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27.01.2015
Unternehmensrecht

Die Folgen der gegenseitigen EU- und Russland-Sanktionen für Exporte deutscher Unternehmen

Der Beitrag vermittelt einen kurzen Überblick über die von der EU und der Russischen Föderation gegenseitig verhängten Sanktionen für Exporte deutscher Unternehmen sowie deren Rechtsfolgen und zeigt Handlungsempfehlungen auf.

Zunehmend mehr Stimmen bezeichnen die gegenseitig zwischen der Europäischen Union (EU) und Russland verhängten Sanktionen als weder zielführend noch ökonomisch sinnvoll. Eine politische Entspannung und damit die Aufhebung der Sanktionen sind bislang aber nicht in Sicht. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die von der EU und der Russischen Föderation gegenseitig verhängten Maßnahmen vermittelt sowie Rechtsfolgen und Handlungsempfehlungen aufgezeigt werden.

I. Sanktionen der EU und Gegenmaßnahmen der Russischen Föderation

Bereits am 17. März 2014 hat der Rat der Europäischen Union auf die Ukraine-Krise reagiert. Gegenwärtig verbietet die EU-Verordnung Nr. 269/2014, welche durch die Verordnung Nr. 961/2014 vom 8. September 2014 erweitert wurde, Geschäftsbeziehungen mit ausdrücklich benannten natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen.

Seit dem 31. Juni 2014 gilt auch das Verbot der Einfuhr von Waren mit Ursprung auf der Krim oder Sewastopol sowie ein auf diese Waren bezogenes Finanzierungs- und Versicherungsverbot.

Durch die Verordnung (EU) Nr. 833/2014 vom 31. Juli 2014 wurden ein Waffenembargo sowie Handelsbeschränkungen für die Ausfuhr von sog. „Dual-Use-Güter“ angeordnet. Verboten ist demnach eine Ausfuhr nach Russland, wenn Waren ganz oder teilweise für militärische Zwecke oder für einen militärischen Endnutzer bestimmt sind oder sein könnten. Verboten wurde auch die Ausfuhr von energiebezogenen Ausrüstungen und Technologien im Rahmen von Projekten zur Ölexploration und -förderung in der Arktis sowie in Zusammenhang mit Schieferölprojekten. Im Finanzsektor umfasst die Verordnung den Erwerb von Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten der russischen Kreditinstitute und mit diesen verbundenen Unternehmen, die eine Laufzeit von über 90 Tagen haben.

Mit der Verordnung Nr. 960/2014 vom 8. September 2014 verschärfte die EU die Sanktionen und belegte neun benannte Mischkonzerne (sog. „Mischempfänger“) mit einem Lieferverbot für „ Dual-Use-Güter“. Die Finanzsanktionen wurden zudem auf sechs Unternehmen der Bereiche Militärgüter sowie Erdölverkauf und -transport ausgedehnt. Die zulässige Laufzeit von Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten wurde auf 30 Tage verkürzt.

Auch Russland hat Gegenmaßnahmen in Hinblick auf die von der EU verhängten Sanktionen getroffen und am 6. August 2014 ein Importverbot für bestimmte Agrarprodukte und Lebensmittel aus der EU, den USA, Kanada, Australien und Norwegen verhängt. Dieses gilt zunächst für ein Jahr. Dem russischen Zoll steht dabei ein verstärktes Überprüfungsermessen der gelisteten Güter bezüglich ihrer Herkunft zu.

II. Rechtsfolgen des Verstoßes gegen die Sanktionen

Die genannten EU-Verordnungen gelten in Deutschland auch ohne Umsetzung unmittelbar. Exportiert ein Unternehmen eines der in der Verordnung definierten „Dual-Use-Güter“ ohne die erforderliche Ausfuhrgenehmigung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu besitzen, kann dies weitreichende Folgen haben, die sich nach dem nationalen Recht richten. So wird ein vorsätzlicher Verstoß gegen diese Bestimmung mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft. Fahrlässige Verstöße können Bußgelder von bis zu 500.000,00 EUR nach sich ziehen (§§18 Abs. 1 Nr. 1, 19 Abs. 1 und Abs. 6 Außenwirtschaftsgesetz (AWG)). Über derartige strafrechtliche Konsequenzen hinaus müssen die Unternehmen auch mit der Abschöpfung von Gewinnen aus der verbotenen Lieferung nach Russland rechnen.

Eine Strafbarkeit kann ausnahmsweise dann entfallen, wenn die betroffenen Personen bzw. die Unternehmen nicht wussten und auch keinen vernünftigen Grund zur Annahme hatten, dass sie mit ihrem Handeln gegen die Sanktionsverordnung verstoßen. Im Übrigen ist auf die umfassenden Umgehungsverbote hinzuweisen.

III. Handlungsempfehlungen

Aus den Sanktionsverordnungen ergeben sich erhöhte Sorgfaltspflichten für deutsche Unternehmen. Im Hinblick auf die personenbezogenen Sanktionen empfehlen wir, stets zu überprüfen, wie weit die Beteiligungen und der konkrete Einfluss der sanktionierten Personen auf den jeweiligen Vertragspartner reicht.

Im Hinblick auf die Ausfuhrbeschränkungen ist zu beachten, dass die vor dem 1. August 2014 abgeschlossenen Verträge (Altverträge) grundsätzlich von dem Anwendungsbereich der Sanktionen nicht erfasst sind. Sofern jedoch für das auszuführende Gut nach den allgemeinen außenwirtschaftsrechtlichen Vorschriften eine Genehmigung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einzuholen ist, ist auch hier ggf. mit intensiveren Prüfungen und längeren Bearbeitungszeiten zu rechnen.

Bei den nach dem 1. August 2014 abgeschlossenen Verträgen ist zu ermitteln, ob es sich bei der zu exportierenden Ware um ein gelistetes „Dual-Use-Gut“ handelt. In diesem Fall besteht ein Lieferverbot nach Russland für solche Güter, die für eine militärische Verwendung bestimmt sind oder bestimmt sein könnten. Im Zweifel ist eine Voranfrage beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu stellen bzw. eine Genehmigung einzuholen. Sofern die militärische Verwendung des jeweiligen Dual-Use-Guts ausgeschlossen ist, verbleibt es bei der allgemeinen Genehmigungspflicht. Gegenüber der BAFA ist unter ausführlicher Beschreibung des Tätigkeitsprofils möglichst umfassend darzulegen, wer der Endverwender der Ware sein soll und was der Nutzungszweck im Einzelfall ist.

Aber auch bei den nichtgelisteten Dual-Use-Gütern obliegt dem Ausführer eigene Prüfungs- und ggf. Antragspflicht, sofern Anhaltspunkte oder gar Kenntnis von der (möglichen) Verwendung der Ware im militärischen Bereich vorliegen.

Können bestehende Verträge nicht erfüllt werden, muss je nach Einzelfall geprüft werden, ob die Nichterfüllung von vertraglichen Verpflichtungen (z.B. Nichtlieferung der Ware) aufgrund der bestehenden Sanktionen unter „höhere Gewalt“ fällt. Während die Sanktionen und die damit zusammenhängenden Exportverbote in der EU grundsätzlich als höhere Gewalt eingestuft werden, werden sie in Russland nicht anerkannt. Bei Geltung des russischen Rechts bzw. der Zuständigkeit der russischen Gerichte kann daher die Befreiung von den Vertragsverpflichtungen ggf. nicht beansprucht werden. Daran schließt sich die Frage an, ob gegen die europäischen Unternehmen Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden können bzw. ob die europäischen Unternehmen Schadensersatz wegen der russischen Gegensanktionen gegen den russischen Vertragspartner geltend machen können.

Zu empfehlen ist daher die Überprüfung der bestehenden Vertragsverhältnisse hinsichtlich möglicher Risiken in Zusammenhang mit Kündigungs- und Rücktrittsrechten, Haftungsbegrenzungen und insbesondere der Force-Majeure-Klauseln sowie entsprechende „sanktionsfeste“ Gestaltung der künftigen Verträge.

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