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23.09.2014
Unternehmensrecht

Anmerkungen zur Haftung des Geschäftsführers in der Krise der GmbH

Der Geschäftsführer einer GmbH ist einer Reihe von Risiken ausgesetzt, die seine persönliche Haftung gegenüber der Gesellschaft, aber auch gegenüber Dritten, begründen können. Die Anforderungen an den Geschäftsführer steigen in der Krise der Gesellschaft jedoch noch einmal an. Das Grundmodell des gesetzlichen Haftungsregimes soll in diesem Beitrag überblicksmäßig erläutert werden.

I. Allgemeine Haftungstatbestände - Überblick

Im Verhältnis zur Gesellschaft besteht die die grundsätzliche Pflicht des Geschäftsführers zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns (§ 43 Abs. 1 GmbH). Für Verstöße gegen diese Verpflichtung, die zu einem Schaden führen, greift die allgemeine Haftung des Geschäftsführers (§ 43 Abs. 2 GmbHG). Weiterhin normiert ist eine Haftung für Zahlungen der Gesellschaft, die das erforderliche Stammkapital beinträchtigen (§ 43 Abs. 3 GmbHG). Gegenüber außenstehenden Dritten kommt auch eine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 2 GmbHG in Verbindung mit Schutzgesetzen (z.B. dem Tatbestand der Untreue gem. § 266 StGB oder der Regelung zur Insolvenzantragspflicht gem. § 15a InsO) in Betracht. Zusätzlich erhöhte Anforderungen an den Geschäftsführer resultieren sodann aus § 64 S. 1 und S. 3 GmbHG. Diese Vorschriften sehen eine Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen vor, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung erfolgen oder eine Zahlungsunfähigkeit hervorrufen.

II. Haftungstatbestände in der Krise der GmbH

Die Regelungen des § 64 GmbHG statuieren ein haftungsbewehrtes Zahlungsverbot zum Schutz der Gläubiger der GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife. Ziel der Vorschrift ist es, eine Schmälerung (oder sogar „Ausplünderung“) der Insolvenzmasse im Vorfeld einer Insolvenz der GmbH zu Lasten der Gläubiger der Gesellschaft zu verhindern. Hat ein Geschäftsführer seine Massesicherungspflicht verletzt, soll das Gesellschaftsvermögen zum Zwecke der Verteilung an die Gläubiger und zu Lasten des Geschäftsführers daher wieder aufgefüllt werden.

1. Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (§ 64 Satz 1 GmbHG)

Von Bedeutung ist insbesondere § 64 S. 1 GmbHG. Danach hat ein Geschäftsführer der Gesellschaft solche Zahlungen der GmbH aus seinem persönlichen Vermögen zu erstatten, die er nach Eintritt der Insolvenzreife (d. h. bei Eintritt der Zahlungsfähigkeit oder der insolvenzrechtlichen Überschuldung) vorgenommen hat. Lediglich solche Zahlungen, die mit der kaufmännischen Sorgfalt vereinbar waren, lösen keine Haftung des Geschäftsführers aus.

a) Zahlungen der Gesellschaft

Der Begriff der Zahlung ist sehr weit auszulegen, so dass z. B. nicht nur Barauszahlungen oder Überweisungen von einem (im Guthaben geführten) Konto, sondern auch sonstige Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen gemeint sind. Dabei kann aber ein durch die Zahlung in das Vermögen der Gesellschaft gelangter Gegenwert berücksichtigt werden. Nicht erforderlich ist allerdings wiederum, dass der Geschäftsführer die Zahlung selbst vorgenommen oder angeordnet hat. Ausreichend ist es auch, dass er sie hätte verhindern können. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Eingänge auf einem debitorisch geführten Konto der Gesellschaft als Zahlungen an die kontoführende Bank anzusehen sein können, da sie grundsätzlich zunächst nur die gegenüber der Bank bestehende Darlehensverbindlichkeit verringern. Um eine Haftung in solchen Fällen zu vermeiden, sollte der Geschäftsführer daher ein neues, ausschließlich auf Guthabenbasis geführtes Konto bei einer anderen Bank eröffnen und zu erwartende Zahlungen von Gläubigern unverzüglich auf ein solches Konto leiten.

b) Zulässige Zahlungen - Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns

Die Ersatzpflicht ist allerdings ausgeschlossen bei Zahlungen, die auch nach Eintritt der Insolvenzreife „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns“ vereinbar sind (§ 64 S. 2 GmbHG). Dies gilt z.B. für Zahlungen, die nicht zu einer Schmälerung der Insolvenzmasse führen, die unerlässlich sind, um den sofortigen Zusammenbruch der GmbH zu verhindern oder um Sanierungsmaßnahmen innerhalb der Dreiwochenfrist des § 15a InsO nicht zu gefährden. Privilegiert sind nach der Rechtsprechung aber auch Zahlungen von rückständigen Lohn- und Umsatzsteuern und Zahlungen von rückständigen Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung. Hintergrund dieser Rechtsprechung ist es, dem Geschäftsführer eine Pflichtenkollision dahingehend zu ersparen, dass er einerseits Zahlungen zur Vermeidung einer Haftung unterlässt, andererseits aber Bußgelder (z. B. im Falle der Nichtzahlung von rückständigen Steuern) oder sogar eine Strafbarkeit (z.B. im Falle der Nichtzahlung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung) riskiert.

c) Verschulden

Schließlich ist festzuhalten, dass eine Haftung stets ein Verschulden des Geschäftsführers voraussetzt; einfache Fahrlässigkeit ist daher ausreichend, um eine Haftung zu begründen. Ein Verschulden wird zudem stets vermutet, so dass es dem Geschäftsführer obliegt, darzulegen und zu beweisen, dass der Eintritt der Insolvenzreife für ihn nicht erkennbar war. Der Geschäfts-führer muss daher die finanzielle Lage der Gesellschaft ständig genau beobachten. Ab dem Eintritt einer Krise der GmbH trifft den Geschäftsführer dann eine nochmals gesteigerte Überwachungs- und Beobachtungspflicht, und zwar ungeachtet einer etwaigen Ressortaufteilung. Aus diesem Grunde können auch Handlungen eines Mitgeschäftsführers haftungsbegründend sein, wenn diese dem anderen Mitgeschäftsführer hätten auffallen müssen. Ein Verschulden kann der Geschäftsführer aber wiederum vermeiden, wenn er qualifizierte externe Beratung in Anspruch genommen hat (und sich dann auch entsprechend verhält).

2. Auslösung der Zahlungsunfähigkeit (§ 64 Satz 3 GmbHG)

Nur informatorisch soll an dieser Stelle noch die Haftung des Geschäftsführers gem. § 64 S. 3 GmbHG erwähnt werden. Im Gegensatz zu § 64 S. 1, der Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung betrifft, verpflichtet diese Regelung Geschäftsführer zum Ersatz von Zahlungen an Gesellschafter, die die Zahlungsunfähigkeit erst ausgelöst haben.

III. Fazit

Geschäftsführer einer GmbH sind gut beraten, zur Vermeidung einer Haftung in Form einer persönlichen Inanspruchnahme eine angemessene Organisation sicherzustellen, mit deren Hilfe sie die finanzielle und wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets im Blick haben, um eine Krise erkennen zu können und um im Falle der Insolvenzreife nicht in die Gefahr zu geraten, für Zahlungen der Gesellschaft persönlich aufkommen zu müssen.

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