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23.05.2014
Unternehmensrecht

BAG: Keine Kürzung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses

Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist nicht von der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung abhängig. Selbst wenn während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses keine Arbeitsleistung erbracht wird, ist die Kürzung des Urlaubsanspruchs nur in Ausnahmefällen zulässig.

Sachverhalt

Die Beklagte ist eine Universitätsklinik. Die Klägerin war dort seit August 2002 als Krankenschwester beschäftigt. In der Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 30. September 2011 hatte die Klägerin unbezahlten Sonderurlaub. Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin endete mit Ablauf des 30. September 2011.

Die Klägerin verlangte finanzielle Urlaubsabgeltung für 15 Urlaubstage aus dem Jahr 2011, die ihr nicht in natura gewährt worden waren.

Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht, wie auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) gaben der Klägerin Recht.
 

Entscheidung

Der gesetzliche Urlaubsanspruch der Klägerin ist zunächst in der geltend gemachten Höhe entstanden. Die Klägerin befand sich in einem Arbeitsverhältnis und hatte auch die einmalige sechsmonatige Wartezeit erfüllt. Zudem hatte die Klägerin die zweite Hälfte des Kalenderjahrs 2011 nach erfüllter Wartezeit im bestehenden Arbeitsverhältnis erreicht, so dass eine Kürzung des Urlaubsanspruchs gemäß § 5 Abs. 1 c) des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) nicht in Betracht kam.

Da der gesetzliche Urlaubsanspruch weder an die Erbringung einer Arbeitsleistung anknüpft, noch eine Kürzung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses vorgesehen ist, besteht keine Berechtigung des Arbeitgebers, den erworbenen gesetzlichen Urlaubsanspruch zu kürzen.

Der Klägerin war der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch zuzusprechen, da der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich nicht mehr gewährt werden kann.
 

Betroffene Normen

§§ 1, 7 Abs. 4, 13 BUrlG
 

Anmerkungen

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie betrifft die Frage, ob der im BUrlG geregelte gesetzliche Mindesturlaub gekürzt werden kann.

§ 1 BUrlG gewährt jedem Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der Anspruch setzt voraus, dass ein Arbeitsverhältnis rechtlich besteht und die sechsmonatige Wartezeit einmalig erfüllt ist. Die tatsächliche Erbringung der Arbeitsleistung ist also keine Voraussetzung des Urlaubsanspruchs. Wird während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses keine Arbeitsleistung erbracht, ist die Kürzung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs durch den Arbeitgeber nicht zulässig. Etwas anderes gilt nur im Falle der Elternzeit (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG) oder im Falle des Wehrdienstes (§ 4 Abs. 1 ArbPlSchG), wo jeweils eine spezialgesetzliche Regelung die Kürzung des Urlaubsanspruchs zulässt. Im Bereich des Pflegezeitgesetzes fehlt beispielsweise eine entsprechende Regelung.

Wenn, wie vorliegend, Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbaren, hindert dies weder das Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs, noch ermöglicht eine solche Vereinbarung es dem Arbeitgeber, den gesetzlichen Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers wirksam zu kürzen.
 

Fazit

Aus Arbeitgebersicht ist im Arbeitsvertrag zwischen dem gesetzlichen und dem vertraglich gewährten übergesetzlichen Urlaubsanspruch zu unterscheiden, da ansonsten die Rechtmäßigkeit einer Kürzung auch des übergesetzlich gewährten Urlaubsanspruchs fraglich erscheint. Zudem ist zu regeln, dass bei der Erfüllung der Urlaubsansprüche zunächst der gesetzliche und dann der vertraglich gewährte übergesetzliche Urlaubsanspruch erfüllt wird.

Vorinstanzen

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.05.2012, 3 Sa 230/12
 

Fundstelle

BAG, Urteil vom 06. Mai 2014, 9 AZR 678/12

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