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21.04.2016
Transfer Pricing

Entwurf der Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung: Ständiger Vertreter

Nach der Umsetzung des AOA in § 1 Abs. 5 AStG und dessen Konkretisierung in der BsGaV sind die VWG BsGa der dritte Bestandteil dem grundsätzlichen Anliegen die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte Rechtssicherheit im Rahmen des sog. „Separate Legal Entity Approaches“ zu verleihen. Inwieweit dies auf Vertreterbetriebsstätten bzw. den ständigen Vertreter zutrifft, fasst der Beitrag zusammen.

Ständiger Vertreter - § 39 BsGaV (Rn. 418 – 423 VWG BsGa-E)

Der ständige Vertreter im Sinne des § 13 AO stellt aufgrund seiner von § 12 AO getrennten Regelung im Gesetz den Sonderfall einer Betriebsstätte dar, da bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 AO der Tatbestand einer Betriebsstätte losgelöst vom Vorhandensein einer festen Geschäftseinrichtung fingiert wird. Die BsGaV regelt dementsprechend in § 39 Abs. 1 BsGaV, dass die BsGaV sinngemäß auch für ständige Vertreter im Sinne des § 13 AO anzuwenden ist, da diese im Regelfall als abhängige Vertreter eine Vertreterbetriebsstätte gemäß Art. 5 Absatz 5 OECD-MA begründen.

Eine Vertreterbetriebsstätte kann sowohl durch natürliche Personen als auch durch selbständig unternehmerisch tätige natürliche Personen bzw. durch rechtlich eigenständige Unternehmen begründet werden.

Bei Anwendung der allgemeinen Regelungen der BsGaV auf Vertreterbetriebsstätten hat die Einkünfteermittlung auf Grundlage einer Funktions- und Risikoanalyse der Geschäftstätigkeiten des ständigen Vertreters für den Vertretenen einschließlich einer Zuordnung der mit diesen Geschäftstätigkeiten in Verbindung stehenden Vermögenswerte und Chancen zu erfolgen. Trotz dieser Prüfungsschritte und im Gegensatz zu den Verlautbarungen der OECD scheint die Finanzverwaltung an der Anwendung der sog. „Null-Summen-Theorie“ für die Gewinnermittlung der Vertreterbetriebsstätte festzuhalten. Die VWG BsGa-E beleuchten diesen Aspekt bezogen auf die einzelnen Erscheinungsformen der Vertreterbetriebsstätte und zeigen zudem auf, unter welchen Voraussetzungen die „Null-Summen-Theorie“ nicht anwendbar ist.

Natürliche Person als ständiger Vertreter

Eine Abkehr von der „Null-Summen-Theorie“, d.h. ein abgrenzbarer Gewinn oder Verlust der Vertreterbetriebsstätte kann nach Auffassung der Finanzverwaltung in Fällen entstehen, in denen eine natürliche Person (z.B. ein Arbeitnehmer) als Vertreter für ein Unternehmen tätig wird, und das Entgelt, das die natürliche Person für ihre (Dienst-) Leistungen erhält, nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Je nachdem, ob die der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnenden tatsächlichen Aufwendungen für die Vergütung der natürlichen Person höher oder niedriger sind als das fremdübliche Entgelt, entsteht auf Ebene der Vertreterbetriebsstätte ein Verlust oder Gewinn.

Selbständig unternehmerisch tätige natürliche Person bzw. ein rechtlich eigenständiges Unternehmen als ständiger Vertreter

Handelt eine natürliche Person selbständig unternehmerisch bzw. ein rechtlich eigenständiges Unternehmen als ständiger Vertreter für ein ausländisches Unternehmen und begründet hierdurch eine Vertreterbetriebsstätte, so regelt § 39 Absatz 2 BsGaV dass die Personalfunktionen, die vom Personal der selbständig unternehmerisch tätigen natürlichen Person bzw. des rechtlich eigenständigen Unternehmens für den Vertretenen ausgeübt werden, als eigene Personalfunktionen des Vertretenen zu behandeln sind (Abweichung vom Grundsatz gemäß § 2 Absatz 3 BsGaV). Andernfalls liefen die Regelungen der BsGaV ins Leere, d.h. es könnten für das vertretene Unternehmen mangels Ausübung von Personalfunktionen durch eigenes Personal im Ausland konsequenterweise keine Einkünfte im Quellenstaat entstehen.
Der in § 39 Absatz 2 BsGaV weit gefasste Wortlaut hinsichtlich der Zuordnung der Personalfunktionen: „[..] alle Personalfunktionen, die vom Personal des ständigen Vertreters für den Vertretenen ausgeübt werden.“ hat in der Praxis die Frage hinsichtlich der Interpretation dieses Wortlauts durch die Finanzverwaltung in Fällen, in denen das Unternehmen neben der Tätigkeit als ständiger Vertreter weitere (Dienst-)Leistungen für das vertretene Unternehmen erbringt, aufgeworfen. Unseres Erachtens sollte aus Rn. 422 VWG BsGa-E abgeleitet werden können, dass lediglich die Personalfunktionen der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnen sein sollten, die im Zusammenhang mit der Vertretertätigkeit stehen.

Wie eingangs erwähnt, nimmt die Finanzverwaltung sowohl in der Gesetzesbegründung zur BsGaV sowie in den VWG BsGa-E – und im Gegensatz zur Ansicht der OECD – an, dass trotz der Zuordnung der Personalfunktionen des Vertreters zum vertretenen Unternehmen, in vielen Fällen der Ertrag der Vertreterbetriebsstätte durch den korrespondierenden Aufwand kompensiert wird. Dies wird damit begründet, dass der für die Vertreterbetriebsstätte entstehende Ertrag im Regelfall vollständig an den Vertreter weitergegeben werden muss (sog. „Null-Summen-Theorie“).

Fall – Kapitalgesellschaft als ständiger Vertreter/Vertreterbetriebsstätte [Rn. 421 f. VWG BsGa-E]:

Unternehmen X (X) in Staat A beauftragt eine nahe stehende Person, die Kapitalgesellschaft Y (Y) mit Sitz und Geschäftsleitung in Staat B dort Waren, die X produziert hat, namens und im Auftrag von X zu verkaufen. Eigenes Personal von X ist nicht im Staat B tätig.

Lösung: Y ist ständiger Vertreter (§ 13 AO) von X und gleichzeitig Grundlage für die Annahme einer Vertreterbetriebsstätte von X in B. Da in dieser Vertreterbetriebsstätte mangels dort tätigem eigenen Personal von X keine Personalfunktionen von X ausgeübt werden, kann X nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 5 ff. BsGaV) nichts zugeordnet werden. Nach § 39 Absatz 2 BsGaV sind aber alle Personalfunktionen, die von Personal des ständigen Vertreters (hier: Y) für den Vertretenen (hier: X) ausgeübt werden, als eigene Personalfunktionen des Vertretenen zu behandeln.

Auf Grund von § 39 Absatz 2 BsGaV sind alle Vermögenswerte und Passivposten, Chancen und Risiken, die Y für seine Vertretertätigkeit braucht und die X oder Y gehören, zunächst der Vertreterbetriebsstätte/dem ständigen Vertreter (X) zuzuordnen. Das in der Hilfs- und Nebenrechnung der Vertreterbetriebsstätte/des ständigen Vertreters errechnete Ergebnis steht im Regelfall in vollem Umfang dem Vertreter Y (unbeschränkte Steuerpflicht in B) zu, so dass für den ständigen Vertreter/die Vertreter-betriebsstätte kein Gewinn verbleibt (beschränkte Steuerpflicht von X in B).

Die Anwendung der „Null-Summen-Theorie“ hätte zur Folge, dass soweit ein ständiger Vertreter bzw. eine Vertreterbetriebsstätte dem Grunde nach besteht, nationale und gegebenenfalls lokale Anmeldepflichten zu berücksichtigen und Befolgungskosten zu tragen wären, dieser Betriebsstätte im Regelfall aber kein Gewinn bzw. Verlust zuzuordnen wäre. Soweit eine Vertreterbetriebsstätte eines deutschen Unternehmens im Ausland vorliegt, wäre zudem zu prüfen, ob der Belegenheitsstaat der Betriebsstätte der Auffassung der deutschen Finanzverwaltung folgt.

Vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks der BsGaV sollte der Regelfall auf die Erbringung von Routinetätigkeiten (z.B. bloße Vermittlungstätigkeiten) beschränkt sein. Die Finanzverwaltung geht hierauf insoweit ein, als sie darlegt, dass die „Null-Summen-Theorie“ insbesondere dann nicht anzuwenden ist, wenn der Vertreterbetriebsstätte aufgrund der ihr zuzuordnenden Personalfunktionen auch eine sog. Risikoprämie zuzuordnen ist. Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll dies z.B. dann der Fall sein, wenn der Vertreter Risiken verwaltet, d.h. die für die Risiken maßgeblichen Personalfunktionen durch Personal des ständigen Vertreters ausgeübt werden, diese Risiken jedoch rechtlich allein das vertretene Unternehmen, d.h. die Vertreterbetriebsstätte zu tragen hat. In diesem Fall ist der Vertreterbetriebsstätte für die Übernahme des entsprechenden Risikos eine zusätzliche Vergütung (sog. Risikoprämie) zuzuordnen, während dem Vertreter nur ein Dienstleistungsentgelt für die Verwaltung der Risiken zusteht. Folglich weicht in dieser Konstellation das Ergebnis der Vertreterbetriebsstätte von dem Ergebnis des Vertreters ab, d.h. der Vertreterbetriebsstätte ist mithin ein Gewinn oder Verlust zuzuordnen.

Fortsetzung Fall Rn. 421 [Rn. 423 VWG BsGa-E]:

Für die Verkaufstätigkeit unterhält X im Staat B bei Y ein eigenes Lager für die Waren, die bis zur Veräußerung im Eigentum von X bleiben. Personal von Y kümmert sich um das Lagergebäude, fordert die Waren bei X an, lagert sie im Lager ein, und liefert die Waren aus. Eigenes Personal von X übt keine Personalfunktionen hinsichtlich des Lagers aus. Im Jahr 03 entsteht wegen eines Unwetters ein Schaden von 1.000 am Gebäude und von 500 an den eingelagerten Waren (nach Verrechnung mit Versicherungsleistungen wegen des Schadens). Y erzielt aus der Vertriebstätigkeit einen Gewinn von 200.

Lösung: Y versteuert ihren Gewinn von 200 im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht. X erzielt aus der Tätigkeit der Vertreterbetriebsstätte einen Verlust von 1.500 (verbleibender Schaden wegen des Unwetters), den X im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht in B erzielt (nach Ermittlung des Gewinns aus der Vertriebstätigkeit). Der Schaden betrifft Y nicht, da Y weder Eigentum an dem Lagergebäude noch an den eingelagerten Waren hat. Y trifft auch kein Verschulden am eingetretenen Schaden. Sowohl das Gebäude als auch die Waren sind aber wegen der Personalfunktionen von Y, die der Vertreter-betriebsstätte nach § 39 Absatz 2 BsGaV zuzuordnen sind, im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht von X in B anzusetzen.

Fundstelle

Entwurf eines BMF-Schreibens zur Betriebsstättengewinnaufteilung

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