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16.03.2017
Rechnungslegung

BFH: Rückstellung für künftige Wartungsaufwendungen

Bei einer privatrechtlichen Verpflichtung zur Zahlung von Wartungsrücklagen-Garantiebeträgen kann eine Rückstellungsbildung geboten sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn bei Beendigung des Vertrages kein Anspruch auf Rückerstattung der Beträge besteht und der Steuerpflichtige deshalb stets mit den vereinbarten Beträgen belastet bleibt.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, war nach dem Leasingvertrag mit der G-KG zur Instandhaltung/Wartung der geleasten Flugzeuge im Einklang mit den luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen (bezogen auf Betriebszeiten) auf eigene Kosten verpflichtet. Hierfür hatte sie entweder Zahlungen in eine Wartungsrücklage zu leisten oder eine Bankbürgschaft zu stellen. Bei Beendigung eines Leasingvertrags vor Durchführung einer Wartung wurde die Wartungsverpflichtung des jeweiligen Leasingnehmers dadurch erfüllt, dass der Leasinggeber die bis zum Beendigungszeitpunkt gezahlten Wartungsrücklagen-Garantiebeträge vereinnahmte oder in entsprechender Höhe die Bankbürgschaft in Anspruch nahm. Die Klägerin wählte die Bürgschaft. Am 31.12.2015 bildete sie mit Rücksicht auf die bereits abgelaufene Betriebszeit eine Wartungsrückstellung in der Steuerbilanz. Finanzamt und FG waren der Ansicht, dass die Wartungsverpflichtung noch nicht wirtschaftlich verursacht sei und hielten eine Rückstellungsbildung für nicht zulässig.

Entscheidung

Das FG Düsseldorf sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin keine Rückstellung für künftige Wartungsaufwendungen bilden durfte. Die Klägerin sei im Streitfall zwar nicht berechtigt, eine Rückstellung aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung zu bilden, wohl aber aufgrund privatrechtlicher Verpflichtung.

Aus öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen dürfe eine Rückstellung nur bilanziert werden, sofern die Verbindlichkeit inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen und sanktionsbewehrt sei (BFH-Urteil vom 17.10.2013). Ist die Verbindlichkeit nicht nur der Höhe nach ungewiss, sondern auch dem Grund nach noch nicht rechtlich entstanden, so könne eine Rückstellung nur unter der Vorrausetzung gebildet werden, dass sie wirtschaftlich in dem bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahr verursacht ist. (BFH-Urteil vom 06.06.2012). Die Wartungsverpflichtung nach § 6 LuftBO sei wirtschaftlich nicht in der Vergangenheit verursacht (BFH-Urteil vom 19.05.1987), weil wesentliches Merkmal der Überholungsverpflichtung das Erreichen der zulässigen Betriebszeit ist, die den typischerweise auftretenden Ermüdungs- und Abnützungserscheinungen des Luftfahrtgeräts Rechnung trägt. Vor Erreichen der zulässigen Betriebszeit könne gerade nicht von einer wesentlichen Verursachung der Verbindlichkeit gesprochen werden. Demnach scheide die Bildung einer Rückstellung unter dem Aspekt der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung aus.

Im Streitfall bestehe indessen eine zivilrechtlich ungewisse Verbindlichkeit, für die eine Rückstellung zu bilden sei, da bei Beendigung des Leasingvertrags kein Anspruch der Klägerin auf einen Verzicht auf die Inanspruchnahme der Bankbürgschaft bestünde und die Klägerin deshalb stets mit den vereinbarten Wartungsrücklage-Garantiebeträgen belastet bliebe. Die Klägerin könne sich ihrer vertraglichen Verpflichtung – anders als im Bereich der öffentlich-rechtlichen Wartungsverpflichtungen – gerade nicht durch Einstellung des Flugbetriebs entziehen, da sie auch bei Beendigung des Leasingvertrags vor Durchführung der nächsten fälligen Wartung die vertraglich vereinbarte Wartungsverpflichtung zu tragen habe.

Dem Ausweis der Rückstellung stehe auch kein Passivierungsverbot für ungewisse Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften gegenüber. Ein solches Passivierungsverbot bestehe nämlich nicht, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehung durch Vorleistungen oder Erfüllungstatbestände eines Vertragspartners gestört sei. Das Vorliegen eines Erfüllungsrückstands setze voraus, dass mit der nach dem Vertrag geschuldeten zukünftigen Leistung nicht nur an Vergangenes angeknüpft, sondern Vergangenes abgeholten werde. Bestehe danach ein Erfüllungsrückstand und sei dessen Höhe ungewiss, so seieine Rückstellung zu bilden (BFH-Urteil vom 25.05.2016).

Nach diesen Maßstäben befinde sich die Klägerin am Bilanzstichtag in einem Erfüllungsrückstand. Die Klägerin habe bei wirtschaftlicher Betrachtung durch die Zahlung in die Wartungsrücklage Vergangenes, nämlich die Wertabnutzung der vom Leasinggeber zur Verfügung gestellten Flugzeuge durch den Flugbetrieb, dadurch abzugelten, dass sie die Abnutzung durch typisierte Einzahlungen der Garantiebeträge in die Wartungsrücklage abzugelten hatte.

Betroffene Norm

§ 249 Abs. 1 S.1 HGB, § 6 EStG
Streitjahr 2005

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.04.2015, 6 K 307/13 K,G

Fundstelle

BFH, Urteil vom 09.11.2016, I R 43/15, BStBl II 2017 Seite 379

Weitere Fundstellen

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.04.2015, 6 K 418/14 K,F, Revision zugelassen, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 17.10.2013, IV R 7/11, BStBl II 2014, S. 302, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 06.06.2012, I R 99/10, BStBl II 2013, S. 196, siehe Kurzdarstellung Intranet: BFH: Rückstellung für Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung 
siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 19.05.1987, VIII R 327/83, BStBl II 1987, S. 848
BFH-Urteil vom 25.05.2016, I R 17/15 BStBl II 2016, S. 930, siehe Kurzdarstellung Intranet: BFH: Passivierung eines Darlehens mit steigenden Zinssätzen, siehe Deloitte Tax-News

 

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