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09.03.2017
Rechnungslegung

FG Münster: Steuerliche Behandlung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Anteile

Der Erwerb eigener Anteile ist steuerlich – auch nach handelsrechtlicher Neuregelung durch das BilMoG – aus Sicht der Gesellschaft als Erwerbsvorgang zu werten. Bei einer Veräußerung eigener Anteile kommt somit § 8b KStG zur Anwendung mit der Folge, dass Anschaffungsnebenkosten und Veräußerungskosten, die handelsrechtlich als Aufwand zu behandeln sind, in die Ermittlung des steuerfreien Veräußerungsgewinns einzubeziehen sind (entgegen BMF-Schreiben vom 27.11.2013). Des Weiteren kommt das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot zur Anwendung.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine AG, kaufte zunächst Aktien zurück und veräußerte diese im Streitjahr 2011 wieder. Die Anschaffungsnebenkosten und Veräußerungskosten behandelte sie sowohl handels- als auch steuerrechtlich als Aufwand. Die Betriebsprüfung und dieser folgend das Finanzamt waren der Auffassung, dass aus dem Verkauf der eigenen Anteile ein Veräußerungsgewinn i.S.d. § 8b Abs. 2 S. 2 KStG entstanden sei. Folglich seien die Anschaffungsnebenkosten sowie Veräußerungskosten nicht gewinnmindernd anzusetzen. Weiterhin sei das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 3 S. 1 KStG zu beachten.

Entscheidung

Der Erwerb eigener Anteile sei auch nach handelsrechtlicher Neuregelung durch das BilMoG aus Sicht der Gesellschaft als Erwerbsvorgang zu werten mit der Folge, dass bei einer Veräußerung der eigenen Anteile § 8b KStG zur Anwendung komme.

Eigene Anteile sind aufgrund der ausdrücklichen Regelungen in § 272 Abs. 1a HGB n.F. handelsrechtlich nicht aktivierungsfähig, d.h. für sie gilt handelsrechtlich ein Aktivierungsverbot. Nach § 272 Abs. 1a S. 3 HGB n.F. sind Aufwendungen, die Anschaffungsnebenkosten sind, Aufwand des Geschäftsjahres. Auch Nebenkosten der Veräußerung sind gem. § 272 Abs. 1b S. 4 HGB n.F. Aufwand des Geschäftsjahres.

Für die Ebene des Anteilseigners wird von der ganz herrschenden Meinung, die das FG für zutreffend hält, die Auffassung vertreten, auch nach dem BilMoG stelle der Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft zu einem fremdüblichen Preis für den Anteilseigner ein Veräußerungsgeschäft dar und die Veräußerung eigener Anteile durch die Gesellschaft müsse beim Anteilseigner als Anschaffungsgeschäft beurteilt werden, d.h. auf der Ebene des Anteilseigners handele es sich nicht um Einlagen/Kapitalmaßnahmen (vgl. BMF-Schreiben vom 27.11.2013). Auf der Ebene der Kapitalgesellschaft sind die Folgen des BilMoG für die steuerliche Beurteilung des Erwerbs eigener Anteile, die nicht zur Einziehung bestimmt sind, sowie für die spätere Veräußerung derartiger eigener Anteile hingegen umstritten.

Nach Auffassung des BMF (Schreiben vom 27.11.2013) und einer Vielzahl von zustimmenden Stimmen im Schrifttum muss die steuerrechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Anteile der Betrachtungsweise im Handelsrecht folgen. Danach sollen auch steuerlich der Erwerb und die Veräußerung eigener Anteile nicht als Anschaffungs- oder Veräußerungsvorgang, sondern wie eine Kapitalherabsetzung oder Kapitalerhöhung zu behandeln sein. Die Weiterveräußerung der eigenen Anteile führe nicht zu einem steuerlichen Veräußerungsgewinn. Ausdrücklich hält das BMF Schreiben in Rz. 18 fest: „Die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräußerung der eigenen Anteile sind als Betriebsausgaben abziehbar, soweit sie angemessen sind.“ Eine Anwendung des § 8b Abs. 2, 3 KStG wird deshalb abgelehnt.

Die Gegenauffassung, der sich das FG anschließt, beurteilt den Erwerb und die Veräußerung der nicht zum Zwecke der Einziehung erworbenen eigenen Anteile nicht als Kapitalmaßnahme, sondern als Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft mit der Folge einer Anwendung von § 8b KStG. Diese Beurteilung ermögliche eine sachgerechte parallele Behandlung auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene. Nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 8b KStG beziehe dieser sich auch auf die Veräußerung von eigenen Anteilen. Die Anwendung des § 8b Abs. 2, 3 KStG führe selbst dann zu in sich schlüssigen außerbilanziellen Korrekturen, wenn das handelsrechtliche Aktivierungsverbot für die Steuerbilanz gelten würde, was das FG offen lässt. Diese Sichtweise schließe vornherein aus, dass eigene Anteile als Gestaltungsmittel zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 8b Abs. 2, 3 KStG eingesetzt werden können.

Betroffene Norm

 § 8b KStG
Streitjahr 2011

Anmerkung

Handelsrechtliches Aktivierungsverbot für eigene Anteile
Das FG konnte offen lassen, ob das nach dem HGB i.d.F. des BilMoG geltende handelsrechtliche Aktivierungsverbot für eigene Anteile auch steuerrechtlich zu einem Aktivierungsverbot führt oder ob eigene Anteile von der Kapitalgesellschaft steuerrechtlich weiterhin unverändert mit den Anschaffungskosten einschließlich der Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren sind, so dass die handelsrechtlichen Anpassungen an das BilMoG bereits in der Steuerbilanz nicht zu einer Gewinnminderung in Höhe der Anschaffungsnebenkosten führen würden.

Eigene Anteile, auf die § 8b Abs. 7 und 8 KStG anzuwenden ist
Das FG verkennt nicht, dass sich das oben dargestellte Ergebnis nicht ohne weiteres auf eigene Anteile übertragen lässt, die gegebenenfalls § 8b Abs. 7 und 8 KStG unterfallen, d.h. auf die § 8b Abs. 2, 3 KStG bereits deshalb keine Anwendung findet, weil die Anteile Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, Lebens- oder Krankenversicherungen zuzurechnen sind. Die dortigen Besonderheiten (wie etwa die in § 8b Abs. 7 KStG vorausgesetzte kurzfristige Handelsabsicht, die in einem Widerspruch zur Annahme einer Kapitalmaßnahme stehen könnte) waren jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 13.10.2016, 9 K 1087/14 K,G,F, Revision zugelassen

Weitere Fundstelle

 BMF, Schreiben vom 27.11.2013, IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl I 2013, S. 1615, Rz. 8ff

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