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11.03.2011
Rechnungslegung

Niedersächsisches FG: Abschreibung in der Ergänzungsbilanz entsprechend der Gesamthandsbilanz

Sachverhalt

Zum Gesamthandsvermögen der Klägerin, einer KG, gehörte im Wesentlichen ein Schiff. Neue Gesellschafter erwarben Anteile von ausscheidenden Kommanditisten. Die Kaufpreise überstiegen die Buchwerte der Kapitalkonten der ausscheidenden Gesellschafter, die übersteigenden Beträge wurden in den Ergänzungsbilanzen der eingetretenen Gesellschafter als Mehrwerte für das von der KG betriebene Schiff erfasst und korrespondierend zu der Abschreibung in der Gesamthandbilanz abgeschrieben. Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass zwar für die in den Ergänzungsbilanzen aktivierten Mehrwerte grundsätzlich die gleiche Absetzungsmethode und die gleiche Restnutzungsdauer wie in der Gesamthandsbilanz zugrunde zu legen seien. Hiervon seien jedoch Ausnahmen geboten, wenn die zu erwartende tatsächliche Restnutzungsdauer wesentlich länger sei als die Restnutzungsdauer, die sich aus der in der Gesamthandsbilanz zugrunde gelegten Gesamtnutzungsdauer rein rechnerisch ergebe und der gezahlte Mehrbetrag erheblich sei. Der Prüfer verteilte die Mehrwerte in den Ergänzungsbilanzen auf eine Restnutzungsdauer von 6 bzw. 5 Jahren statt, wie von der Klägerin angesetzt, von 4,5 bzw. 3,5 Jahren. Die Abschreibungsbeträge für die Ergänzungsbilanzen verminderten sich entsprechend. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht für die Mehrwerte in den Ergänzungsbilanzen eine längere als die in der Gesamthandsbilanz angesetzte Nutzungsdauer zugrunde gelegt und die Abschreibungsbeträge entsprechend vermindert.

Hat ein Gesellschafter einer Personengesellschaft seinen Mitunternehmeranteil entgeltlich erworben, so sind die Anschaffungskosten in einer Ergänzungsbilanz zu erfassen und fortzuschreiben, soweit die Aufwendungen den Betrag des übergehenden Kapitalkontos in der Steuerbilanz der Personengesellschaft übersteigen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 30.03.1993, 18.02.1993 sowie BFH-Beschluss vom 21.03.1995). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass die Beträge, um die die jeweiligen Kaufpreise die entsprechenden Buchwerte der Kapitalkonten der ausscheidenden Gesellschafter überstiegen, als Mehrwerte für das Schiff angesetzt wurden, da diese nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten das Vermögen der Klägerin darstellte. Diese Mehrwerte sind korrespondierend zur Abschreibung des Schiffes in der Gesamthandsbilanz abzuschreiben, dies gilt sowohl im Hinblick auf die Abschreibungsmethode als auch - entgegen der Auffassung des Beklagten - im Hinblick auf die Nutzungsdauer.

Eine Personengesellschaft hat einen einheitlichen Betriebsvermögensvergleich durchzuführen, daher sind grundsätzlich auch die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens (z.B. hinsichtlich der AfA) einheitlich zu bilanzieren (vgl. BFH-Urteil vom 07.08.1986). Die Einheitlichkeit der Gesellschaftsbilanz schließt es aus, dem erwerbenden Gesellschafter eine eigene (abweichende) Abschreibungsmethode zu eröffnen. Die in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Mehrwerte stellen (lediglich) Korrekturen zu den Wertansätzen in der Steuerbilanz der Personengesellschaft für die Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens dar, die mit dem Abgang oder Verbrauch dieser Wirtschaftsgüter gewinnwirksam aufzulösen sind (vgl. BFH-Urteile vom 19.02.1981, 21.01.1994, 28.09.1995). Den Mehrwerten kommt somit keine eigenständige - von den Wirtschaftsgütern der Gesamthandsbilanz losgelöste - Bedeutung zu, die eine abweichende Abschreibungsmethode rechtfertigen könnte. Der Grundsatz der Einheitlichkeit gebietet es, auch den Mehrwert über die gleiche Restnutzungsdauer wie das korrespondierende Wirtschaftsgut in der Gesamthandsbilanz abzuschreiben (so auch Niedersächsischen Finanzgerichtes im Urteil vom 28.10.2003). Vorliegend haben die zusätzlichen Aufwendungen der eintretenden Gesellschafter keinen Einfluss auf die Nutzungsdauer des (in der Gesamthandsbilanz) abzuschreibenden Schiffes. Dieses Wirtschaftsgut hat nur eine einheitliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer und kann folglich nur einheitlich abgeschrieben werden. Im Gegensatz zu nachträglichen Anschaffungs-/Herstellungskosten können die über die Buchwerte der Kapitalkonten der ausscheidenden Gesellschafter hinausgehenden Beträge nämlich nicht zu einer Verlängerung der Nutzungsdauer beitragen, da sie das jeweilige Wirtschaftsgut in seiner Substanz nicht vermehren, verändern oder verbessern.

Das Revisionsverfahren ist vor dem BFH-anhängig: IV R 1/11.

Betroffene Norm

§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG
Streitjahre 1993 bis 1996

Fundstelle

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 20.10.2009, 8 K 323/05, Nichtzulassungsbeschwerde IV B 149/09, BFH-anhängig: IV R 1/11

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 30.03.1993, VIII R 63/91, BStBl II 1993, S. 706
BFH, Urteil vom 18.02.1993, IV R 40/92, BStBl II 1994, S. 224
BFH, Beschluss vom 21.03.1995, IV B 95/94, BFH/NV 1996, S. 211
BFH, Urteil vom 07.08.1986, IV R 137/83, BStBl II 1986, S. 910
BFH, Urteil vom 19.02.1981, IV R 41/78, BStBl II 1981, S. 730
BFH, Urteil vom 21.01.1994, IV R 70/92, BStBl II 1994, S. 745
BFH, Urteil vom 28.09.1995, IV R 57/94, BStBl II 1996, S. 68
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 28.10.2003, EFG 2004, S. 1670

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