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07.11.2016
Unternehmensrecht

Die mitgliedschaftlichen Informationsrechte des Kommanditisten - BGH klärt den Umfang des außerordentlichen Informationsanspruchs aus § 166 Abs. 3 HGB

Das außerordentliche Informationsrecht des Kommanditisten ist losgelöst von der Überprüfung des Jahresabschlusses und kann auch zur Überprüfung der Geschäftstätigkeit des Komplementärs dienen.

Steht dem Kommanditisten ein außerordentlicher Informationsanspruch gegen die Gesellschaft aus § 166 Abs. 3 HGB zu, kann dieser über das Informationsrecht des Kommanditisten aus § 166 Abs. 1 HGB zur Absicherung der Überprüfung der Richtigkeit des Jahresabschlusses hinausgreifen und einen Anspruch auf Auskünfte über die Geschäftsführung des Komplementärs im Allgemeinen gewähren.

Die Informationsrechte des Kommanditisten im Überblick

Kontrolle ohne Information ist undenkbar. Will der Kommanditist die Geschäftsführung kontrollieren, benötigt er Informationen über die Gesellschaft. Hierzu steht ihm zunächst das ordentliche Informationsrecht aus § 166 Abs. 1 HGB zu. Es vermittelt dem Kommanditisten einen Anspruch auf „abschriftliche Mitteilung“ des Jahresabschlusses sowie dessen Prüfung anhand von Einsichtnahme in die Bücher und Geschäftsunterlagen der Gesellschaft und ist damit bezogen - und beschränkt - auf den Jahresabschluss. Ob dieses ordentliche Informationsrecht eingeschränkt werden kann, ist höchst umstritten. Konsens besteht aber darin, dass der Kern des Informations- und Kontrollrechts des Kommanditisten unberührt bleiben muss. Die gerichtliche Durchsetzung erfolgt durch Leistungsklage vor den ordentlichen Gerichten.

Liegt ein wichtiger Grund vor (z.B. bei drohenden Schäden für die Gesellschaft bzw. den Kommanditisten oder bei begründetem Verdacht nicht ordnungsgemäßer Geschäftsführung), kann sich der Kommanditist auf das außerordentliche Informationsrecht aus § 166 Abs. 3 HGB berufen. Dieses wird in einem streitigen unternehmensrechtlichen Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) durchgesetzt. Mit der konzeptionellen Auslegung auf Verfahrensbeschleunigung, dem Amtsermittlungsgrundsatz und der Möglichkeit der Nichtöffentlichkeit des Verfahrens bietet dies etliche verfahrensseitige Vorteile. Wie weit das außerordentliche Informationsrecht reicht und welche Auskünfte verlangt werden können, blieb unscharf. Gerichtliche Entscheidungen hierzu sind selten.
 

Bundesgerichtshof: Eigenständigkeit des außerordentlichen Informationsrechts

In seinem Beschluss vom 14. Juni 2016 zu Az. II ZB 10/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun ausdrücklich dazu Stellung genommen, dass der außerordentliche Informationsanspruch des Kommanditisten aus § 166 Abs. 3 HGB eigenständig neben das ordentliche Informationsrecht aus § 166 Abs. 1 HGB tritt und weder zeitlich noch inhaltlich auf den Jahresabschluss beschränkt ist. Das außerordentliche Informationsrecht kann – bei Vorliegen eines wichtigen Grundes – zwar auch den Anspruch auf Vorlage einer Abschrift des Jahresabschlusses und Einsichtnahme in entsprechende Bücher und Geschäftsunterlagen umfassen, aber auch darüber hinausgreifen. Begrenzt wird der Anspruch lediglich dadurch, dass die begehrten Informationen zur Durchsetzung gesellschaftsvertraglicher Rechte geeignet und angemessen sein müssen. Letztlich soll also eine korrigierende Interessenabwägung der wechselseitigen Belange erfolgen.

Praxishinweis

Der auf den ersten Blick unscharf formulierte Umfang des außerordentlichen Informationsrechts aus § 166 Abs. 3 HGB ist zu begrüßen, denn er gibt in der Praxis einen weiten Spielraum, ein individuelles Informationsbedürfnis des Kommanditisten zur Kontrolle der Geschäftsführung flexibel durchzusetzen. Die Verfahrensvorschriften des FamFG gewährleisten ein zügiges und angemessen flexibles Verfahren. Durch die Nichtöffentlichkeit des Verfahrens kann den etwaigen Geheimhaltungsbedürfnissen der Gesellschaft Rechnung getragen werden.

Auch wenn die Informationsrechte des Kommanditisten gesellschaftsvertraglich (formal) abbedungen sein sollten, kann aufgrund der Entscheidung des BGH unter Inkaufnahme gewisser Risiken gleichwohl ein gerichtliches Verfahren sinnvoll sein.

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