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08.12.2015
Unternehmensrecht

LG Hamburg: Nutzenergielieferanten schulden EEG-Umlage – Folgen für Kunden und Geschäftsmodell

Viele Energiedienstleister bieten an Stelle der Lieferung von Strom die Lieferung von „Nutzenergie“ (z.B. Licht) an. Hierdurch sind u.a. Steuerprivilegien in Anspruch genommen worden. Umstritten ist, inwieweit diese Lieferanten die Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage trifft. Ein Nutzenergielieferant wurde nun verurteilt, den Netzbetreibern rückwirkend die EEG-Umlage zu zahlen. Drohen den Kunden solcher Lieferanten nun Nachforderungen? Ist das Geschäftsmodell „Nutzenergielieferung“ vor dem Aus?

Urteil des LG Hamburg

Am 13.11.2015 ist ein Nutzenergielieferant verurteilt worden, den Übertragungsnetzbetreibern die EEG-Umlage in Höhe von insgesamt ca. 80 Mio. Euro rückwirkend zu zahlen. Das Unternehmen hatte mit seinen Kunden sogenannte Lieferverträge über Nutzenergie geschlossen, die anstelle einer Lieferung von Strom eine Lieferung von Nutzenergie wie z. B. Licht vorgesehen haben, und mit dieser Begründung die EEG-Umlage nicht abgeführt. Das Gericht sah es dagegen als erwiesen an, dass das Unternehmen ein Energielieferant im Sinne des EEG und somit Schuldner der EEG-Umlage ist. Zuvor hatte bereits das OLG Düsseldorf in einem Urteil vom 17.06.2015 entschieden, dass Nutzenergielieferanten Stromlieferanten im Sinne des EnWG sind. Die aktuelle Rechtsprechung scheint damit die entsprechende Auffassung der Bundesnetzagentur (BNetzA) zu bestätigen. Dies könnte das Geschäftsmodell der Nutzenergielieferanten in Frage stellen.

Hintergrund: Lieferung von Nutzenergie

Das Geschäftsmodell der sogenannten Nutzenergie-Lieferanten besteht darin, dass den Kunden als Letztverbrauchern anstelle von Strom sog. Nutzenergie geliefert wird. Demnach „betreiben“ die Lieferanten bestimmte Anlagen des Kunden (z.B. die Leuchtmittel, Kühlschränke, Küchengeräte, etc.) und „liefern“ den Kunden die durch diese Geräte erzeugte Form von Energie (d.h. Licht, Kälte, Druckluft etc.). Den für den jeweiligen Prozess erforderlichen ´Strom kauft der Lieferant ein und wandelt ihn in Licht oder eine andere Energieform um. Die BNetzA hat dieses Geschäftsmodell als Stromlieferung an Letztverbraucher angesehen. Sie stützt dies maßgeblich auf den Umstand, dass die Abrechnung gegenüber den Kunden auf Basis der verbrauchten Kilowattstunden erfolgt, der Bezug der elektrischen Energie weiterhin über die Anlagen des Kunden (in den Wohnungen bzw. Gebäuden) erfolgte und der Lieferant auch nicht das volle Risiko eines Anlagenbetreibers getragen hat. Vor diesem Hintergrund hat die BNetzA bereits am 12.11.2014 z.B. dem verurteilten Unternehmen aufgegeben, sich als Energielieferant nach § 5 EnWG bei der Bundesnetzagentur anzumelden. Diese Rechtsauffassung hat das OLG Düsseldorf am 17.06.2015 bestätigt.

Drohen Kunden Nachforderungen von Seiten der Nutzenergie-Lieferanten?

Das Landgericht Hamburg folgt dieser Rechtsauffassung offenbar auch in Bezug auf das EEG. Demnach sind Nutzenergielieferanten ggf. als Letztverbraucherlieferanten im Sinne von § 37 Abs. 2 EEG 2012 anzusehen und gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet.

Dabei ist auch eine nachträgliche Geltendmachung von EEG-Umlagezahlungen durch die Übertragungsnetzbetreiber für die Vergangenheit nicht ausgeschlossen. So sind in ähnlichen Fallkonstellationen derzeit u.a. Rechtsstreitigkeiten anhängig, die die Nachzahlung der EEG-Umlage für die Jahre 2004 - 2008 zum Gegenstand haben.

Vor diesem Hintergrund erscheint es denkbar, dass die Nutzenergie-Lieferanten im Falle einer Inanspruchnahme ihrerseits versuchen könnten, die EEG-Umlage nachträglich auf ihre Kunden abzuwälzen. Ob und inwieweit dies möglich ist, hängt maßgeblich von der Gestaltung der Nutzenergieverträge und der vertraglichen Risikoverteilung ab. U.E. gibt es einige gute Gründe mit denen Kunden etwaige Ansprüche zurückzuweisen könnten.

Nutzenergielieferungen vor dem Aus?

Insbesondere die Feststellungen des OLG Düsseldorf zu § 5 EnWG stellen das Geschäftsmodell der Nutzenergielieferungen in Frage. Das Gericht stellt klar, dass die Umwandlung von Primärenergie in Nutzenergie ein physikalischer Vorgang sei, der sich nicht durch vertragliche Fiktionen determinieren lasse. Die Nutzenergielieferanten müssen daher auch tatsächlich die entsprechenden Anlagen beim Kunden aktiv betreiben und Energie umwandeln. Allein die Regelung der Nutzenergielieferungen „auf dem Papier“ reicht nicht aus. Soweit Nutzenergielieferanten auch Steuerprivilegien für die Umwandlung des Stroms in Anspruch nehmen, ist noch offen, ob insoweit auch die Steuerbehörden (u.a. Hauptzollämter) künftig genauer hinsehen werden. Die faktische Gestaltung dieser Geschäftsmodelle ist vor diesem Hintergrund nunmehr kritisch zu hinterfragen.

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