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26.02.2020
Rechnungslegung

FG München: Keine Pauschalrückstellung für Provisionsverpflichtungen

Für einen Erfüllungsrückstand aus Provisionsverpflichtungen kommt eine Pauschalrückstellung nicht in Betracht, da sich die Verpflichtungen nur individuell ermitteln und nicht aus Erfahrungswerten ableiten lassen. Kann die Höhe des Erfüllungsrückstands nicht für jede einzelne Vertragsbeziehung nachgewiesen werden, ist die Rückstellung zu schätzen. Die Schätzung hat sich im unteren Rahmen zu bewegen, wenn der Steuerpflichtige der ihn treffenden Darlegungs- und Beweislast nicht nachkommt.  

Sachverhalt

Eine GmbH bildete Pauschalrückstellungen für noch nicht bezahlte Provisionen ausländischer Vertreter für vermittelte Umsätze. Den Vermittlungsprovisionen lagen Verträge zugrunde, in denen bestimmt war, dass die Höhe der Provision an die Vermittler für jeden zustande gekommenen Vertrag gesondert abgestimmt wird. Weitere Unterlagen, wie sich die Rückstellungen zusammensetzen und auf welcher Grundlage sie sich berechnen, wurden nicht vorgelegt. Das Finanzamt erkannte die Rückstellungen nicht an und löste sie in voller Höhe auf. 

Entscheidung

Das FG kommt hingegen zu dem Ergebnis, dass die Rückstellungen für Provisionsverbindlichkeiten im Wege der Schätzung anzusetzen sind. Die Voraussetzungen für die Bildung einer Pauschalrückstellung lagen im Streitfall allerdings nicht vor.

Ansatz einer Rückstellung für eine der Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit

Steuerrechtlich zulässig sind Rückstellungen für eine dem Grund und/oder der Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit nur, wenn das Be- bzw. Entstehen der Verpflichtung an sich überwiegend wahrscheinlich ist und mit der Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist. Soweit das Entstehen einer Verbindlichkeit sicher und nur deren Höhe ungewiss ist, ist die Rückstellung nach Ansicht des FG nicht mit dem höchsten denkbaren Wert, sondern mit dem Wert mit der größten Eintrittswahrscheinlichkeit anzusetzen.

Fehlender Nachweis der Höhe des Erfüllungsrückstands

Im Streitfall ließ sich aus den vorgelegten Verträgen ein Erfüllungsrückstand nicht in der Höhe der geltend gemachten Provisionsrückstellungen nachvollziehen. Hierfür hätte die GmbH nach Auffassung des FG zunächst darlegen müssen, inwieweit der jeweilige Vertragspartner am jeweiligen Bilanzstichtag bereits vergütungspflichtige Leistungen erbracht hat, welches Honorar für die jeweilige Leistung vereinbart worden ist und schließlich, welcher Anteil des vereinbarten Honorars auf die bereits erbrachten Leistungen entfällt. Diese Daten müssen einem Kaufmann im Rahmen einer ordnungsgemäßen Buchführung zur Verfügung stehen, da er ansonsten nicht in der Lage ist, seine Kreditoren abzuwickeln, so das FG.

Schätzung der Rückstellungshöhe

Mangels detaillierter Nachweise der Höhe des Erfüllungsrückstands aus den Provisionsverpflichtungen kommt nach Ansicht des FG nur eine Schätzung der Rückstellungen in Betracht. Das FG leitete aus im Streitfall tatsächlich zur Auszahlung gekommenen Beträgen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ab, dass diese teilweise auf Leistungen entfallen, die am Bilanzstichtag des Vorjahres bereits erbracht worden sind. Im Hinblick auf die den Steuerpflichtigen treffende Darlegungs- und Beweislast (vgl. BFH-Urteil vom 24.06.1976, IV R 101/75) müsse sich die Schätzung dabei im unteren Rahmen bewegen.

Keine Bildung von Pauschalrückstellungen

Ein höherer Ansatz der Rückstellungen für Provisionsverbindlichkeiten im Rahmen einer Bewertung als Pauschalrückstellung sah das FG als nicht veranlasst an. Denn Pauschalrückstellungen kommen nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es um die Bewertung einer Vielzahl gleichartiger Geschäfte geht und substanzielle Erfahrungswerte aus der Vergangenheit bestehen, dass der Steuerpflichtige mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einer Inanspruchnahme rechnen muss. Dies ist nach der BFH-Rechtsprechung insbesondere dann der Fall, wenn gegenüber einer nicht individualisierbaren und zahlenmäßig nur schätzbaren Vielzahl von Personen wirtschaftlich bereits in der Vergangenheit verursachte Verbindlichkeiten wahrscheinlich entstehen werden, beispielsweise, wenn Garantieleistungen zugesagt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.1983, IV R 41/81).

Ein Erfüllungsrückstand wegen noch nicht bezahlter Provisionen lasse sich jedoch nur individuell, bezogen auf jeden einzelnen Vertrag, bestimmen und der Höhe nach ermitteln und nicht aus Erfahrungswerten ableiten.

Betroffene Norm

§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG

Streitjahre 1998-2001

Anmerkung

Die o.g. Entscheidung bestätigt, dass die Bildung von Rückstellungen sorgfältig zu dokumentieren ist, um nachteilige Folgen (Nicht-Ansatz der Rückstellung oder eine Schätzung der Rückstellung, die sich aufgrund der Darlegung- und Beweislast des Steuerpflichtigen im unteren Rahmen bewegen muss (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 12.12.2013, X R 25/11) zu vermeiden.

Fundstelle

Finanzgericht München, Urteil vom 29.07.2019, 7 K 2779/16, rechtskräftig

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 24.06.1976, IV R 101/75, BStBl II 1976, S. 562

BFH, Urteil vom 30.06.1983, IV R 41/81, BStBl II 1984, S. 263

BFH, Urteil vom 12.12.2013, X R 25/11, BStBl II 2014, S. 517

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