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20.04.2016
Unternehmensrecht

Weiterbeschäftigung trotz Erwerbsminderung - was ist zu beachten?

Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes müssen trotz teilweiser Erwerbsminderung und Rentenbezug des Arbeitnehmers bei Geltendmachung Weiterbeschäftigung in Betracht ziehen

Ruhen des Arbeitsverhältnisses bei Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit

Wird einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes eine Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit bewilligt, so ruht das Arbeitsverhältnis ab dem Monat nach Zustellung des Rentenbescheids, § 33 TVöD. Im Falle einer teilweisen Erwerbsminderung kann der Arbeitnehmer unter der Voraussetzung, dass er zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes in der Lage ist, zwischen drei und sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, entsprechend der Regelung des § 33 Abs. 3 TVöD seine Weiterbeschäftigung beantragen und das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vermeiden. Dieser Antrag ist schriftlich und grundsätzlich binnen zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheides beim Arbeitgeber zu stellen. In einem jüngst ergangenen Urteil stellt das BAG klar, dass die Regelung des § 33 TVöD unabhängig von der Höhe der Erwerbsminderungsrente Anwendung findet und keinen Verstoß gegen geltendes Verfassungsrecht darstellt. Zudem zeigt es weitere Anspruchsgrundlagen für ein Weiterbeschäftigungsbegehren auf (Urteil vom 17. März 2016 – 6 AZR 221/15).

Sachverhalt

Die Klägerin war als Schulhausmeisterin bei der beklagten Stadt, zuletzt in Teilzeit, beschäftigt. Ihr wurde eine monatliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Höhe von EUR 364,24 bewilligt, die auf zwei Jahre befristet war. Einen schriftlichen Antrag auf Weiterbeschäftigung stellte die Klägerin innerhalb der Frist des § 33 Abs. 3 TVöD nicht. Mit ihrer Klage begehrte sie Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis während der Dauer der teilweisen, befristeten Erwerbsminderung nicht geruht habe. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.

Entscheidung

Auch die Revision der Klägerin vor dem BAG hatte keinen Erfolg. Für die Anwendung des § 33 TVöD komme es nicht auf die Höhe der Erwerbsminderungsrente an, so das BAG.

Zudem wies das BAG darauf hin, dass § 33 TVöD die gesetzlich garantierten Rechte schwerbehinderter Menschen nicht verkürzen könne. Schwerbehinderte Menschen könnten darum unabhängig von der in § 33 TVöD angeordneten Form und Frist gemäß § 81 Abs. 4, Abs. 5 Satz 3 SGB IX eine behinderungsgerechte Beschäftigung verlangen. Darüber hinaus könne jeder Beschäftigte – auch während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses – nach § 241 Abs. 2 BGB vom Arbeitgeber die Prüfung der Möglichkeit der Beschäftigung unter Berücksichtigung seines verbliebenen Leistungsvermögens verlangen. Eine Weiterbeschäftigung als schwerbehinderter Mensch bzw. nach § 241 Abs. 2 BGB, die das Ruhen des Arbeitsverhältnisses beendet hätte, hatte die Klägerin indes zu keinem Zeitpunkt verlangt.

Aufgrund dieser – ebenfalls zur Verfügung stehenden – Möglichkeiten eines erwerbsgeminderten Arbeitnehmers, durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses das Einkommen zu sichern, wird die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit nach Auffassung des BAG nicht verletzt.

Praxishinweis

Trotz der bestätigenden Entscheidung des BAG, dass teilweise erwerbsgeminderte Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, unabhängig von der Höhe der bewilligten Erwerbsminderungsrente, grundsätzlich nur dann einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung gemäß § 33 Abs. 3 TVöD haben, wenn sie eine solche schriftlich und fristgerecht beantragen, sollten Arbeitgeber sich der weiteren durch das BAG aufgezeigten möglichen Alternativbegehren (§ 81 Abs. 4, 5 S. 3 SGB IX, § 241 Abs. 2 BGB), die sie zur (Überprüfung der) Weiterbeschäftigung verpflichten können, gewahr sein. Im Hinblick darauf, dass diese Alternativbegehren weder frist- noch formgebunden sind, ist der jeweils gestellte „Antrag“ des Beschäftigten auch daraufhin zu überprüfen, ob dieser dahingehend auszulegen ist, dass eine Weiterbeschäftigung entsprechend der vorgenannten Alternativanspruchsgrundlagen begehrt wird.

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