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25.08.2014
Unternehmensrecht

OLG Köln: Einstimmiger Gesellschafterbeschluss für Due Diligence Prüfungen durch Wettbewerber erforderlich

Für die Weitergabe von Gesellschaftsunterlagen an Wettbewerber im Rahmen einer Due Diligence Prüfung ist ein einstimmiger Gesellschafterschluss erforderlich.

Sachverhalt

Die Klägerin und die Beklagte zu 2 sind sowohl Gesellschafterinnen einer Brauerei, als auch Gesellschafterinnen der Beklagten zu 1, einer GmbH, die für den Vertrieb der Produkte der Brauerei verantwortlich ist. Die Klägerin hält eine Beteiligung in Höhe von 25,1% und die Beklagte zu 2 die übrigen 74,9% an der Beklagten zu 1. Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1 enthält ein Wettbewerbsverbot in Bezug auf den Vertrieb von anderen Produkten als denen der Brauerei.

Dem gegenständlichen Verfahren lag der geplante Verkauf der Beklagten zu 1 zugrunde, im Rahmen dessen sowohl die Geschäftsführer der Beklagten zu 1 als auch die Beklagte zu 2 Vertretern eines Wettbewerbers gestattet, eine Due Diligence Prüfung bei der Beklagten zu 1 durchzuführen. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Herausgabe der Informationen auch Rückschlüsse auf die Einzelheiten ihres Geschäftsbetriebes zulassen würden, weshalb es die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht erfordere, vor Informationsweitergabe die Zustimmung aller Gesellschafter, also auch der Klägerin, einzuholen. Dies war nicht erfolgt.

Das Landgericht hatte den Antrag der Klägerin zurückgewiesen, wogegen diese sofortige Beschwerde beim OLG eingelegt hat.

Entscheidung

Das OLG hat dem Antrag der Klägerin stattgegeben und sieht es im vorliegenden Fall als erforderlich an, vor Weitergabe von Informationen an Wettbewerber im Rahmen einer Due Diligence Prüfung die Zustimmung aller Gesellschafter einzuholen. Eine ohne die entsprechende Zustimmung erfolgte Informationsweitergabe stelle einen Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gemäß § 242 BGB dar.

Für die Beklagten zu 1 und ihre Geschäftsführung ergibt sich die Treuepflicht aus dem Verhältnis der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern. Für die Beklagte zu 2 ist hierfür das Verhältnis der Gesellschafter untereinander maßgebend.

Das OLG macht deutlich, dass es sich im vorliegenden Fall um besondere Umstände handelt, die über die üblichen Geheimhaltungserfordernisse hinausgehen. Dies beruhe darauf, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 eine enge wirtschaftliche Verflechtung bestehe, was auch aufgrund des Wettbewerbsverbotes, das ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1 enthalten ist, deutlich werde. Diese enge Verknüpfung ermögliche es den Wettbewerbern sehr leicht, aus Informationen, die primär lediglich die Beklagte zu 1 betreffen, auch Rückschlüsse auf Einzelheiten des Geschäftsbetriebs der Klägerin zu ziehen. Daher sei die vorherige Einholung der Zustimmung zur Informationsweitergabe erforderlich gewesen.

Betroffene Normen

§ 242 BGB, § 85 GmbHG, § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG, § 15 AktG

Anmerkung

Dem vorliegenden OLG-Beschluss lag eine Situation zugrunde, die einige Besonderheiten auf-wies, so dass das Ergebnis nicht ohne weiteres auf alle Fälle der Informationsweitergabe zur Durchführung von Due Diligence Prüfungen übertragen werden kann. Es gibt daher weiterhin zahlreiche offene Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Weitergabe von Informationen im Rahmen von Due Diligence Prüfungen stellen.

In der Praxis ist dazu zu raten, vor der Durchführung einer Due Diligence stets einen Gesellschafterbeschluss einzuholen. Dies dient zum einen dem Schutz der Geschäftsführung der Gesellschaft, die die Informationen herausgibt, vor einer möglichen Haftung. Denn damit wird die Geschäftsführung von ihrer grundsätzlichen Pflicht zur Verschwiegenheit gegenüber Dritten, die sich für die GmbH-Geschäftsführung indirekt aus § 85 GmbHG und für den Vorstand einer Aktiengesellschaft aus § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG ergibt, entsprechend befreit. Zum anderen kann so der Gesellschafter einer Mehrpersonengesellschaft, der den geplanten Verkauf vorantreibt, der Treuepflicht seinen Mitgesellschaftern gegenüber gerecht werden und sie über das Verfahren unterrichten.

In vielen Fällen dürfte ein Beschluss mit einfacher Stimmenmehrheit ausreichend sein. Dies kann sich jedoch anders darstellen, wenn, wie im Beispiel der vorliegenden Entscheidung, die Rechte von Minderheitsgesellschaftern nur dadurch gewährleistet werden können, dass die Zustimmung zur Informationsweitergabe durch sie erteilt wird. In solchen Fällen muss dann die entsprechende Zustimmung vorliegen, was, je nach Anzahl der Gesellschafter, einen einstimmigen Gesellschafterbeschluss zur Folge haben kann.

Um im Ernstfall Streitigkeiten oder Zweifel zu vermeiden, kann darüber nachgedacht werden, ob in den Gesellschaftsvertrag entsprechende Zustimmungserfordernisse nicht nur für die Übertragung der Geschäftsanteile, sogenannte Vinkulierung, sondern darüber hinaus auch für die eine solche Übertragung vorbereitenden Schritte, also insbesondere die Durchführung einer Due Diligence Prüfung, aufgenommen werden. Welche Mehrheitserfordernisse vereinbart werden, sollte an die Gesellschafterstruktur der jeweiligen Gesellschaft angepasst werden und kann zwischen einfacher oder qualifizierter Mehrheit sowie Einstimmigkeit variieren. Ein Zustimmungserfordernis, das lediglich der Geschäftsführung beziehungsweise dem Vorstand auferlegt werden soll, kann auch außerhalb des Gesellschaftsvertrages in einer Geschäftsordnung geregelt werden. Das dürfte wohl im Falle von Einpersonengesellschaften ausreichenden Schutz bieten und bedarf keiner notariellen Änderung des Gesellschaftsvertrages, sondern lediglich einer Anpassung bzw. Verabschiedung einer Geschäftsordnung, soweit dies bereits grundsätzlich im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist.

Vorinstanz

LG Köln, Beschluss vom 30.09.2013 – 83 O 64/13

Fundstelle

OLG Köln, Urteil vom 31.10.2013, 18 W 66/13, BeckRS 2013, 19480

Weitere Fundstellen

EWiR 2014, 415

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