Zurück zur Übersicht
URL: http://www.deloitte-tax-news.de/transfer-pricing/bmf-rechtsverordnungsentwurf-zur-anwendung-des-fremdvergleichsgrundsatzes-auf-die-gewinnabgrenzung-zwischen-stammhaus-und-betriebsstaette.html
27.08.2013
Transfer Pricing

BMF: Rechtsverordnungsentwurf zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte

Hinweis: Am 28.08.2014 wurde die finale Fassung der Verordnung veröffentlicht. Siehe Deloitte Tax-News

Das Bundesministerium der Finanzen hat von seiner Ermächtigung in § 1 Absatz 6 AStG in der Fassung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) Gebrauch gemacht und am 05.08.2013 einen Entwurf der Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung – BsGaV) veröffentlicht. Der Rechtsverordnungsentwurf beinhaltet Regelungen zur Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte.

1. Das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG


Mit Beschluss vom 06.06.2013 hat der Deutsche Bundestag einen Vermittlungsvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat zum Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) angenommen, dem der Bundesrat am 07.06.2013 zugestimmt hat. Der Vorschlag wurde als komplette Neufassung des AmtshilfeRLUmsG formuliert und berücksichtigt nahezu alle im Dezember 2012 gefundenen Kompromisse zum seinerzeit gescheiterten JStG 2013. 

§ 1 Absatz 5 AStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG:
Begründung einer an international erarbeiteten Grundsätzen orientierten innerstaatlichen Rechtsgrundlage zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte
  

Das am 26.06.2013 ausgefertigte und am 29.06.2013 im Bundesgesetzblatt (BGBl I Nr. 32, S. 1809) verkündete AmtshilfeRLUmsG beinhaltet in seinem Artikel 6 Änderungen des Außensteuergesetzes.
Im Bereich des § 1 Außensteuergesetz (AStG) wurde durch das AmtshilfeRLUmsG vor allem ein neuer Absatz 5 eingefügt, der den Inhalt des OECD Betriebsstättenberichts 2010, der vom Rat der „Organisation for Economic Co-operation and Development“ (OECD) am 22.07.2010 verabschiedet und veröffentlicht worden ist, in innerstaatliches Recht umsetzt. Damit reagiert der Gesetzgeber auf internationale Entwicklungen im Bereich der Betriebsstättenbesteuerung. So beruht der OECD Betriebsstättenbericht 2010 auf international entwickelten Grundsätzen zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die grenzüberschreitende Aufteilung der Einkünfte zwischen einer Betriebsstätte und dem Unternehmen, zu dem sie gehört (sog. Authorised OECD Approach – AOA). Nach Auffassung der OECD-Mitgliedstaaten soll entsprechend der AOA-Gundsätze die grenzüberschreitende Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nunmehr auf Grundlage der uneingeschränkten Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte erfolgen. Im Rahmen der Gewinnabgrenzung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz soll die rechtlich unselbständige Betriebsstätte grundsätzlich wie ein fiktiv eigenständiges und unabhängiges Unternehmen behandelt werden. Diese geänderte Auffassung der OECD drückt sich durch die Neufassung des Artikel 7 OECD-MA 2010 aus (eine erstmalige vollständige Umsetzung des Artikel 7 OECD-MA 2010 in die deutsche DBA-Praxis erfolgte durch das am 17.11.2011 unterzeichnete DBA mit dem Fürstentum Liechtenstein).

Regelungen des § 1 Absatz 5 AStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG

Die an international erarbeiteten Grundsätzen orientierte innerstaatliche Rechtsgrundlage des § 1 AStG beinhaltet folgende Regelungen:

In § 1 Absatz 5 Satz 1 AStG wird die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes im Sinne des § 1 AStG auf Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 Satz 3 AStG, d.h. auf wirtschaftliche Vorgänge (anzunehmende wirtschaftliche Beziehungen) zwischen einem Unternehmen und dessen rechtlich unselbständiger Betriebsstätte, geregelt.

In § 1 Absatz 5 Satz 2 AStG wird festgelegt, dass die Betriebsstätte im Rahmen der grenzüberschreitenden Gewinnabgrenzung als eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu fingieren ist (Selbständigkeitsfiktion), es sei denn, die Zugehörigkeit der Betriebsstätte zum Unternehmen erfordert in Übereinstimmung mit internationalen Grundsätzen eine andere Behandlung. Diese Einschränkung der Selbständigkeitsfiktion trägt dem Umstand Rechnung, dass eine Betriebsstätte rechtlich und tatsächlich nur ein unselbständiger Teil des Unternehmens ist.

In § 1 Absatz 5 Satz 3 und 4 AStG wird das von der OECD vorgegebene zweistufige Verfahren der Gewinnzurechnung zu einer Betriebsstätte nach der neuen Auffassung der OECD geregelt:

  • In einem ersten Schritt (§ 1 Absatz 5 Satz 3 AStG) ist festzustellen, welche Funktionen die Betriebsstätte im Verhältnis zum restlichen Unternehmen durch ihr Personal (people functions) tatsächlich ausübt.
  • In einem zweiten Schritt (§ 1 Absatz 5 Satz 4 AStG) sollen auf der Basis dieser Analyse die (anzunehmenden) Geschäftsbeziehungen innerhalb des internationalen Einheitsunternehmens festgestellt und fremdvergleichskonform behandelt werden.

§ 1 Absatz 5 Satz 5 AStG stellt klar, dass die allgemeinen Grundsätze der Gewinnzurechnung zu einer Betriebsstätte auch im Verhältnis zu einem ständigen Vertreter anzuwenden sind.

Das Verhältnis zwischen den neu in das nationale Steuerrecht eingeführten Regelungen der Gewinnabgrenzung auf der Basis des Artikel 7 OECD-MA 2010 und den bereits bestehenden DBA auf der Basis des Artikel 7 OECD-MA 2008 sowie des Artikel 7 UN-MA ist fraglich. Für den Fall, dass internationale Besteuerungskonflikte entstehen, die auf den rechtlichen Unterschieden zwischen § 1 Absatz 5 Satz 1 bis 7 AStG und dem betreffenden DBA beruhen, räumt § 1 Absatz 5 Satz 8 AStG im konkreten Einzelfall und unter den dort aufgeführten Voraussetzungen dem jeweils mit dem anderen Staat abgeschlossenen DBA den Vorrang ein. Dadurch soll vermieden werden, dass Deutschland seine innerstaatlichen Besteuerungsrechte einseitig zu Lasten des anderen Vertragsstaates ausweitet.

Anwendbarkeit des § 1 Absatz 5 AStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG

Nach § 21 Absatz 20 AStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG ist § 1 Absatz 5 AStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG erstmals für Wirtschaftsjahre anwendbar, die nach dem 31.12.2012 beginnen.

2. § 1 Absatz 6 AStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG: Ermächtigung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte


§ 1 Absatz 6 AStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG enthält die Ermächtigung des BMF zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes, die sich über die bisherige Ermächtigung in § 1 Absatz 3 Satz 13 AStG hinaus auch auf die Einkünfteaufteilung bzw. Einkünfteermittlung in grenzüberschreitenden Betriebsstättenfällen erstreckt. § 1 Absatz 3 Satz 13 AStG wurde daher durch Artikel 6 des AmtshilfeRLUmsG aufgehoben.

Das BMF hat von seiner Ermächtigung in § 1 Absatz 6 AStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG Gebrauch gemacht und den Entwurf der „Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung – BsGaV)“ vom 05.08.2013 verfasst.

Laut BMF soll durch die Rechtsverordnung, noch konkreter als durch das Gesetz möglich, sichergestellt werden, dass von Steuerpflichtigen und Verwaltung wettbewerbsneutrale und im internationalen Kontext akzeptable Lösungen gefunden werden, die auf den international anerkannten Grundsätzen für die Einkünfteaufteilung von Betriebsstätten basieren. Dies sichert nach Ansicht des BMF das deutsche Besteuerungsrecht und hilft, internationale Besteuerungskonflikte zu vermeiden.

Zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes regelt der Rechtsverordnungsentwurf für inländische Unternehmen mit einer in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte sowie für ausländische Unternehmen mit einer inländischen Betriebsstätte u.a.: 

  1. Die Art und Weise der Berechnung der Betriebsstätteneinkünfte (Hilfs- und Nebenrechnung; in dieser Hilfs- und Nebenrechnung werden vor allem die der Betriebsstätte zuzuordnenden Vermögenswerte, ihr Dotationskapital und die übrigen, ihr zuzuordnenden Passiva sowie die Geschäftsvorfälle der Betriebsstätte erfasst); 
  2. Unter welchen Umständen anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen („Dealings“) zwischen einer Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen, zu dem sie gehört, vorliegen; 
  3. Welche Besonderheiten für bestimmte Branchen, insbesondere für Banken, für Versicherungen, für Bau- und Montageunternehmen und für Explorationsunternehmen zu beachten sind; 
  4. In welchen Fällen zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten von widerlegbaren Vermutungen auszugehen ist; dies ist notwendig, da eine rechtliche Abgrenzung auf der Basis des Zivil- oder Handelsrechts innerhalb eines Unternehmens nicht möglich ist.

Fundstellen

BMF, Entwurf einer Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Be-triebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstät-tengewinnaufteilungsverordnung – BsGaV) vom 05.08.2013
Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (AmthilfeRLUmsG), 29.06.2013, BGBL I 2013, S. 1809
Bundesrat, Beschluss zum AmtshilfeRLUmsG, 07.06.2013, BR-Drs. 477/13 (B)
Bundestag, Gesetzesbeschluss, 06.06.2013, BR-Drs. 477/13
Vermittlungsausschuss, Beschlussempfehlung zum AmtshilfeRLUmsG, 05.06.2012, BT-Drs. 17/13722

Englischer Beitrag zum Thema

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.