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05.07.2016
Unternehmensrecht

Ablehnung der Beurkundung einer GmbH-Gründung durch einen Schweizer Notar - Keine Gleichwertigkeit des Schweizer Beurkundungsverfahrens

Unwirksamkeit der GmbH-Gründung bei Beurkundung durch Schweizer Notar

Die Beurkundung einer GmbH-Gründung durch einen Schweizer Notar (Kanton Bern) genügt nicht den Formerfordernissen des deutschen Rechts, da das Schweizer Beurkundungsverfahren derart von den Vorgaben des deutschen Rechts abweicht, dass nicht mehr von einer Gleichwertigkeit der Beurkundung gesprochen werden kann.

Problem

Das AG Charlottenburg (AG) (99 AR 9466/15) hatte darüber zu entscheiden, ob die Beurkundung der Gründung einer deutschen GmbH von einem Schweizer Notar wirksam vorgenommen werden konnte.

Entscheidung

Das AG hat dies verneint und die Eintragung der GmbH im Handelsregister mit der Begründung abgelehnt, dass die Beurkundung der Gründung der GmbH durch einen im Kanton Bern ansässigen Schweizer Notar dem deutschen Beurkundungsverfahren nicht entspricht.

Die Frage, ob ein ausländischer, insbesondere Schweizer Notar eine GmbH-Gründung beurkunden kann, ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden. Das AG setzt sich zur Begründung seiner Entscheidung ausführlich und kritisch mit anderen und bereits vom BGH entschiedenen Fallkonstellationen der Auslandsbeurkundung auseinander. Diese betrafen vornehmlich Beurkundungen von (anderen) Vorgängen des deutschen Gesellschaftsrechts durch Schweizer Notare.

In der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1981 ging es um die Beurkundung der Änderung einer GmbH-Satzung durch einen Notar im Kanton Zürich. Ein weiteres BGH-Urteil aus dem Jahr 1989 befasste sich mit der Wirksamkeit der Beurkundung der Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen in der Schweiz. Die jüngere BGH-Entscheidung aus dem Jahr 2013 hatte vornehmlich die Einreichung einer neuen GmbH-Gesellschafterliste durch einen Basler Notar beim deutschen Handelsregister nach ebenfalls von diesem Notar vorgenommener Beurkundung der Anteilsabtretung zum Gegenstand. Im jüngsten Urteil aus dem Jahr 2014 ging es schließlich um die Zulässigkeit der notariellen Protokollierung einer Hauptversammlung im Ausland.

In all diesen Entscheidungen hatte der BGH die Wirksamkeit der Beurkundung im Ergebnis bestätigt. Zugrundeliegendes Entscheidungskriterium des BGH war dabei stets das sogenannte Gleichwertigkeitsprinzip. Hiernach muss die Beurkundung im Ausland einer deutschen Beurkundung gleichwertig sein. Dies sei dann der Fall, wenn die Beurkundung durch einen ausländischen Notar erfolge, der eine dem deutschen Notar vergleichbare Stellung innehat und das nach ausländischem Recht einzuhaltende Beurkundungsverfahren den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspreche.

Im vorliegenden Fall verneint das AG die Gleichwertigkeit des im Kanton Bern einzuhaltenden Beurkundungsverfahrens. Diesem sei die Verlesungspflicht im Hinblick auf die gesamte Niederschrift fremd. Eine Verletzung der Verlesungspflicht führe nach deutschem Recht zur Nichtigkeit der Beurkundung. Auch sei ein genereller Verzicht auf die notariellen Belehrungs- und Prüfungspflichten durch die Wahl eines ausländischen Notars nicht möglich. Nur in Ausnahmefällen könne die Belehrung durch den deutschen Notar entfallen, beispielsweise, wenn die Beteiligten nicht schutzwürdig seien.

Auch das vom BGH in seinen jüngsten Entscheidungen angeführte Argument, dass der Zweck der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages in der materiellen Richtigkeitsgewähr liege, spreche gegen die Gleichwertigkeit des ausländischen Beurkundungsverfahrens, da diese materielle Richtigkeitsgewähr - mangels Kenntnis des deutschen Gesellschaftsrechts - durch einen ausländischen Notar, gerade nicht gewährleistet werden könne. Anders als bei einer notariellen Beglaubigung soll bei der Beurkundung nicht nur die Identität der Beteiligten zweifelsfrei festgestellt werden, sondern der Notar sachlich zu dem Inhalt der zur beurkundenden Erklärungen Stellung nehmen.

Praxishinweis

Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Auslandbeurkundung einer GmbH-Gründung und der generellen Rechtsunsicherheit bei der Anerkennung nichtdeutscher Beurkundungen ist der Weg ins Ausland grundsätzlich für alle Beurkundungsverfahren weiterhin mit Vorsicht zu genießen. Dies gilt insbesondere für beurkundungspflichtige statusrelevante Maßnahmen (Gesellschaftsgründung oder Satzungsänderungen), aber auch für Strukturmaßnahmen nach dem Umwandlungsrecht. Auch wenn es Entscheidungen – auch von Obergerichten – gibt, die das vom BGH begründete Gleichwertigkeitserfordernis für Notare in den Niederlanden, Österreich und der Schweiz für bestimmte Fallkonstellationen bejaht haben, ist dies kein genereller Freifahrtschein für Auslandsbeurkundungen. Nach wie vor gibt keine 100%ige Rechtssicherheit für die Wirksamkeit von Auslandsbeurkundungen. Insbesondere auch die Tatsache, dass bestimmte in der Schweiz vorgenommene Beurkundungen von der Rechtsprechung als dem Gleichwertigkeitsprinzip entsprechend und wirksam anerkannt wurden, darf nicht dahin missverstanden werden, pauschal für die gesamte Schweiz von einer Gleichwertigkeit auszugehen, da das Beurkundungsverfahren von Kanton zu Kanton unterschiedlich geregelt ist. Angesichts der drastischen Konsequenzen, die eine Unwirksamkeit von Beurkundungsvorgängen nach sich ziehen kann – insbesondere, wenn die Unwirksamkeit erst Jahre später festgestellt wird – und dem Aufwand, der mit dem Versuch einer „Heilung“ unwirksamer Vorgänge einhergehen kann, sollte von der Auslandsbeurkundung nur in besonders begründeten Ausnahmefällen und nach sorgfältiger Prüfung Gebrauch gemacht werden. Im Rahmen der Abwägung sollten auch die neueren kostenrechtlichen Vorschriften, zum Beispiel für die Beurkundung gruppeninterner Geschäftsanteilsübertragungen, berücksichtigt werden.

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