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18.10.2017
Unternehmensrecht

Neue Festlegungen der BNetzA zur Regelenergie

 Erstmalig auch Regelenergie durch Letztverbraucher erfasst

 Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat mit Beschlüssen vom 13.06.2017 Festlegungen zu den Rahmenbedingungen für die Ausschreibung von Sekundärregelleistung (SRL) und Minutenreserve (MRL) getroffen. Eine weitere Festlegung vom 14.09.2017 widmet sich erstmalig den Bedingungen von Stromlieferverträgen zwischen Letztverbrauchern, die ihren steuerbaren Verbrauch als Regelenergie anbieten und ihren Lieferanten, über deren Bilanzkreis die Bereitstellung abgewickelt wird. Nachfolgend geben wir einen zusammenfassenden Überblick über die wesentlichen Neuregelungen:

Festlegung zur Regelung der Erbringung von Sekundärregelleistung und Minutenreserve durch Letztverbraucher in Stromlieferverträgen

 Die Festlegung der BNetzA vom 14.09.2017 (Az. BK6-17-046) betrifft ausschließlich das Verhältnis zwischen dem Stromlieferanten, der die Verbrauchsanlagen seines Kunden in seinem Bilanzkreis bilanziert und dem letztverbrauchenden Kunden, der seinen (steuerbaren) Verbrauch gem. § 26a Absatz 1 Satz 1 der Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) als Sekundärregelleistung oder Minutenreserve über einen Dritten (Aggregator) dem Übertagungsnetzbetreiber (ÜNB) anbietet. Die Festlegung betrifft also nicht das Verhältnis zum Aggregator oder ÜNB und auch nicht unmittelbar das Angebot von Regelleistung. Die BNetzA gibt Regeln für die Umsetzung und Abwicklung der Erbringung von Regelleistungen durch Verbraucher vor. Dieses regulatorische Eingreifen soll verhindern, dass die Lieferanten, die die Letztverbraucher mit Strom beliefern, die Aggregatoren und Letztverbraucher unbillig behindern. Denn das Angebot von sog. Demand-Site-Management / Demand-Response stellt einen wichtigen Baustein der Energiewende dar, um die volatile Erzeugung durch Erneuerbare Energien in das Netz zu integrieren. Im Ergebnis entspricht der Regelungsgehalt überwiegend der bisherigen Marktpraxis.

Die Festlegung nimmt dabei eigene Begriffsdefinitionen vor, die maßgeblich für den Anwendungsbereich sind. Sie ist ab dem 01.01.2018 auf alle bestehenden und neuen Stromlieferverträge anzuwenden und hat folgenden wesentlichen Inhalt:

  • Die Festlegung ist nur anwendbar für die Erbringung von Sekundärregelleistung und Minutenreserve mit der „Technischen Einheit“ (Verbrauchsanlage).
  • Die Festlegung ist anwendbar auf Stromlieferverträge für Marktlokationen (meist Entnahmestellen mit Zählpunkt), die mittels Zählerstandsgangmessung oder viertelstündiger registrierender Lastgangmessung gemessen werden.
  • Möchte ein Letztverbraucher seine Technische Einheit für die Erbringung von Regelleistung nutzen, muss er dies dem Lieferanten spätestens sechs Wochen vor dem Beginn der ersten Bereitschaftszeit mitteilen.
  • Der Lieferant teilt dem Letztverbraucher innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Mitteilung mit, ob er die Vermarktung akzeptiert.
  • Der Lieferant darf die Vermarktung nur ablehnen, wenn die Vermarktung gem. § 26a Abs. 1 S. 3 StromNZV durch ausdrückliche Vereinbarung zwischen Lieferant und Letztverbraucher ausgeschlossen ist oder die mitgeteilten Angaben falsch, unvollständig oder unplausibel sind; abweichende Vereinbarungen sind ausgeschlossen. Der Lieferant hat in der Ablehnung den Grund der Ablehnung mitzuteilen.
  • Für jede Viertelstunde des Abrufzeitraums gilt die der Baseline entsprechende Energiemenge als vom Lieferanten an den Letztverbraucher geliefert. Soweit die Entnahme von Energie durch den Letztverbraucher geringer ist als die Baseline (positive Regelleistung), erfolgt die Lieferung durch nachträgliche Fahrplananpassung. Soweit die Entnahme von Energie durch den Letztverbraucher höher ist als die Baseline (negative Regelleistung), gelten auch diese zusätzlichen Mengen als vom Lieferanten geliefert. Der Letztverbraucher trägt die Verantwortung für die korrekte Ermittlung der Baseline.
  • Der Bilanzkreisausgleich erfolgt für jede Viertelstunde vorzeichenrichtig aus Sicht des Bilanzkreisverantwortlichen in Höhe der Delta-Arbeit. Bei negativer Delta-Arbeit wird Energie aus dem Bilanzkreis des Bilanzkreisverantwortlichen herausgebucht, bei positiver Delta-Arbeit wird Energie in den Bilanzkreis des Bilanzkreisverantwortlichen hineingebucht.
  • Im Fall von positiver Regelleistung hat der Letztverbraucher für die Delta-Arbeit (ohne Vorzeichen, |DA|) dem Lieferanten den vereinbarten Kaufpreis ohne externe Preisbestandteile zu zahlen.
  • Im Fall von negativer Regelleistung hat der Letztverbraucher für die Delta-Arbeit (DA) lediglich die externen Preisbestandteile zu zahlen. Für die übrige entnommene Energie ist der vereinbarte Kaufpreis einschließlich der externen Preisbestandteile zu zahlen.
  • Maßgeblich für die Bestimmung der Höhe der externen Preisbestandteile ist die an der Marktlokation entnommene Energiemenge oder Leistung bzw. der Letztverbrauch.

Diese Festlegung trägt dazu bei, die ohnehin in der Praxis bereits etablierten Mechanismen zu verrechtlichen und somit für Rechtssicherheit zu sorgen. Allerdings ist die Festlegung nicht unmittelbar auf (in der Praxis häufig vorkommende) Fälle anwendbar, bei denen der Letztverbraucher an seiner Entnahmestelle (etwa einem Industriestandort) auch Erzeugungsanlagen betreibt, die nicht gesondert bilanziert werden. In der Praxis dürfte es sich anbieten, vertraglich die Anwendung der Festlegung auch auf diese Konstellationen bilateral zu vereinbaren.

Festlegung von Ausschreibungsbedingungen und Veröffentlichungspflichten für Sekundärregelleistung und Minutenreserve

 Mit den Festlegungen vom 13.06.2017 (SRL: Az. BK6-15-158; MRL: BK6-15-159) hebt die BNetzA ihre früheren Festlegungen auf und führt neue Ausschreibungsbedingungen ein, die von den ÜNB überwiegend ab dem 12.07.2018 umzusetzen sind.

Folgende wesentliche Regelungen hat die BNetzA getroffen:

  • Die Ausschreibungen haben kalendertäglich zu erfolgen.
  • Die Ausschreibungen beginnen D-7 (7 Tage vor dem Erbringungstag) um 10 Uhr und enden am Tag vor der Erbringung (D-1) (MRL um 10 Uhr und SRL um 8 Uhr).
  • Die Ausschreibung und Vergabe von SRL und MRL wird in den folgenden sechs Produktzeitscheiben vorgenommen: 0:00 Uhr bis 4:00 Uhr, 4:00 Uhr bis 8:00 Uhr, 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr, 12:00 Uhr bis 16:00 Uhr, 16:00 Uhr bis 20:00 Uhr und 20:00 Uhr bis 24:00 Uhr.
  • Der gesamte Bedarf an SRL und MRL ist regelzonenübergreifend auszuschreiben.
  • Die Mindestangebotsgröße für die Teilnahme an der Ausschreibung von MRL und SRL wird auf 5 MW jeweils für positive und negative MRL und SRL festgesetzt. Eine Einkürzung des Angebots auf die Mindestangebotsgröße ist zulässig. Das Angebotsinkrement beträgt 1 MW. Eine Angebotsgröße von 1 MW, 2 MW, 3 MW oder 4 MW ist nur unter der Maßgabe zulässig, dass ein Anbieter von SRL und MRL nur ein einziges Angebot je Produktzeitscheibe der positiven bzw. negativen Minutenreserve in der jeweiligen Regelzone abgibt.
  • Anbietern von SRL und MRL ist es gestattet, Anlagen zur Erbringung von SRL und MRL innerhalb derselben Regelzone bei der Angebotsstellung zu poolen. Die Zuordnung von Anlagen zu einem Pool kann zu Beginn jeder Viertelstunde geändert werden. Der Wechsel der Regelenergie erbringenden Anlagen innerhalb eines Pools ist jederzeit möglich.
  • Anbietern von MRL und SRL ist die Besicherung für den Fall des technischen Versagens der für die Erbringung von Regelleistung vorgehaltenen Anlagen über präqualifizierte, in derselben Regelzone gelegene Technische Einheiten Dritter gestattet. Die regelzonenübergreifende Besicherung durch präqualifizierte Technische Einheiten des Anbieters oder Dritter ist ebenso zulässig, sofern das technische Versagen der Regelleistung erbringenden Anlagen nicht innerhalb des regelzoneninternen Anlagenpools des Anbieters kompensiert werden kann. Die zur Besicherung verwendeten Leistungsanteile der Anlagen dürfen nicht zugleich bei Regelenergieausschreibungen kontrahiert sein. Den regelzonenverantwortlichen ÜNB wird aufgegeben, ein System zu entwickeln und zu implementieren, das sowohl die regelzoneninterne als auch die regelzonenübergreifende Besicherung ermöglicht.
  • Der Zuschlag erfolgt in aufsteigender Reihung der Leistungspreise bis zur Bedarfsdeckung. Die Leistungsvorhaltung wird mit dem vom Anbieter bei der Gebotsabgabe geforderten Leistungspreis vergütet.
  • Der Abruf der Regelleistung folgt einer gesonderten Liste, die aus den bezuschlagten Angeboten besteht; er erfolgt grundsätzlich in aufsteigender Reihung der Arbeitspreise (Merit-Order). Der Abruf wird mit dem vom Anbieter gebotenen Arbeitspreis entgolten.

Die Festlegungen entwickeln die Rahmenbedingungen für die Ausschreibung von SRL und MRL behutsam weiter und insbesondere wird auf die Bedürfnisse der Regelenergieanbieter eingegangen und die Teilnahme auch für Poolanbieter erleichtert. Hierbei handelt es sich um eine konsequente Weiterentwicklung des Marktes für Regelenergie.

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