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16.07.2021
Unternehmensrecht

Gefahr des Schadensersatzanspruchs bei unterlassener Zielvereinbarung

Das Bundesarbeitsgericht hat seine Rechtsprechung zur Schadensersatzpflichtigkeit des Arbeitgebers bei unterlassener Zielvereinbarung erneut bestätigt. Unterlässt der Arbeitgeber schuldhaft seine vertragliche Verpflichtung eine Zielvereinbarung mit einem Arbeitnehmer abzuschließen, kann sich hieraus nach Ablauf des bonusrelevanten Zeitraums ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers ergeben.

Mit Schadensersatzansprüchen bei schuldhaft unterlassener Zielvereinba-rung hat sich das Bundesarbeitsgerichts („BAG“) im Urteil vom 17.12.2020 - 8 AZR 149/20 erneut beschäftigt und aktuell die Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das BAG hat hierbei seine bisherige Rechtsprechung zum Schadensersatzanspruch wegen entgangener Bonuschance im Fall einer nicht getroffenen jedoch arbeitsvertraglich geschuldeten Zielvereinbarung bestätigt und konkretisiert.

Unterscheidung zwischen Zielvereinbarung und Zielvorgabe

Existiert zwischen dem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer eine vertragliche erfolgsabhängige Zusage auf eine variable Vergütung ist zwischen einer Zielvereinbarung und einer einseitigen Zielvorgabe zu unterscheiden. Zielvorgaben sind solche, die einseitig vom Arbeitgeber vorgegeben werden. Ihm allein steht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht diesbezüglich zu. Im Gegensatz hierzu werden bei Zielvereinbarungen die Ziele, von deren Erreichen die variable Vergütung abhängt, von den Vertragsparteien, mithin dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer gemeinsam festgelegt. Ist unklar, ob eine Zielvereinbarung oder eine Zielvorgabe vorliegt, ist dies durch Auslegung der vertraglichen Regelung der Parteien zu ermitteln.

Arbeitsvertragliche Pflichtverletzung bei unterbliebener Zielvereinbarung

Nach der Rechtsprechung des BAG stellt eine schuldhaft unterbliebene Zielvereinbarung bei einer arbeitsvertraglichen Regelung zum Abschluss einer Bonusvereinbarung grundsätzlich eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung des Arbeitgebers dar, mit der Folge, dass fingiert wird, dass der Arbeitnehmer die festgelegten Ziele vollständig erreicht hat. Im Rahmen der Verschuldensprüfung wird das Verschulden des Arbeitgebers nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zunächst vermutet. Dieser muss dann Umstände darlegen, aus denen sich ergibt, dass er das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung nicht zu vertreten hat. Hieran fehlte es im konkreten Fall.

Die Höhe des Schadensersatzanspruchs, der sich aus der Pflichtverletzung des Arbeitgebers ergibt, liegt nach Ansicht des BAG grundsätzlich in Höhe des erreichbaren Höchstbonus.

Mitverschulden des Beschäftigten

Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers, das er sich anrechnen lassen muss, bewertete das BAG im jüngsten Fall mit einer Quotelung von 10 Prozent. Grund hierfür war, dass der Beschäftigte nicht auf ein Gespräch hinsichtlich der Zielvereinbarung mit seinem Arbeitgeber gedrängt habe.

Sofern eine Zielvereinbarung allein aufgrund des Verschulden des Arbeitnehmers nicht zustande gekommen ist, weil dieser beispielsweise vom Arbeitgeber vorgeschlagene Gesprächstermine ohne dringenden Grund nicht wahrgenommen hat, stellt dies eine vertraglichen Nebenpflichtverletzung des Arbeitnehmers dar mit der Folge, dass dieser weder einen Anspruch auf den Bonus noch einen diesen ersetzenden Schadensersatzanspruch hat.

Keine pauschale Initiativpflicht des Arbeitgebers

Sofern im Arbeitsvertrag nicht die Initiativpflicht des Arbeitgebers vereinbart wurde, auf eine Zielvereinbarung hinzuwirken, hat dies zur Folge, dass auch der Arbeitnehmer tätig werden muss. Nach der Rechtsprechung des BAG genügt es hierfür allerdings bereits, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zur Verhandlungen über die Zielvereinbarung auffordert und diesen beispielsweise um ein entsprechendes Gespräch bittet.

Fazit und Auswirkungen auf die Praxis

Ist es, wie häufig, vertraglich nur vereinbart, dass eine Zielvereinbarung „abgeschlossen wird“, bürdet das BAG in diesen Fällen grundsätzlich dem Arbeitgeber die Initiativlast automatisch auf. Es ist Arbeitgebern daher unbedingt anzuraten, aktiv von sich aus auf den Abschluss einer Zielvereinbarung hinzuwirken.

Arbeitgeber müssen hierfür rechtzeitig vor der Zielperiode konkrete Vorschläge für eine Zielvereinbarung, Termine für Verhandlungen unterbreiten und dies dokumentieren, um Risiken in Bezug auf mögliche Schadensersatzforderungen des Arbeitnehmers auszuschließen. Geschieht dies nicht oder nicht rechtzeitig, löst dieses Versäumnis des Arbeitgebers regelmäßig Schadensersatzforderungen des Arbeitnehmers aus.

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