BFH: Abgrenzung von Anlagevermögen und Umlaufvermögen
Zum Anlagevermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die dazu bestimmt sind, dem Betrieb dauerhaft zu dienen, zum Beispiel auch im Wege einer nicht allein zur Absatzförderung dienenden Vermietung. Die Absicht, ein Wirtschaftsgut vor Ablauf seiner technischen Nutzungsdauer zu veräußern, führt nicht zwingend zu Umlaufvermögen.
BFH, Urteil vom 16.09.2024, III R 35/22
Sachverhalt
Ein Investor (Klägerin) schloss mit den Unternehmen F und U (F&U) in den Jahren 2013 bis 2016 fünf Kauf- und Verwaltungsverträge. Er erwarb eine bestimmte Anzahl von Containern und beauftragte F&U zugleich mit deren Verwaltung zu einem garantierten Mietzins für die Dauer von fünf Jahren. Der Investor erwarb diverse Container mit einer (Rest-)Nutzungsdauer von acht bzw. zehn Jahren.
F&U behielt sich vor, dem Investor ein Angebot zum Rückkauf der Container zu unterbreiten und es war vereinbart, dass F&U ermächtigt ist, im Rahmen der Containerverwaltung in seinem Namen über die Container zu verfügen und diese jederzeit durch gleichwertige Container zu ersetzen. Zudem sollte F&U alle mit der Verwaltung zusammenhängenden Verträge eigenverantwortlich abschließen und er war berechtigt, sein Eigentum einem Dritten zu übertragen, unter der Voraussetzung des Eintritts des Dritten in den Verwaltungsvertrag. Im Juli 2018 wurde über das Vermögen von F&U das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Finanzamt lehnte es ab, den Verlust aus der Containervermietung als (negative) Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln mit der Folge, dass keine AfA berücksichtigt wurde. Das FG erkannte zwar einen gewerblichen Verlust an, gewährte aber ebenfalls keine AfA, da es die Container als Umlaufvermögen einstufte.
Entscheidung
Das sieht der BFH anders. Das FG habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass die Container zum Umlaufvermögen gehörten. Die für die AfA-Befugnis entscheidenden Fragen, ob das wirtschaftliche Eigentum auf den Investor übergegangen ist und ob die Wirtschaftsgüter (Container) Anlagevermögen darstellen, sind vom FG im zweiten Rechtsgang zu klären.
Anlage- versus Umlaufvermögen
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten vermindert, um die AfA und etwaige weitere Abzüge zu bewerten. Zum Anlagevermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die dazu bestimmt sind, dem Betrieb dauernd zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB).
Umlaufvermögen sind demgegenüber zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmte Wirtschaftsgüter. Die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen orientiert sich danach maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt und sich andererseits an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss, zum Beispiel der Art des Wirtschaftsguts sowie der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb (vgl. BFH-Urteil vom 09.02.2006, IV R 15/04). Die Feststellung der dauernden betrieblichen Zweckbestimmung eines Wirtschaftsguts liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet (vgl. BFH-Urteil vom 19.01.2017, IV R 10/14)
Bestimmung zur Weiterveräußerung reicht zur Qualifikation als Umlaufvermögen nicht aus
Nach der BFH-Rechtsprechung macht die Absicht der Veräußerung allein ein Wirtschaftsgut noch nicht zum Umlaufvermögen. Auch ist ein Wirtschaftsgut nicht deshalb zwingend dem Umlaufvermögen zuzuordnen, weil von Anfang an beabsichtigt ist, es vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer wieder zu veräußern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 09.02.2006, IV R 15/04 und vom 23.10.2019, VI R 9/17). Die für die Zuordnung zum Anlagevermögen wesentliche Zeitkomponente "dauernd" darf nicht als reiner Zeitbegriff im Sinne von "immer" oder "für alle Zeiten" verstanden werden (BFH-Urteil vom 05.06.2008, IV R 67/05). Dem Betrieb dient ein Wirtschaftsgut vielmehr bereits dann dauernd, wenn es längerfristig im Betrieb genutzt wird. Die nicht allein zur Absatzförderung dienende Vermietung ist eine betriebliche Nutzung in diesem Sinne (vgl. BFH-Urteil vom 09.02.2006, IV R 15/04, BFH/NV 2006, 1267, unter II.3.a bb).
Das FG habe nicht festgestellt, dass die Container von der Klägerin überhaupt zur Absatzförderung vermietet wurden, und erst recht nicht, dass die Vermietung allein dazu diente. Nach dem Vertragskonzept sollten die Container insbesondere nicht an die Mieter, sondern an F&U veräußert werden.
Verklammerungsrechtsprechung
Dem Vorliegen von Anlagevermögen steht nach Ansicht des BFH auch eine mit der Verklammerungsrechtsprechung begründete Gewerblichkeit aber nicht entgegen. So ließe sich etwa aus den BFH-Urteilen vom 01.08.2013, IV R 18/11 und vom 08.06.2017, IV R 6/14 ableiten, dass die Verklammerung der Veräußerung mit dem Ankauf und der zwischenzeitlichen Vermietung nicht zwangsläufig dazu führt, dass die betreffenden Wirtschaftsgüter Umlaufvermögen darstellen.
Betroffene Normen
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 247 Abs. 2 HGB
Streitjahre 2013 - 2016
Vorinstanz
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2021, 13 K 2755/20 E
Fundstelle
BFH, Urteil vom 16.09.2024, III R 35/22
Weitere Fundstelle
BFH, Urteil vom 09.02.2006, IV R 15/04, BFH/NV 2006, S. 1267
BFH, Urteil vom 19.01.2017, IV R 10/14, BStBl. II 2017, S. 466, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 30.11.2023, IV R 10/21, NV 2024, S. 334 siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 01.08.2013, IV R 18/11, BStBl. II 2013, S. 910
BFH, Urteil vom 08.06.2017, IV R 6/14, BStBl. II 2017, S. 1061 siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 23.10.2019, VI R 9/17, BFH/NV 2020, S. 191
BFH, Urteil vom 05.06.2008, IV R 67/05, BStBl. II 2008, S. 960
BFH, Urteil vom 09.02.2006, IV R 15/04, BFH/NV 2006, S. 1267
