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08.09.2016
Unternehmensrecht

BAG: Rechtsfolge bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung

Ein Scheinwerkvertrag zwischen Entleiher und Verleiher führt nicht zwingend zur Unwirksamkeit einer faktischen Arbeitnehmerüberlassung.

Das BAG hat am 12. Juli 2016 (9 AZR 352/15) entschieden, dass bei Vorliegen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung des Verleihers auch bei Scheinwerkverträgen kein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsandten Arbeitnehmer und dem Entleiher entsteht.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Technische Zeichnerin. Die Beklagte ein Automobilunternehmen, für welches die Klägerin von 2004 bis Ende 2013 tätig war.

Die Klägerin war jedoch nicht bei der Beklagten angestellt, sondern bei einem Vertragspartner der Beklagten, welcher die Klägerin im Rahmen von mit der Beklagten abgeschlossenen Werkverträgen bei dieser eingesetzt hatte. Die Vertragsarbeitgeberin der Klägerin besaß als Verleiherin eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die zwischen der Vertragsarbeitgeberin und der Beklagten geschlossenen Vereinbarungen nur Scheinwerkverträge seien, um die Arbeitnehmerüberlassung zu verdecken. Nach Ansicht der Klägerin könne sich die Beklagte nicht auf die der Vertragsarbeitgeberin erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung berufen.

Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen haben, hat nun auch das BAG bestätigt, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Arbeitsverhältnis besteht.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung, die bisher lediglich in Form einer Pressemitteilung veröffentlicht wurde, ausgeführt, dass – selbst wenn die Klägerin aufgrund eines Scheinwerkvertrages als Leiharbeitnehmerin überlassen worden sein sollte – zwischen Klägerin und Beklagter kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen wäre. Entscheidend sei hier, dass die Vertragsarbeitgeberin der Klägerin, die Verleiherin, die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung besaß. Die Fiktion des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG, wonach bei Unwirksamkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages ein Arbeitsverhältnis zustande komme, greife ausschließlich bei einer fehlenden Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Für eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift bezüglich verdeckter Arbeitnehmerüberlassung bedürfe es jedoch einer planwidrigen Regelungslücke. Nach Ansicht des BAG habe der Gesetzgeber für eine solche nicht offene Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet. Eine planwidrige Regelungslücke liege somit nicht vor.

Praxishinweis

Nach der hier dargestellten Entscheidung schützt gegenwärtig also eine bestehende, gegebenenfalls auch nur rein vorsorglich eingeholte, Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis davor, dass bei Bewertung einer als Werkvertrag abgeschlossenen Vereinbarung als Scheinwerkvertrag ein Arbeitsverhältnis zwischen dem de facto als Leiharbeitnehmer eingesetzten Mitarbeiter und dem entleihenden Unternehmen fingiert wird.

Die hier dargestellte Entscheidung bezieht sich allerdings auf die aktuell geltende Fassung des AÜG. Nach dem Gesetzesentwurf, auf den sich das Kabinett am 1. Juni 2016 geeinigt hat, muss künftig gemäß § 1 Abs. 1 AÜG-E die Überlassung von Arbeitnehmern in dem Vertrag zwischen Entleiher und Verleiher ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet (S. 5) und die Person des Leiharbeitnehmers vor dessen Überlassung konkretisiert (S. 6) werden. Infolgedessen wird in § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG-E neu aufgenommen, dass der Vertrag unwirksam ist und demnach die Fiktion des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG i.V.m. § 9 AÜG greift, sofern diese ausdrückliche Nennung der Arbeitnehmerüberlassung oder die Konkretisierung der Person des Leiharbeitnehmers fehlt. Jedoch ist für den Leiharbeitnehmer eine Widerspruchsmöglichkeit vorgesehen, so dass kein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande kommen soll, wenn der Leiharbeitnehmer dieses Widerspruchsrecht wahrnimmt. Die Neuregelung soll am 1. Januar 2017 in Kraft treten, so dass dieser Umstand bei einer zukünftigen Berufung auf das BAG-Urteil unbedingt beachtet werden sollte.

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