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04.08.2016
Rechnungslegung

BFH: Nutzung eines Investitionsabzugsbetrags im Sonder-BV trotz Bildung im Gesamthandsvermögen

Der BFH hat die Auffassung der FG Baden-Württemberg bestätigt.
BFH, Urteil vom 15.11.2017, VI R 44/16, siehe Deloitte Tax-News
                                                                                                                                                

FG Baden-Württemberg (Vorinstanz):

Ein in der Gesamthandsbilanz einer Personengesellschaft gebildeter Investitionsabzugsbetrag ist nicht deshalb gewinnerhöhend rückgängig zu machen, weil die geplante Investition später (innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums) von einem ihrer Gesellschafter vorgenommen und in dessen Sonderbetriebsvermögen aktiviert wird.

Sachverhalt

A. X. ist Gesellschafter der Klägerin, einer GbR, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögenvergleich ermittelte. In ihrer Gesamthandsbilanz für das abweichende Wirtschaftsjahr 2007/2008 bildete die Klägerin Investitionsabzugsbeträge für geplante Investitionen in Höhe von 40% der voraussichtlichen Anschaffungskosten. Den Gewinn des Wirtschaftsjahres 2007/2008 minderte sie entsprechend.

In den Jahren 2010 und 2011 schaffte der Gesellschafter A. X. die geplanten Wirtschaftsgüter aus eigenen finanziellen Mitteln an, aktivierte die Wirtschaftsgüter in seiner Sonderbilanz für das Wirtschaftsjahr 2010/2011 und rechnete die von der Klägerin im Wirtschaftsjahr 2007/2008 geltend gemachten Investitionsabzugsbeträge gewinnerhöhend hinzu. Das Finanzamt erkannte die im Gesamthandsvermögen gebildeten Investitionsabzugsbeträge wegen der späteren Anschaffung im Sonderbetriebsvermögen nicht an.

Entscheidung

Das Finanzamt habe zu Unrecht die Investitionsabzugsbeträge nicht anerkannt und den festgestellten Gewinn rückwirkend erhöht.

Nach § 7g Abs. 1 S. 1 EStG (i.d.F. des UntStRefG 2008) können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40% der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd als Investitionsabzugsbetrag abziehen. Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts ist der für dieses Wirtschaftsgut in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend hinzuzurechnen (§ 7g Abs. 2 S. 1 EStG). Soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahrs nach dieser Vorschrift hinzugerechnet wurde, ist der Abzug nach § 7g Abs. 1 EStG rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 3 S. 1 EStG).

Maßgebend dafür, dass im Streitfall der im Wirtschaftsjahr 2007/2008 im Gesamthandsvermögen gebildete IAB nicht rückgängig zu machen ist, sei, dass die Anschaffung der begünstigten Wirtschaftsguts auch dann zu einer gewinnerhöhenden Hinzurechnung führe, wenn diese im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters stattfinde. Dem BMF-Schreiben vom 20.11.2013 lasse sich zu dieser Frage allerdings keine eindeutige Antwort entnehmen.

Nach § 7g Abs. 7 EStG tritt bei Personengesellschaften im Rahmen der Auslegung der Vorschrift des § 7g Abs. 1 bis Abs. 6 EStG die „Gesellschaft“ an die Stelle des „Steuerpflichtigen“. Daraus folge eine betriebs- und nicht personenbezogene Auslegung des § 7g EStG. Zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehöre in steuerlicher Hinsicht nicht nur das Gesamthandsvermögen der Gesellschafter (in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit), sondern auch das Sonderbetriebsvermögen der (jeweiligen) Gesellschafter. Wegen dieser betriebsbezogenen Betrachtung verfüge die Personengesellschaft für die Zwecke des § 7g EStG über einen einheitlichen Betrieb, der sowohl das gesamthänderisch gebundene Betriebsvermögen als auch das Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Gesellschafter umfasse. Aus der Einheitlichkeit des Betriebes folge, dass es im Bereich des Investitionsabzugs für die Prüfung, ob eine vorgenommene Investition derjenigen entspricht, für die der Abzugsbetrag in Anspruch genommen wurde, ohne Bedeutung sei, ob im Bereich des Gesamthands- oder des Sonderbetriebsvermögens investiert worden ist.

Anmerkung

BMF-Schreiben vom 20.03.2017
Das BMF hat mit Schreiben vom 20.03.2017 zu Zweifelsfragen zu den Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g Abs. 1 bis 4 und 7 EStG i.d.F. des StÄndG 2015 Stellung genommen.

StÄndG 2015
Im Rahmen des StÄndG 2015 wurden Erleichterungen im Bereich von § 7g EStG geschaffen. Für Investitionsabzugsbeträge, die der Stpfl. erstmals für nach dem 31.12.2015 endende Wj. bildet, braucht er keine konkrete Investitionsabsicht mehr und muss diese deshalb auch nicht mehr gegenüber der FinVerw. nachweisen. Für die dem hier besprochenen Fall des FG Baden-Württemberg zugrunde liegende Thematik dürfte dies bedeuten, dass der Gesellschafter für eine Investition in seinem Sonder-BV einen noch unverbrauchten Investitionsabzugsbetrag des Gesamthandbereichs der Personengesellschaft auch dann „nutzen“ kann, wenn die von ihm tatsächlich durchgeführte Investition vom zunächst beabsichtigten Investitionsvorhaben der Gesellschaft abweicht.

Betroffene Norm

§ 7g EStG (i.d.F. des UntStRefG 2008)
Streitjahre 2007, 2008

Fundstellen

BFH, Urteil vom 15.11.2017, VI R 44/16, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 20.03.2017, IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.2016, 9 K 2928/13, BFH-anhängig: IV R 21/16

Weitere Fundstelle

BMF, Schreiben vom 20.11.2013, BStBl. I 2013, S. 1493, Rz. 2

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