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19.04.2018
Transfer Pricing

Italien: Verbesserte Zusammenarbeit bei bilateralen Verfahren und Entwurf zur erleichterten Gegenberichtigung bei Doppelbesteuerung

Durch eine Änderung der Zuständigkeit bei den italienischen Behörden kam es im Hinblick auf Verständigungsverfahren (MAP), EU-Schiedsverfahren (EUAP) und Vorabverständigungsverfahren (APA) zu einer effizienteren Verfahrenspraxis. Zudem wurde in Italien ein Verordnungsentwurf veröffentlicht, welcher bei Doppelbesteuerung auch unilateral eine Steuerberichtigung erleichtern soll.

1. Verbesserte Zusammenarbeit Italiens und Deutschlands bei bilateralen Verfahren

Hintergrund für die verbesserte Zusammenarbeit der deutschen und italienischen Steuerbehörden war eine Neuorganisation der Zuständigkeiten auf italienischer Seite im Januar 2017. Bis Ende 2016 war das italienische Ministerium für Wirtschaft und Finanzen für Verständigungsverfahren (MAP), EU-Schiedsverfahren (EUAP) und unilaterale und bilaterale Vorabverständigungsverfahren (APA) zuständig. Diese Kompetenzen wurden mit Wirkung ab Januar 2017 auf die italienische Steuerbehörde (Agenzia delle Entrate) übertragen, genauer gesagt, auf das dortige Büro für Vorabverständigungsverfahren und internationale Streitigkeiten (Ufficio Accordi preventivi e controversie internazionali), welches Teil der Zentralen Direktion für große Steuerpflichtige (Direzione Centrale Grandi Contribuenti) ist.

Der Grund für diese Neuorganisation lag in der bis dahin ineffizienten Verfahrenspraxis, welche insbesondere den mangelnden Mitarbeiterkapazitäten der zuvor zuständigen Einheit geschuldet war. Im Gegensatz zum italienischen Finanzministerium, welches lediglich über drei Mitarbeiter für die Abarbeitung der Fälle verfügte, setzt sich die zuständige Abteilung in der italienischen Steuerbehörde derzeit aus einem Abteilungsleiter, einem Manager und 13 Mitarbeitern zusammen. Weitere Gründe wie das Fehlen direkter Treffen mit den Steuerbehörden der Vertragsstaaten sowie verspätete Bearbeitungen seitens der italienischen Behörden trugen ebenso dazu bei, dass sich die offenen Fälle über die Zeit hinweg dramatisch anstauten. Ein Beleg hierfür ist die Zahl der offenen MAPs, die sich zum Ende des Jahres 2016 bereits auf 458 Fälle belief. In vielen Fällen sahen Steuerpflichtige gar von vornherein von einer Antragstellung ab.

In Folge der Neuorganisation in Italien kam es bereits im Jahr 2017 zu einer deutlich effizienteren Bearbeitung durch die italienischen Behörden. Der Informationsaustausch mit den Steuerbehörden der anderen in den bilateralen Verfahren involvierten Vertragsstaaten wurde u.a. durch einen gestiegenen E-Mail-Verkehr, vermehrte Telefonkonferenzen, dem Austausch von Positionspapieren und durch direkte Treffen intensiviert. Hierdurch konnte Italien mit seinen Vertragspartnern im Jahr 2017 immerhin insgesamt 131 MAPs diskutieren, von denen mit 70 MAPs über die Hälfte der Fälle zum Abschluss gebracht werden konnten. Aufgrund von 110 Neuanträgen waren allerdings Ende 2017 noch 498 MAPs offen.

Bei den APAs wurden 2017 122 Anträge gestellt und 37 abgeschlossen. Insgesamt waren bei den APA Verfahren im Jahr 2017 jedoch 318 APA Anträge noch ausstehend, wobei es sich bei 104 Fällen um bilaterale APAs handelte. Auch bezüglich der APAs, deren zunehmende Zahl von Anträgen sich in den letzten Jahren angestaut hatte, wird insbesondere bei den bilateralen Fällen mit einer schnelleren Bearbeitung zu Gunsten des Steuerpflichtigen durch die Wiederaufnahme von Verhandlungen durch die italienische Steuerbehörde gerechnet. Daneben wird ein Rückgang der Bedeutung der unilateralen APAs erwartet.

Hinsichtlich der bilateralen Verfahren mit Deutschland sind die zuständigen Mitarbeiter der italienischen Steuerbehörde und des BZSt im Jahr 2017 mit drei Treffen im Vergleich zu anderen Vertragsstaaten überdurchschnittlich oft zusammengekommen. Dabei konnten von 34 diskutierten Fällen insgesamt 18 Fälle gelöst werden.

2. Entwurf einer neuen Regelung für unilaterale Gegenberichtigungen

Am 23. Februar 2018 hat das italienische Finanzministerium einen Verordnungsentwurf zur Umsetzung der Bestimmungen des Artikels 31-quater der Verordnung 600/1973 veröffentlicht. Diese Verordnung soll es italienischen Steuerpflichtigen im Falle einer Doppelbesteuerung durch eine fremdvergleichskonforme Verrechnungspreisberichtigung im Ausland ermöglichen, bei den italienischen Steuerbehörden einen Antrag auf eine Gegenberichtigung in Form einer entsprechenden Reduzierung des zu versteuernden Einkommens zu stellen.

Für die erfolgreiche Antragsstellung müssen nach dem Entwurf jedoch folgende drei Kriterien erfüllt sein:

  •  Die ursprüngliche Steuerberichtigung im Ausland muss im Einklang mit   dem Fremdvergleichsgrundsatz stehen;
  • der berichtigende ausländische Staat muss ein Steuerabkommen mit Italien abgeschlossen haben, welches einen effektiven Informationsaustausch sicherstellt; und
  • die ursprüngliche Steuerberichtigung im Ausland muss abgeschlossen sein (letzteres muss durch eine Bescheinigung des ausländischen Staates nachgewiesen werden).

Die italienischen Steuerbehörden wären danach verpflichtet, innerhalb einer Frist von 180 Tagen über den Antrag zu entscheiden. Im Falle eines Informationsaustausches mit den ausländischen Behörden würde diese Frist ausgesetzt.

Bei einer Bewilligung der einseitigen Steuerberichtigung soll der Steuerpflichtige eine entsprechende Rückerstattung erhalten. Nach aktuellem Stand soll eine Aufrechnung mit einer Steuerschuld nicht möglich sein. Im Falle der Ablehnung stünde dem Steuerpflichtigen – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – weiterhin ein Verständigungsverfahren bzw. ein Schiedsverfahren nach der EU-Schiedskonvention offen.

Dieses Verfahren für eine unilaterale Gegenberichtigung soll dem Steuerpflichtigen somit neben den bilateralen Verfahren als weiteres Instrument zur Vermeidung von Doppelbesteuerung zur Verfügung stehen. Der Entwurf wurde mit der Bitte um Kommentare veröffentlicht. Weitere Details für die konkrete Anwendung der geplanten Neuregelung werden noch erwartet.

3. Schlussfolgerungen

Die Zusammenarbeit zwischen den deutschen und italienischen Steuerbehörden im Hinblick auf MAPs, EUAPs und APAs hat sich durch die weitaus effizientere Verfahrenspraxis auf italienischer Seite somit beträchtlich verbessert. Daher sollten Steuerpflichtige die Einleitung entsprechender Verfahren in geeigneten Fällen ernsthaft prüfen.

Zudem könnte dem Steuerpflichtigen in Italien in naher Zukunft ein klar geregeltes Verfahren zur Gegenberichtigung als alternatives, unilaterales Instrument zur Beseitigung von Doppelbesteuerung bei der Erfüllung bestimmter Kriterien eingeräumt werden. Dies könnte die Zahl der MAPs und EUAPs in Zukunft deutlich reduzieren und Steuerpflichtige könnten schneller und einfacher eine Einmalbesteuerung erreichen.

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