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05.09.2016
Unternehmensrecht

Einziehung von Geschäftsanteilen an einer GmbH und Ausfallhaftung der verbleibenden Gesellschafter

Zur Gesellschafterausfallhaftung nach den Urteilen des BGH vom 24. Januar 2012 und vom 10. Mai 2016 - Ausfallhaftung von Gesellschaftern für Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters

Bei der Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen schuldet die Gesellschaft dem ausscheidenden Gesellschafter eine Abfindung. Darf diese aufgrund von Kapitalerhaltungsvorschriften nicht ausgezahlt werden, können u.U. die verbliebenen Gesellschafter in Anspruch genommen werden.

Einziehung von Geschäftsanteilen

Gesellschaftsverträge von GmbHs sehen regelmäßig vor, dass die Geschäftsanteile von Gesellschaftern durch Beschluss der Gesellschafterversammlung eingezogen werden können. Die Einziehung eines Geschäftsanteils hat zur Folge, dass der Geschäftsanteil vernichtet wird und der Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet. Eine solche Einziehung kann einvernehmlich erfolgen, häufig besteht der Anlass für die Einziehung jedoch in dem Wunsch (einer Mehrheit der Gesellschafter) nach einem Ausschluss eines Gesellschafters aus (tatsächlich gegebenem oder nur behauptetem) wichtigem Grund.

Einziehungsentgelt von der Gesellschaft

Als Entschädigung für den eingezogenen Geschäftsanteil steht dem betroffenen Gesellschafter ein von der Gesellschaft zu leistendes Einziehungsentgelt, eine Abfindung, zu. Namhafte Autoren und mehrere Oberlandesgerichte hatten diesbezüglich die Auffassung vertreten, dass die (Wirksamkeit der) Einziehung unter der (aufschiebenden) Bedingung der (vollständigen) Zahlung des Einziehungsentgelts stehe. Dem widersprach der Bundesgerichtshof (BGH), indem er zu dem Zusammenhang zwischen Einziehung und Abfindung mit Urteil vom 24. Januar 2012 (Az.: II ZR 109/11) entschied, dass der Gesellschafter grundsätzlich bereits mit Zugang des Ausschließungsbeschlusses ausscheidet, selbst wenn die Gesellschaft das geschuldete Einziehungsentgelt – aus Kapitalschutzgründen – nicht zahlen darf.

Haftung der Mitgesellschafter wegen treuwidrigen Verhaltens

Der Schutz des ausscheidenden Gesellschafters wird nach Auffassung des BGH durch einen Zahlungsanspruch gegen diejenigen verbleibenden Gesellschafter bewirkt, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben. Diese im Gesetz nicht geregelte Haftung beruht auf der Überlegung, dass sich die verbleibenden Gesellschafter nicht den Wert des eingezogenen Geschäftsanteils treuwidrig einverleiben dürften. Die Gesellschafter hätten entweder dafür zu sorgen, dass der Abfindungsanspruch erfüllt werden kann, oder die Gesellschaft aufzulösen.

Keine automatische Ausfallhaftung der Gesellschafter aufgrund Insolvenz der Gesellschaft

Kann die Gesellschaft die Abfindung nicht zahlen, bedeutet dies allerdings für die verbleibenden Gesellschafter selbst im Fall einer Gesellschaftsinsolvenz keine Garantiehaftung. Wie der BGH mit Urteil vom 10. Mai 2016 (Az.: II ZR 342/14) hervorgehoben hat, entsteht der Anspruch gegen die Gesellschafter erst in dem Zeitpunkt, „ab dem die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters als treuwidrig anzusehen ist.“ Daher können die Gesellschafter ihrer Treuepflicht auch dadurch genügen, dass sie das Stellen des Insolvenzantrags nicht treuwidrig verzögern.

Einvernehmliche Einziehung: Die Treuepflicht verbleibt, aber es können Modifikationen vereinbart werden

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 10. Mai 2016 klargestellt, dass auch bei einer einvernehmlichen Einziehung die Treuepflichten der verbleibenden Gesellschafter bestehen bleiben. In solchen Fällen ist es den Gesellschaftern allerdings unbenommen, sich bereits im Vorfeld (z.B. im Zuge der Beschlussfassung) über die Modalitäten der Ausfallhaftung zu einigen, diese insbesondere zu ersetzen.

Praxishinweis

Gesellschafter einer GmbH sollten bereits vor der Beschlussfassung über einen möglichen Ausschluss eines Gesellschafters und/oder die Einziehung der von diesem gehaltenen Geschäftsanteile Überlegungen dazu anstellen, wie das an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Einziehungsentgelt finanziert werden und stets sicherstellen, dass das geschuldete Einziehungsentgelt zum Zeitpunkt der Fälligkeit aus dem Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann. Anderenfalls kann eine persönliche Haftung drohen. Bereits bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages sollte vorgesehen werden, dass die Zahlung von Einziehungsentgelten in mehreren Jahresraten erfolgen kann, damit die Gesellschaft die Zahlung ohne Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften erbringen kann; dies kann die Haftungsfrage von vornherein entfallen lassen. Erfolgt die Trennung im Einvernehmen mit dem ausscheidenden Gesellschafter, empfiehlt es sich, auch zu regeln, unter welchen Voraussetzungen die verbleibenden Gesellschafter einstandspflichtig bleiben sollen.

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