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14.11.2016
Unternehmensrecht

Arbeitsunfähigkeit während der kündigungsbedingten Freistellung - Direktionsrecht bei Freistellung zum Überstundenausgleich

Wirksamkeit der Anrechnung von Überstunden bei Freistellung während der Kündigungsfrist wird durch nachträglich eintretende Arbeitsunfähigkeit nicht berührt.

Das LAG Rheinland-Pfalz hat am 19. November 2015 (5 Sa 342/15) bestätigt, dass die einseitige Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist unter Anrechnung von Überstunden den Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Freizeitausgleich auch dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer im Freistellungszeitraum arbeitsunfähig erkrankt.

Sachverhalt

Der Arbeitsvertrag des Klägers, einem Industriemechaniker, wurde arbeitgeberseitig ordentlich gekündigt. Für die Dauer der Kündigungsfrist wurde der Kläger unter Anrechnung von bestehenden Urlaubsansprüchen sowie Guthabenstunden auf seinem Arbeitszeitkonto unwiderruflich freigestellt. Diese Freistellung bestätigte die Beklagte noch einmal schriftlich während des anschließenden Kündigungsschutzverfahrens. Nachdem eine gütliche Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu erzielen war, nahm die Arbeitgeberin die Kündigung zurück und forderte den Kläger auf, wieder zur Arbeit zu erscheinen. Der Kläger legte für den Zeitraum ab dem bestätigenden Freistellungsschreiben bis zum Tag nach Rücknahme der Kündigungserklärung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor und blieb auch in der Folgezeit krankgeschrieben. Die Arbeitgeberin kürzte das Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto für die Dauer der Freistellung trotz der bestehenden Arbeitsunfähigkeit, woraufhin der Kläger auf Gutschrift von 66,75 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto klagte.

Das LAG wies die Klage – ebenso wie die Vorinstanz – ab und ließ die Revision nicht zu.

Urteil des LAG

Das LAG stützt seine Entscheidung darauf, dass die Beklagte als Arbeitgeberin kraft ihres arbeitgeberseitigen Direktionsrechts nach § 106 S. 1 GewO einseitig berechtigt war, die auf dem Arbeitszeitkonto angesammelten Stunden durch bezahlte Freizeit auszugleichen, so dass es auf die Wirksamkeit der vertraglichen Freistellungsklausel nicht ankomme. Überstunden seien zwar regelmäßig gesondert zu vergüten, es könne aber auch – wie im vorliegenden Fall in Form des Arbeitszeitkontos – ein bezahlter Freizeitausgleich vereinbart werden. Die Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte habe auch billigem Ermessen entsprochen, da die Beklagte nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ein berechtigtes Interesse daran habe, die auf dem Arbeitszeitkonto angesammelten Überstunden des Klägers durch bezahlte Freizeit auszugleichen. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 11. September 2003, 6 AZR 374/02) verneinte das LAG auch eine entsprechende Anwendung des § 9 BUrlG, wonach der Urlaubsanspruch während Tagen der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit nicht erlösche. Anders als die Urlaubsgewährung diene der bezahlte Freizeitausgleich nicht einem zusätzlichen Erholungsbedürfnis, sondern der Einhaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Auch ein Verstoß gegen das EFZG sei nicht gegeben, da dieses den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers vor einem ansonsten eintretenden Verlust infolge von Arbeitsunfähigkeit schütze, nicht jedoch die Nutzung seiner Freizeit.

Praxishinweis

Das LAG stärkt das Direktionsrecht des Arbeitgebers im Rahmen der Arbeitszeiteinteilung dahingehend, dass der Freizeitausgleichsanspruch eines Arbeitnehmers im Rahmen einer unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen und sonstigen Freizeitausgleichsansprüchen erklärten unwiderruflichen Freistellung trotz der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers während dieser Freistellung erfüllt werden kann. Eine Verrechnung von Arbeitszeitguthaben ist also ungeachtet der Arbeitsunfähigkeit möglich und führt zu einem Erlöschen des Guthabens auf dem Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers. Erfolgt eine Freistellung bei noch bestehendem Arbeitszeitguthaben, sollte daher stets dessen Anrechnung erklärt werden.

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