Der Brexit wird Auswirkungen auf grenzüberschreitende Restrukturierungen mit UK-Bezug haben. Wir zeigen Ihnen, mit welchen Änderungen zu rechnen ist.
Wer gegenwärtig mit der Planung oder Durchführung grenzüberschreitender Restrukturierungen mit Bezug zum Vereinigten Königreich befasst ist, sollte sich der potentiellen Auswirkungen des Brexit bewusst sein und diese in der Planung des Projekts berücksichtigen. Wir zeigen wesentliche Punkte auf, die Sie beachten sollten.
Restrukturierungsprojekte – also Veränderungen in der gesellschaftsrechtlichen Organisation einer Unternehmensgruppe – sind anfällig für Verzögerungen. Dies gilt nicht nur für die Umsetzungs-, sondern auch bereits für die Planungsphase, in der etwa die steuerlichen Auswirkungen eingehend geprüft werden müssen. Auch die Planung der rechtlichen Umsetzung unter Berücksichtigung gesellschafts- und arbeitsrechtlicher Aspekte kann aufwändig sein. Hinzu kommt, dass nicht alle Restrukturierungsprojekte unter unmittelbarem Zeitdruck stehen, etwa wenn sie zur Hebung längerfristiger Effizienzgewinne durchgeführt werden. Wenn dann noch „wichtige und dringende“ sonstige Projekte die Rechts- und Steuerabteilung „in Atem halten“, kann eine „wichtige aber nicht dringende“ Restrukturierung schnell auf die lange Bank geschoben werden. In Zeiten des Brexit kann dies, besonders für Restrukturierungen mit UK-Bezug, riskant sein.
Restrukturierungsprojekte setzen sich typischerweise aus zahlreichen Einzelschritten oder Bausteinen zusammen, häufige Elemente sind dabei:
Alle diese Bausteine können einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen.
Besteht für einzelne Bausteine ein grenzüberschreitender Bezug von einem EU-Mitgliedstaat ins Vereinigte Königreich, ist nach dem Brexit mit wesentlichen Veränderungen in der Umsetzbarkeit zu rechnen. Nachfolgend sind einige mögliche Folgen des Brexit auf die einzelnen Bausteine bei UK-Bezug zusammengefasst.
Übertragung von Vermögen oder Rechten | Der mögliche Wegfall von Steuererleichterungen für gruppeninterne Transaktionen zwischen EU und UK aus der Mutter-Tochter-Richtlinie (RL 90/435/EWG) erfordert besonderes Augenmerk auf die korrekte Bewertung der übertragenen Vermögensgüter. |
Begründung, Aufhebung oder Änderung gruppeninterner Verträge | Da das Vereinigte Königreich mit dem Brexit auch datenschutzrechtlich zum „Drittstaat“ zu werden droht, ist besondere Vorsicht bei der Übertragung personenbezogener Daten aus der EU nach UK geboten – auch gruppenintern. Wie problematisch der Datenaustausch mit Drittstaaten sein kann, zeigt die Diskussion um das 2015 vom EuGH für ungültig erklärte Safe Harbor-Abkommen zwischen der EU und den USA. |
Umwandlungsrechtliche Maßnahmen | Der Brexit kann die Unzulässigkeit grenzüberschreitender Umwandlungsmaßnahmen, insbesondere Verschmelzungen, zwischen Mitgliedsstaaten und dem Vereinigten Königreich führen. Auch ist zu befürchten, dass mit Entfallen des Schutzes durch die Fusionsrichtlinie zahlreiche Umstrukturierungen mit UK-Bezug nicht mehr steuerneutral möglich sein werden. |
Gesellschaftsrechtliche Vorgänge | Für die Gesellschafter einer haftungsbeschränkten UK-Gesellschaft (z.B. der Limited) mit Verwaltungssitz in einem EU-Mitgliedsstaat kann der Brexit mit erheblichen Haftungsrisiken einhergehen.* Unklar ist auch das Schicksal der Societas Europaea (SE) mit Sitz im Vereinigten Königreich. |
Arbeitsrechtliche Vorgänge | Mit dem entfallen der im AEUV gewährleisteten Arbeitnehmerfreizügigkeit können sich Verschärfungen für die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für ausländische Mitarbeiter im Vereinigten Königreich ergeben. Ebenso ist möglich, dass sich die Anforderungen an Arbeitnehmer aus dem Vereinigten Königreich ändern, die in einen EU-Mitgliedstaat entsendet werden. Die Regelungen zum Betriebsübergang (Transfer of Undertakings Regulations, TUPE) wären durch den Brexit zwar nicht unmittelbar betroffen, jedoch kann das Entfallen der Geltung der Betriebsübergangsrichtlinie (RL 2001/23/EG) im Vereinigten Königreich post-Brexit zu einer Disarmonisierung führen. |
* Siehe hier eine Darstellung zu Rechtsrisiken für die „deutsche“ Limited.
Welche Auswirkungen der Brexit im Einzelnen haben wird, ist derzeit noch unklar – manche der oben dargestellten Auswirkungen mögen schwächer als befürchtet ausfallen und insbesondere durch zwischenstaatliche Abkommen gemildert oder gänzlich abgewendet werden. Gewiss ist aber, dass sich in Restrukturierungsprojekten mit UK-Bezug in den nächsten Jahren immer wieder rechtliche Unsicherheiten ergeben werden – und dass die bekannte und bewährte „Toolbox“ bei der Planung und Umsetzung von Restrukturierungsprojekten nur noch für begrenzte Zeit zur Verfügung stehen wird. Wer sich in vertrautem Terrain bewegen will, sollte darauf hinwirken, dass UK-bezogene Restrukturierungsprojekte alsbald umgesetzt werden.
Aufsatz "Scheiden tut weh: Brexit – die steuerlichen und rechtlichen Folgen“ in "Der Betrieb"; DB Heft 26-27, S. 1526 - 1530
Brexit: „Deutsche“ Limited ohne Limits? - Haftungsrisiken für Gesellschafter „deutscher“ Limited - Beitrag Deloitte Tax-News
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