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27.01.2015
Unternehmensrecht

Folgen formeller Verstöße bei der Einberufung von Gesellschafterversammlungen bei Personengesellschaften

Anhand einer jüngeren Entscheidung des BGH (Urteil vom 11.03.2014, Az. II ZR 24/13) wird der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen eine fehlerhafte Ladung zu einer Gesellschafterversammlung bei einer Personengesellschaft auf die in einer solchen Versammlung gefassten Beschlüsse hat und wie in der Praxis Rechtsunsicherheiten vermieden werden können.

Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse bei Personengesellschaften – also insbesondere bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) – sind, unabhängig von der Schwere des Mangels, nach bisheriger Rechtslage grundsätzlich nichtig, d.h. sie sind nicht verbindlich und dürfen nicht umgesetzt werden. Eine im Recht der Kapitalgesellschaften – insbesondere also bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und Aktiengesellschaften (AG) – geregelte Unterscheidung zwischen nur anfechtbaren Beschlüssen, die nach Ablauf der Anfechtungsfrist ohne Erhebung einer Anfechtungsklage nicht mehr angreifbar sind und bei schwerwiegenden Mängeln nichtigen Beschlüssen, kennt das Personengesellschaftsrecht nicht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte kürzlich darüber zu entscheiden, welche Auswirkungen eine fehlerhafte Ladung zu einer Gesellschafterversammlung bei einer Personengesellschaft auf die in einer solchen Versammlung gefassten Beschlüsse hat (BGH, Urteil vom 11.03.2014, Az. II ZR 24/13), worauf im Folgenden einzugehen ist. Im Anschluss soll sich mit dieser Rechtsprechung kritisch auseinandergesetzt und entsprechende Hinweise für die Rechtspraxis, insbesondere die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, gegeben werden.

I. Die aktuelle Rechtsprechung des BGH

1. Sachverhalt

In dem Fall, der dem BGH zur Entscheidung vorlag, wurde der Kläger durch Gesellschafterbeschluss aus einer mit den Beklagten bestehenden GbR ausgeschlossen. Der Beschluss wurde gegen die Stimmen des Klägers und mit den Stimmen der Beklagten gefasst. Die erforderliche Beschlussmehrheit war gegeben. Der Kläger machte die Unwirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses gerichtlich geltend und berief sich auf eine nicht ordnungsgemäße Ladung zur Gesellschafterversammlung, da die gesellschaftsvertraglich festgelegte Ladungsfrist von drei Wochen um einen Tag verkürzt worden war.

In der Vorinstanz hielt das Berliner Kammergericht den Ausschließungsbeschlusses für nichtig und stellte hierbei auf die Nichteinhaltung der Einladungsfrist ab. Durch die Nichteinhaltung der Frist sei der sog. Dispositionsschutz des Klägers, d.h. die Möglichkeit, sich ordnungsgemäß auf die Gesellschafterversammlung und die in der Tagesordnung vorgesehenen Punkte vorbereiten zu können, verletzt worden.

2. Die Entscheidung des BGH

Der BGH hob die Entscheidung des Kammergerichts auf. Ein Ladungsmangel, ebenso wie sonstige Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Einberufung einer Gesellschafterversammlung, führe nur dann zur Nichtigkeit von in einer solchen Versammlung gefassten Beschlüssen, wenn der mit der (gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen) Ladungsfrist verfolgte Zweck, dem einzelnen Gesellschafter die Vorbereitung auf die Gesellschafterversammlung zu ermöglichen, vereitelt wird (Dispositionsschutz). Nur dann liege ein zur Nichtigkeit des Beschlusses führender schwerwiegender Mangel vor.

Die Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses scheidet hingegen nach dem BGH aus, wenn ausgeschlossen werden kann, dass das Zustandekommen des Beschlusses durch den Ladungsfehler beeinflusst wurde. Die Nichteinhaltung einer Ladungsfrist führe, entgegen der Ansicht der Vorinstanz, nicht in jedem Fall zur Verletzung des Dispositionsschutzes. In dem zur Entscheidung stehenden Fall sah der BGH den Dispositionsschutz des Klägers als nicht verletzt an, da der Gesellschafterbeschluss bei rechtzeitiger Einladung gleichsam zustande gekommen wäre. Die mit drei Wochen großzügig bemessene Einladungsfrist sei nur um einen Tag verkürzt gewesen, so dass zur Vorbereitung genügend Zeit zur Verfügung gestanden habe. Der Ladungsfehler sei daher vorliegend nicht geeignet, die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses in Frage zu stellen.

II. Kritische Würdigung

In der juristischen Literatur wird die Entscheidung des BGH zum Teil kritisiert. Denn falls die beschließenden Gesellschafter über die Stimmmehrheit bei der Gesellschaft verfügten, könne stets ausgeschlossen werden, dass das Zustandekommen des Beschlusses durch den Ladungsfehler beeinflusst wurde. Die Entscheidung des BGH führe zu einem Verlust gerichtlicher Kontrolle, da die Verfahrensregeln betreffend die Einberufung von Gesellschafterversammlungen hierdurch zur Disposition der Mehrheitsgesellschafter stünden.

Diese Argumentation versteht die Entscheidung des BGH allerdings zu weitgehend. Nicht in jedem Fall, in dem die den Beschluss fassenden Gesellschafter über die Mehrheit der Stimmrechte bei der Gesellschaft verfügen, kann allein deshalb ausgeschlossen werden, dass das Zustandekommen des Beschlusses durch den Ladungsfehler beeinflusst wurde. Auch stellt der BGH in der vorliegenden Entscheidung nicht auf die ohnehin bestehende Stimmmehrheit der Beklagten ab, sondern auf das nur geringfügige Unterschreiten der Ladungsfrist.

Allerdings trifft einen Gesellschafter, der sich auf die Unwirksamkeit beruft, nunmehr ein erhöhter Argumentationsaufwand, dass trotz der Stimmmehrheit der beschließenden Gesellschafter im Falle einer ordnungsgemäßen Ladung die Gesellschaftermehrheit anders entschieden oder eine gütliche Einigung gefunden hätte.

Richtig an der geäußerten Kritik ist jedoch, dass die Vorhersehbarkeit der Rechtsfolgen einer Verletzung von Verfahrensfehlern durch die Entscheidung des BGH eingeschränkt wird, da Einladungsmängel nicht per se zur Unwirksamkeit der in der betroffenen Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse führen, sondern stets im Einzelfall zu prüfen ist, ob das Zustandekommen des Beschlusses durch den Ladungsfehler beeinflusst wurde.

III. Auswirkungen auf die Praxis

Auf die Praxis wirkt sich die vorliegende Entscheidung des BGH dahingehend aus, dass nicht pauschal vom Vorliegen eines Ladungsfehlers auf die Nichtigkeit des betroffenen Gesellschafterbeschlusses geschlossen werden kann. Vielmehr ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob der fragliche Beschluss im Falle einer ordnungsgemäßen Ladung möglicherweise anders ausgefallen wäre.

Um die kritisierte mangelnde Vorhersehbarkeit der Rechtsfolgen einer Verletzung von Verfahrensfehlern zu kompensieren, sollte im Gesellschaftsvertrag entsprechende Vorsorge getroffen werden. So kann hier das Verfahren zur Geltendmachung von Beschlussmängeln ausdrücklich geregelt werden. Anders als bei Kapitalgesellschaften fehlt es für Personengesellschaften an einem gesetzlich ausgeformten Rechtsschutzsystem und entsprechend stehen keine speziellen Rechtsbehelfe und Verfahren zur Verfügung, wie bei Beschlussmängeln zu verfahren ist. Ohne entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelung sind behauptete Beschlussmängel daher durch die allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO gegenüber den Mitgesellschaftern geltend zu machen. Für die Geltendmachung besteht keine Klagefrist. Auch wird nicht – anders als im Recht der Kapitalgesellschaften – zwischen nichtigen und bloß anfechtbaren Beschlüssen unterschieden.

In Betracht kommt eine gesellschaftsvertragliche Regelung in Anlehnung an die aktienrechtlichen Regeln über die Beschlussanfechtungsklage (§§ 243 ff. AktG). So kann im Gesellschaftsvertrag eine Befristung zur Geltendmachung fehlerhafter Beschlüsse vorgesehen werden, was der Rechtssicherheit dient, weil Gesellschafter und Geschäftsführung rasch Gewissheit erhalten müssen, ob die gefassten Beschlüsse Bestand behalten. Auch kann als Gegner eines Anfechtungsprozesses die Gesellschaft anstelle der einzelnen Gesellschafter vorgesehen werden, was dazu führt, dass ein gerichtliches Urteil nicht nur zwischen den beteiligten Gesellschaftern wirkt, sondern auch unmittelbar gegenüber der Gesellschaft. Schließlich sollte geregelt werden, welche Rechtsfolgen fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse auslösen. Entsprechend den Regelungen im Aktienrecht können Bestimmungen vorgesehen werden, wonach bloß fehlerhafte Beschlüsse nur im Klagewege vernichtet werden können, schwerwiegende Mängel hingegen auch ohne Klage zur Nichtigkeit der Beschlüsse führen.

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