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04.06.2014
Unternehmensrecht

BGH: Nichtigkeit von Beschlüssen bei der fehlerhaften Einberufung von Gesellschafterversammlungen in Personengesellschaften

Sachverhalt

Der Kläger und die Beklagten waren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (nachfolgend: „GbR“), die sämtliche Aktien einer Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft AG hielt. Aufgrund von Streitigkeiten mit dem Kläger riefen die Beklagten eine Gesellschafterversammlung der GbR ein, in der sie die Ausschließung des Klägers aus der Gesellschaft beschlossen. Der Kläger rügte in dieser Gesellschafterversammlung, dass die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Ladungsfrist von drei Wochen nicht eingehalten worden sei. Daraufhin beriefen die Beklagten eine weitere Gesellschafterversammlung ein, in der sie den Beschluss über den Ausschluss des Klägers wiederholten. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Klage, da die Beklagten auch für diese Gesellschafterversammlung nicht die dreiwöchige Frist eingehalten hatten. Tatsächlich hatten die Beklagten die Einladungsfrist für beide Gesellschafterversammlungen stets nur um einen Arbeitstag zu kurz bemessen.

Begründung

Der BGH entschied, dass der von den Beklagten gefasste Beschluss über die Ausschließung des Klägers trotz der zu kurzen Ladungsfrist nicht unwirksam war. Er hebt zunächst den Zweck von gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Ladungsbestimmungen hervor: Die Gesellschafter sollen hinreichend die Möglichkeit haben, sich auf die Gesellschafterversammlung vorzubereiten, um dort ohne Einschränkungen teilnehmen zu können. Verstöße gegen die Form, Frist und den Inhalt der Einberufung einer Gesellschafterversammlung bei Personengesellschaften führen nach seiner Auffassung demnach nur dann zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Zustandekommen der Beschlüsse durch den Verfahrensmangel – hier der nicht fristgerechten Ladung – beeinflusst ist.

Vorliegend habe die Verkürzung der Einberufungsfrist jeweils um einen Arbeitstag dem Kläger aber weder seine Möglichkeit zur angemessenen Vorbereitung auf die Gesellschafterversammlung noch seine entsprechende Teilnahme eingeschränkt. Der Kläger habe nicht vorgetragen, dass er aufgrund der verkürzten Ladungsfrist keine Zeit hatte, sich die notwendigen Erkundigungen zu beschaffen, sich angemessen beraten zu lassen oder eine gütliche Einigung mit den Beklagten zu treffen und es deshalb nicht zu den Beschlüssen über seinen Ausschluss gekommen wäre. Es sei also auszuschließen, dass die Beschlüsse über den Ausschluss des Klägers aus der Gesellschaft auch bei einer ordnungsgemäßen, fristgerechten Einberufung der Versammlung unterblieben oder anders gefasst worden wären.

Anmerkungen

Das Urteil des BGH zeigt, dass formale Mängel bei der Einberufung von Gesellschafterversammlungen in Personengesellschaften nicht automatisch zur Nichtigkeit der dort gefassten Beschlüsse führen, wie es aber das Gericht in der Vorinstanz angenommen hatte. Im vorliegenden Fall leuchtet dieses Ergebnis besonders ein, weil die Ladungsfrist mit drei Wochen ohnehin großzügig bemessen war und der Kläger aufgrund der nur minimal verkürzten Ladungsfrist offensichtlich genug Zeit hatte, sich auf die Gesellschafterversammlungen vorzubereiten. Gesellschafter von Personengesellschaften sollten das Urteil des BGH dennoch nicht dergestalt interpretieren, dass generell Mängel bei der Einberufung nicht zur Unwirksamkeit der entsprechenden Beschlüsse führen. Insbesondere bei kürzeren Einberufungsfristen für Gesellschafterversammlungen, wie etwa einer Woche, steigt das Risiko, dass sich Mitgesellschafter erfolgreich auf die Verletzung ihrer Vorbereitungs- und Teilnahmemöglichkeiten berufen können.

Da der BGH in seinem Urteil ausdrücklich auf „Personengesellschaften“ Bezug genommen hat, gelten seine Ausführungen auch für Beschlüsse in einer OHG, KG und GmbH & Co. KG. Ein vergleichender Blick in das GmbH-Recht zeigt, dass dort Einberufungsmängel ebenfalls nicht ohne weiteres zur Folge haben, dass sich die Gesellschafter auf die Unwirksamkeit von Beschlüssen berufen können. Ist zweifelsfrei auszuschließen, dass der Beschluss auch bei einer ordnungsgemäßen Einberufung zustande gekommen wäre, ändert dies nichts an der Wirksamkeit des Beschlusses. Im Übrigen ist bei einer GmbH zu beachten, dass die Gesellschafter einen möglicherweise fehlerhaften Beschluss in der Regel innerhalb eines Monats mit einer Anfechtungsklage angreifen müssen, da ansonsten – auch der tatsächlich fehlerhafte – Beschluss Wirksamkeit entfaltet. Eine Ausnahme hiervon bilden auf besonders schwerwiegenden Mängeln beruhende Beschlüsse, deren Unwirksamkeit ohne Fristen geltend gemacht werden kann. Im Unterschied zum GmbH-Recht gilt im Personengesellschaftsrecht dagegen stets der Grundsatz dass die Gesellschafter unwirksame Beschlüsse gerichtlich feststellen lassen können, ohne an eine bestimmte Frist gebunden zu sein.

Betroffene Normen

 § 709 BGB

Vorinstanz

KG, Urt. v. 20.12.2012, 2 U 56/09

Fundstelle

BGH, Urt. v. 11.03.2014, II ZR 24/13

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