OFD Hannover: Verfügung betr. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten; Verpflichtung zum Abbruch, zur Verfüllung und Rekultivierung von Erdgasspeichern
Hintergrund
Unternehmen haben Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, wenn am Bilanzstichtag eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten oder eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung vorliegt, die Verpflichtung vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht ist und mit einer Inanspruchnahme aus einer nach ihrer Entstehung oder Höhe ungewissen Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen ist. Bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen muss die Verpflichtung zudem hinreichend konkretisiert sein. Dies bedeutet, dass regelmäßig ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch Gesetz oder Verwaltungsakt innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgeschrieben sein muss und an die Verletzung der Verpflichtung Sanktionen geknüpft sind.
Bei der Verpflichtung zum Abbruch, zur Verfüllung und zur Rekultivierung im Zusammenhang mit der Aufgabe eines Erdgasspeichers handelt es sich um eine solche öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Bisher ist die Finanzverwaltung (Verfügung der OFD Hannover vom 02.11.1998) davon ausgegangen, dass die entsprechende Verpflichtung zwar nach den einschlägigen Vorschriften des Bundesberggesetzes oder entsprechender Verwaltungsakte der Bergämter als in sachlicher Hinsicht hinreichend konkretisiert angesehen werden kann. Eine daneben erforderliche Konkretisierung in zeitlicher Hinsicht lag jedoch nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht vor. Denn nach der Rechtsprechung des BFH erfordert die zeitliche Konkretisierung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, dass der Zeitpunkt der Erfüllung der Verpflichtung bestimmt werden kann oder zumindest der Zeitraum, in dem die Verpflichtung erfüllt werden muss, bestimmbar ist. Ein Zeitraum für den Betrieb eines Erdgasspeichers wird jedoch von der zuständigen Bergbehörde nicht festgelegt. Eine vorübergehende Beendigung der Speichertätigkeit schließt somit auch eine spätere Wiederaufnahme der Speicherung nicht aus. Folglich ist es - anders als z. B. in Fällen der Erdöl- bzw. Erdgasgewinnungswirtschaft - nicht möglich, den Zeitpunkt zu bestimmen, in dem die Maßnahmen durchzuführen sind. Die erforderliche zeitliche Bestimmbarkeit lag nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung damit erst zu dem Bilanzstichtag vor, zu dem der zuständigen Behörde der Abschlussbetriebsplan vorgelegt und von dieser genehmigt wird.
Verwaltungsanweisung
Die Finanzverwaltung hält an der bisher vertretenen o.a. Rechtsauffassung nicht mehr fest, wonach Rückstellungen für die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zum Abbruch, zur Verfüllung und zur Rekultivierung von Erdgasspeichern wegen fehlender zeitlicher Konkretisierung nicht zuzulassen sind. Liegen die übrigen Voraussetzungen für die Passivierung einer Rückstellung vor und ist der Zeitraum, in dem die Verpflichtungen (Abbruch, Verfüllung und Rekultivierung) zu erfüllen sind, zumindest bestimmbar, können Rückstellungen gebildet werden.
Fundstelle
OFD Hannover, Verfügung vom 14.12.2009, S 2137 – 84 – StO 221/ StO 222.