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19.09.2023
Transfer Pricing

Nachhaltigkeitskriterien im Rahmen konzerninterner Unternehmensfinanzierung: Implikationen von „Green Financing“ aus Verrechnungspreisperspektive

Nachhaltigkeits- und Umweltthemen sind seit längerem in der Unternehmenswelt und damit auch in der Verrechnungspreiswelt angekommen. In diversen Veröffentlichungen werden mögliche Implikationen von unternehmerischen "Environmental, Social and Governance" (ESG) -Initiativen und -Aktivitäten für Verrechnungspreise beleuchtet. Das Themenfeld konzerninterne Finanzierungstransaktionen wird dabei meist nur oberflächlich betrachtet. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Fragestellungen, welche sich aus dem sogenannten "Green-Financing" im Verrechnungspreisbereich ergeben. Dabei wird insbesondere die Rolle und Vergütung der Treasury-Abteilung genauer beleuchtet. 

Markt für Green-Financing

Der Green-Financing Markt ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. So wurden nach einem stetigen Anstieg in den Jahren zuvor im Jahr 2021 weltweit ca. 596,30 Mrd. EUR in „Green Bonds“ investiert. Der deutsche Finanzplatz spielt diesbezüglich eine starke Rolle und belegt im Hinblick auf das Volumen für das Jahr 2022 den zweiten Platz hinter China. Dieser Trend wurde nicht zuletzt durch die Verabschiedung einer neuen Nachhaltigkeitstaxonomie der Europäischen Union („EU“) im Jahr 2019 verstärkt. Durch sie sollen Anleger- und Investorengelder gezielt in Sektoren fließen, die sich durch nachhaltige oder umweltfreundliche Tätigkeiten auszeichnen, um so den Umbau der Wirtschaft voranzutreiben. Konkret hat die EU mit der Verabschiedung der Nachhaltigkeitstaxonomie einen Versuch unternommen eine einheitliche Definition nachhaltiger und umweltfreundlicher Tätigkeiten zu etablieren, um Teilnehmern am Kapitalmarkt anhand klar definierter Kriterien die Identifizierung von „grünen“ Investitionen zu erleichtern.

Trotz dieses Versuchs eine einheitliche Nomenklatur zu etablieren, ist die Definition von nachhaltigen und umweltfreundlichen Aktivitäten mitunter in der Praxis nicht immer trennscharf möglich. Zudem existieren eine Vielzahl von am Kapitalmarkt gehandelten Finanzinstrumenten, die es im Rahmen des Green Financing zu unterscheiden gilt. Insbesondere existieren Unterschiede im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsanforderungen, die sich Unternehmen durch die Emission auferlegen. Diese grünen Finanzinstrumente lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen:

  1. Finanzinstrumente, die zweckgebunden für die Finanzierung von nachhaltigen Projekten aufgesetzt werden; und
  2. Finanzinstrumente, die nicht zweckgebunden sind und deren Finanzierungskosten abhängig von der Erreichung von Nachhaltigkeitskriterien variieren.

Zur ersten Kategorie zählen u.a. Green Bonds oder grüne Schuldscheine. Die Erlöse aus der Emittierung dieser Instrumente werden zweckgebunden für die Finanzierung konkreter „grüner“ Projekte verwendet. Durch vorab erstellte Gutachten externer Agenturen wird im konkreten Einzelfall festgestellt, ob es sich tatsächlich um nachhaltige Projekte handelt, zu deren Zweck die Bonds oder Schuldscheine begeben werden sollen. Dadurch wird durch das emittierende Unternehmen ein starkes Signal an die Kapitalmarktakteure gesendet. Die International Capital Market Association („ICMA“) führt aus, dass sich u.a. Projekte mit Bezug zu erneuerbaren Energien, Energieeffizienz oder Verschmutzungsprävention und – kontrolle als grüne bzw. nachhaltige Projekte qualifizieren. Darüber hinaus wird i.d.R. mit fortschreitendem Projektfortschritt die partielle Verwendung der Emissionserlöse dokumentiert und an die Marktteilnehmer bzw. Investoren berichtet.

Zu den nicht zweckgebundenen Finanzinstrumenten zählen u.a. Sustainability-linked Bonds ("SLB“) oder Sustainability-linked Loans („SLL“). Bei diesen Finanzinstrumenten sind die finanziellen oder strukturellen Merkmale an die Erfüllung bestimmter Nachhaltigkeitsziele innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens geknüpft. Dies kann z.B. die Erreichung eines bestimmten ESG-Ratings, die Reduktion von Emissionen oder die Erhöhung von Recyclingquoten sein. Bei Nicht-Erfüllung fällt eine Strafe an, die in der Praxis bislang zumeist in einer höheren Coupon- bzw. Zinszahlung mündete. Das Zinsdifferenzial zwischen der Verzinsung im Fall der Zielerreichung vs. Nicht-Zielerreichung wird auch als „Step-up“ bezeichnet und liegt oftmals im Bereich von 5 bis 25 Basispunkten („bps“). Wie auch aus der folgenden Abbildung hervorgeht, scheint sich aktuell in der Praxis eine Obergrenze von 25 bps herauszubilden.

Das emittierende Unternehmen hat bei SLBs die Möglichkeit flexibel (oder ggf. gemeinsam mit potenziellen Investoren) die Nachhaltigkeitsziele (sog. Sustainability Performance Targets, SPT) eigenständig festzulegen. Konkret werden Leistungsindikatoren/Key Performance Indicators („KPIs“) bestimmt, anhand derer die Zielerreichung schlussendlich gemessen wird. Hierbei ist insb. das von den Emittenten selbstgesteckte Anspruchsniveau von Bedeutung, um gegenüber potenziellen Investoren glaubwürdig die Ernsthaftigkeit der eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen zu signalisieren. Zudem sollten die ausgewählten KPIs nicht nur die grüne Zielsetzung, wie z.B. die CO2 Reduktion, messen, sondern auch eine hohe Relevanz für die Geschäftstätigkeit haben. D.h. es reicht nicht allein, sich ein messbares grünes Ziel, wie z.B. die CO2 Reduktion, zu setzen, sondern dass Prozesse in denen CO2 entsteht, in der Geschäftstätigkeit auch wesentlich sein sollten. Die Überprüfung der KPI-Einhaltung sollte von externen Prüfern durchgeführt und gegenüber den Investoren publiziert werden.

Zusammenfassend gilt, dass die liquiden Mittel aus SLB und SLL nicht zweckgebunden zur Verfügung stehen und bei Bedarf auch der allgemeinen (nicht grünen) Unternehmensfinanzierung zur Verfügung stehen. Demnach können Emissionserlöse für die allgemeine Unternehmensfinanzierung herangezogen werden und der – wie oben dargestellt mitunter vergleichsweise moderate – Zinszuschlag ggf. bewusst in Kauf genommen werden.

Verrechnungspreisperspektive

Für die Steuerung und das Management der Konzernfinanzen ist regelmäßig die Treasury-Abteilung verantwortlich. Das heißt, dass die am Kapitalmarkt über die zuvor beschriebenen grünen oder nachhaltigen Finanzinstrumente aufgenommenen Mittel zunächst durch diejenige Gruppengesellschaft verwaltet wird, bei der die Treasury-Abteilung bzw. die Treasury-Funktion im Konzern angesiedelt ist. In einem nächsten Schritt werden die extern aufgenommenen Mittel dann konzernintern an diejenigen Gruppengesellschaften weitergeleitet, welche die Finanzierung für die nachhaltigen/ grünen Projekte benötigen.

Für die Untersuchung, welche Vergütung für die Treasury-Funktion aus Verrechnungspreisperspektive fremdüblich ist, ist eine sachgerechte Abgrenzung des Geschäftsvorfalls vor dem Hintergrund des jeweils zugrundeliegenden Finanzinstruments notwendig. Darüber hinaus sind die seitens der Treasury-Abteilung in diesem Zusammenhang ausgeübten Funktionen zu berücksichtigen sowie die damit verbundenen Risiken bzw. die Ausübung der Risikokontrolle.​

Bei den zweckgebundenen Finanzinstrumenten mit einem dezidierten Fokus auf nachhaltige Projekte wird ex-ante von externen Agenturen der nachhaltige Charakter des Investitionsvorhabens bestätigt. Die Treasury-Abteilung leitet die Emissionserlöse aus der Begebung von Green Bonds oder grünen Schuldscheinen in diesem Fall regelmäßig lediglich an die betreffende Gruppengesellschaft weiter und übt somit in diesem ESG-Bereich tendenziell eine Koordinations- und Vermittlerfunktion aus. Sie trägt ansonsten keinerlei weitere Risiken bzgl. der Verwendung der finanziellen Mittel. Durch die ex-ante Klassifizierung fallen explizit keine Monitoring- oder Screening-Funktionen an. Aus Verrechnungspreisperspektive ist für die Treasury-Abteilung tendenziell dann eine kostenorientierte Vergütung angemessen, da die Treasury-Abteilung lediglich eine Routinetätigkeit i.S. einer Weiterleitungs- bzw. Vermittlungsfunktion ausübt.

Bei den nicht zweckgebundenen Finanzinstrumenten sollte zwar eine externe Überprüfung durch unabhängige Agenturen existieren, dies entspricht aber nicht zwangsläufig einem dauerhaften und lückenlosen Monitoring der vom Unternehmen selbst gesetzten Nachhaltigkeits-Ziele bzw. KPIs. Für letzteres könnte die Treasury-Abteilung eine koordinierende Rolle einnehmen und auch einen Teil des Risikos der Nichterfüllung tragen. Die Treasury-Abteilung würde das „ESG-Dashboard“ monitoren und aktiv werden, wenn KPIs der nicht zweckgebundenen Finanzinstrumente einen kritischen Bereich erreichen. Einhergehend mit dieser Risikokontrolle würde die Treasury-Abteilung auch die Risikoträgerschaft übernehmen. D.h. die Zinszuschläge bei Nicht-Erfüllung der Nachhaltigkeits-Ziele bzw. KPIs nicht an die konzerninternen Mittelempfänger weitergeben, sondern selbst tragen.

Im Kontrast zum skizzierten Fall der zweckgebundenen Finanzinstrumente agiert die Treasury-Abteilung hier nicht nur als Vermittler, sondern kann – zumindest teilweise – auch bankenähnliche Funktionen übernehmen. So übt sie ggf. wesentliche Funktionen i.S. der Risikosteuerung und des Risikomanagements aus. Dazu gehört das Monitoring der mit den Nachhaltigkeitszielen verknüpften KPIs. Durch die Übernahme der beschriebenen Funktionen und Risiken ist eine kostenorientierte Routinevergütung nicht mehr in jedem Fall sachgerecht. Die Treasury-Abteilung kann ggf. einen Teil des Step-Ups, d.h. Zinszuschlag bei Nicht-Einhaltung bzw. Zinsabschlag bei Einhaltung, einbehalten und nicht an die konzerninternen Mittelempfänger durchleiten. Bei Nicht-Erfüllung muss sie allerdings den kompletten Step-Up an die externen Mittelgeber zahlen. Somit würde sie de facto einen Teil des (ESG-) Risikos tragen.

Im Übrigen kann eine Treasury Abteilung auch selbstständig konzerninterne SLB gestalten, und zwar unabhängig davon, ob externe SLB oder ähnliches aktuell vom Konzern zur Finanzierung genutzt werden. Für den Fall, dass der Konzern intern Anreize dafür setzen möchte, dass einzelne Konzerngesellschaften oder -bereiche verstärkt nachhaltig agieren, gleichzeitig aber vermeiden möchte, dass im Außenauftritt Image-Schäden entstehen, die mit dem Nicht-Erreichen von extern publizierten ESG-Zielen verbunden sind. So wäre ein konzerninterner SLB (ohne externen SLB) eine Möglichkeit dies mithilfe der Treasury Abteilung zu implementieren. Gerade in solchen Fällen übernimmt die Treasury Abteilungen wahrscheinlich in sehr großem Umgang bankenähnliche Aufgaben, die mit einer entsprechenden Vergütung verbunden sein sollte.​

Praxisimplikationen

Vor dem Hintergrund der dargestellten Fragestellung ist eine Verrechnungspreisanalyse in Bezug auf ESGFinancing grundsätzlich unerlässlich. Gerade bei SLB und SLL ist sorgfältig zu prüfen, welche Funktionen und Risiken die Treasury-Abteilung übernimmt (bzw. übernehmen kann) und ob sie sich ggf. als das Äquivalent einer Inhouse-Bank bezogen auf ESG qualifiziert. Betrachtet man allerdings die am Markt genutzten Step-Ups, die zu zahlen sind, wenn die ESG-Ziele der Finanzierung verfehlt werden, wird klar, dass die Thematik nur bei großen Transaktionen wirklich von praktischer Bedeutung ist. Die am Markt genutzten Step-Ups sind regelmäßig zu gering, um bei kleinen Transaktionen materiell zu werden. Bei größeren Transaktionen, die häufig auch bei Investment-Grade Unternehmen zu beobachten sind, kann das Thema allerdings größere Bedeutung erlangen. So stellen 25bps bei einem Bond mit einem Volumen von 1 Mrd. Euro schon 2,5 Mio. Euro p.a. dar, was regelmäßig über einer entsprechenden kostenbasierten Vergütung liegen dürfte. In derartigen Fällen ist also zu prüfen, welcher Anteil des Step-Ups von der Treasury-Abteilung vereinnahmt werden sollte. Darüber hinaus wird in der Fachwelt schon seit längerem kritisch diskutiert, dass der Step-Up von SLB in der Praxis zu gering (da zu wenig anreizkompatibel) sei und der Image-Schaden verfehlter Green-Financing Ziele in solchen Fällen ggf. das größere Problem darstelle. Sollten die Step-Ups in Zukunft steigen, würde das Thema auch aus Verrechnungspreissicht wesentlich an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus sollten auch jetzt schon im Rahmen der Verrechnungspreisanalyse von Green-Financing Transaktionen etwaige Image-Schäden miteinbezogen werden.​

Ihre Ansprechpartner

Felix Ebeling
Director

febeling@deloitte.de
Tel.: +49 211 8772 3191

Matthias Ostermann
Consultant

mostermann@deloitte.de
Tel.: +49 211 8772 6131

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