen.

Sofern das Herkunftsunternehmen kein verbundenes Unternehmen im Zielland hat, muss es ein Drittunternehmen im Zielland beauftragen, damit die Leistungen an den Kunden erbracht werden können. Sofern Preise für grenzüberschreitende Transaktionen zwischen fremden Dritten beobachtbar sind, können diese als Ausgangsbasis für die Verrechnungspreissetzung zwischen verbundenen Unternehmen verwendet werden. Nachfolgend werden typische Geschäftsmodelle im Speditionsgeschäft und damit verbundene Verrechnungspreisaspekte vorgestellt.

Anwendung von Verrechnungspreismethoden

Im Rahmen der besonderen Mitwirkungspflichten gemäß § 90 Abs. 3 AO deutsche Steuerpflichtige dazu verpflichtet, die Angemessenheit ihrer Verrechnungspreise zu dokumentieren. Hierfür ist eine Unternehmenscharakterisierung anhand der in der jeweiligen Transaktionsgruppe ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgüter (sog. Funktions- und Risikoanalyse) vorzunehmen. Ein Unternehmen, das lediglich Routinefunktionen ausübt, die auch am Markt bei fremden Dritten eingekauft werden könnten, dabei nur in geringem Umfang (immaterielle) Wirtschaftsgüter einsetzt und lediglich geringe Risiken trägt, ist als sog. Routineunternehmen zu charakterisieren. Dagegen wird ein Unternehmen, das über die wesentlichen (immateriellen) Wirtschaftsgüter verfügt, die erfolgskritischen Funktionen ausübt und die wesentlichen Risiken übernimmt, als sog. Entrepreneur eingestuft.

Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 AStG sind für die Bestimmung der Verrechnungspreise vorrangig die Standardmethoden (Preisvergleichsmethode, Wiederverkaufspreismethode und Kostenaufschlagsmethode) anzuwenden. Wenn die Standardmethoden ungeeignet sind, sollen gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 AStG andere geeignete Verrechnungspreismethoden angewendet werden. Dazu zählen die Nettomargenmethode (TNMM) und die Gewinnaufteilungsmethode.

Sofern Preise für grenzüberschreitende Transaktionen zwischen fremden Dritten (externer Preisvergleich) oder zwischen dem Speditionsunternehmen und einem fremden Dritten (interner Preisvergleich) beobachtbar sind, können diese als Ausgangsbasis für die Verrechnungspreissetzung zwischen dem Speditionsunternehmen und einer vergleichbaren Transaktion mit einem verbundenen Unternehmen verwendet werden.

Sofern die Preisvergleichsmethode z.B. auf Grund unterschiedlicher Tarife je Land als geeignete Verrechnungspreismethode ausscheidet, können kostenbasierte Verrechnungspreismethoden für die Ermittlung einer sachgerechten Vergütung von Routinedienstleistungen im Speditionsgeschäft in Frage kommen. Bei der Anwendung eines kostenbasierten Ansatzes ist darauf zu achten, dass die teilweise erheblichen Kosten für Drittleistungen (ohne eigenen Wertbeitrag) von der Kostenbasis ausgeschlossen werden und die Profitabilität lediglich auf Basis der eigenen wertschöpfenden Kosten verprobt wird.

Darüber hinaus werden Verrechnungspreise für Speditionsleistungen teilweise auf Basis fester Tarife (z.B. pro Kilogramm) festgelegt (sog. Rate Card Model). In diesen Fällen kommt oftmals nur eine Nettomargenbetrachtung in Frage.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass internationale Transaktionen im Speditionsgeschäft in vielen Fällen so ausgestaltet sind, dass eine Charakterisierung einer der Gesellschaften als Routinedienstleister ausscheidet. Dies hat zur Folge, dass kostenbasierte Verrechnungspreismethoden dann nicht den wirtschaftlichen Gehalt der in Rahmen dieser Transaktionen ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und eingesetzten immateriellen Wirtschaftsgüter widerspiegeln würden. Damit scheidet auch die Anwendung der TNMM aus.

Die Anwendbarkeit der oben genannten Methoden beschränkt sich zudem regelmäßig auf den sog. Vor- und Nachlauf, d.h. dem Haupttransport vor- und nachgelagerte Leistungen. Wie bereits eingangs erwähnt, ist typisch für das Speditionsgeschäft, dass die erbrachten Dienstleistungen hauptsächlich in der Koordination und Organisation von beteiligten Drittanbietern wie Transportunternehmen bestehen. Wesentliche Werttreiber dieses Geschäfts sind immaterieller Natur. Dies kommt insbesondere beim sog. Hauptlauf (in der Regel See- oder Luftfracht) zu tragen, da hier beide an der Transaktion beteiligten verbundenen Speditionsunternehmen wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter einsetzen: Wesentliche Werttreiber sind zum einen der Kundenstamm des Herkunftsunternehmens und zum anderen das Netzwerk an externen Kooperationspartnern des Zielunternehmens. Von daher ist in diesen Fällen die Gewinnaufteilungsmethode angemessen.

Dabei ist typisch für das Speditionsgeschäft, dass die Gewinnaufteilungsmethode auf Bruttomargenbetrachtung durchgeführt wird. Zum einen soll auf diese Weise beiden Transaktionspartnern ein Erlösanteil zugebilligt werden, der die eingesetzten immateriellen Wirtschaftsgüter angemessenen berücksichtigt. Zum anderen wird über die Bruttomargenbetrachtung sichergestellt, dass der Aufwand für die Verrechnungspreisermittlung nicht ins Unermessliche geht. Hintergrund ist, dass ein einzelner Kundenauftrag regelmäßig aus mehreren Einzeltransaktionen mit verschiedenen Transaktionspartnern besteht. Aus diesen Gründen hat sich die Betrachtung und Aufteilung der Gesamtbruttomarge im Speditionsgeschäft grundsätzlich bewährt.

Angesichts der Diskussionen auf OECD-Ebene im Rahmen des BEPS-Projekts ist allerdings damit zu rechnen, dass die Identifikation von immateriellen Wirtschaftsgütern und deren angemessene Vergütung zukünftig stärker im Fokus von Betriebsprüfungen stehen wird. Auf Grund der Komplexität der im Rahmen eines einzelnen Kundenauftrags involvierten Transaktionspartner und erbrachten Dienstleistungen ist eine Abgrenzung zwischen Routinetätigkeiten und Transaktionen, für die wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter eingesetzt werden, häufig nicht ganz einfach. Für die mittels Profit Share vergüteten Intercompany-Transaktionen ist es daher besonders wichtig aufzuzeigen, welche immateriellen Wirtschaftsgüter von den beteiligten Transaktionspartnern eingesetzt werden inwiefern diese sowohl qualitativ als auch quantitativ für die zu Grunde liegende Transaktion von Bedeutung sind.

Fazit und Ausblick

Typisch für das Speditionsgeschäft (Asset-Light-Modell) sind internationale Dienstleistungsstrukturen mit teilweise hoch integrierter Wertschöpfung. Im Vordergrund steht häufig der Einsatz von immateriellen Wirtschaftsgütern wie der Kundenstamm und das Netzwerk an externen Kooperationspartnern. Vor diesem Hintergrund erfolgt die Ergebnisabgrenzung zwischen den beteiligten Transaktionspartnern häufig auf Basis der sog. Profit Share Methode, bei der es sich um eine modifizierte Gewinnaufteilung handelt. Hierdurch soll die Wertschöpfung und der Einsatz der immateriellen Wirtschaftsgüter von den beteiligten Transaktionspartnern angemessen berücksichtigt werden.

Angesichts der Entwicklungen auf OECD-Ebene im Rahmen des BEPS-Projekts empfiehlt es sich auch für Speditionsunternehmen, mögliche Steuerrisiken aktiv zu managen und einen international konsistenten Ansatz zu wählen. Insbesondere für die mittels Profit Share vergüteten Intercompany-Transaktionen wird es zukünftig noch wichtiger sein, im Rahmen von Betriebsprüfungen eine gut durchdachte, verwertbare Dokumentation vorlegen zu können. So sollte in der Verrechnungspreisdokumentation aufgezeigt werden können, welche immateriellen Wirtschaftsgüter von den beteiligten Transaktionspartnern eingesetzt werden und inwiefern diese sowohl qualitativ als auch quantitativ für die zu Grunde liegende Transaktion von Bedeutung sind. Auf diesem Wege kann der Steuerpflichtige vermeiden, dass die (Gegen-)Beweislast beim Speditionsunternehmen liegt.

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