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19.09.2011
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Arbeitslohn im Zusammenhang mit der Veräußerung von GmbH-Anteilen

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) verkaufte im Jahr 1997 seine Beteiligungen an der X-GmbH (98 %) und der Q-GmbH (90 %) an die P-GmbH, eine Tochtergesellschaft der C-Corporation mit Sitz in den USA. Zugleich schlossen der Kläger und die P-GmbH und die C-Corporation einen Geschäftsführervertrag. Im Rahmen dieses Vertrages wurde dem Kläger von der C-Corporation die Option eingeräumt, 15.000 Aktien an dieser zu erwerben. Der Geschäftsführervertrag wurde 1998 aufgehoben, wovon die Aktienoption vereinbarungsgemäß unberührt bleiben sollte. Der Kläger machte von seinem Optionsrecht im Juli 1998 (Streitjahr) Gebrauch. Das Finanzamt behandelte den geldwerten Vorteil aus der Ausübung des Aktienoptionsrechts als Arbeitslohn. Hiergegen wand sich der Kläger mit der Begründung, die vereinbarte Aktienoption sei nur zum Schein in den Geschäftsführervertrag aufgenommen worden. In Wirklichkeit handele es sich hierbei um einen Zuschlag zum Kaufpreis für die GmbH-Anteile. Die zusätzliche Geldleistung in Gestalt der Optionen auf die Aktien sei nur deswegen nicht als Entgelt für die Veräußerung der GmbH-Anteile bezeichnet worden, weil die Erwerberin den bereits durch die Aufsichtsgremien in den USA genehmigten Barverkaufspreis nicht habe erhöhen können. Das FG wies die Klage ab. Die Aktienoptionen seien dem Kläger im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis überlassen worden.

Entscheidung

Das FG ist zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der Aktienoption zu Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit führt.

Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteil vom 20.05.2010). Kein Arbeitslohn liegt allerdings u.a. vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (BFH-Urteil vom 17.06.2009, BFH-Urteil vom 20.05.2010). Als derartige Zuwendungen auf Grund von Sonderrechtsbeziehungen kommen insbesondere die Veräußerung und die entgeltliche (zeitlich befristete) Nutzungsüberlassung von Sachen oder Rechten in Betracht (BFH-Urteil vom 20.05.2010).

Der Schluss des FG, dass dem Kläger die streitigen Aktienoptionen im Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis überlassen worden sind, wird nicht von entsprechenden Feststellungen getragen. Dem klägerischen Vortrag folgend hat der Kläger seine Unternehmensanteile an der X-GmbH und der Q-GmbH nur an die C-Corporation veräußert, weil diese mit den Aktienoptionen noch "etwas auf den Kaufpreis draufgelegt" habe. In einem solchen Fall liegt es nahe, dass der streitige Vorteil nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft, sondern als zusätzlicher Veräußerungspreis gewährt worden ist. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die Aktienoptionen dem Kläger in einem Anstellungsvertrag eingeräumt und in diesem als Tätigkeitsvergütung bezeichnet worden sind. Denn im Einkommensteuerrecht ist der verwirklichte Lebenssachverhalt nach seinem wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach seiner äußeren Erscheinungsform zu beurteilen. Im zweiten Rechtsgang wird das FG Gelegenheit haben, entsprechende Feststellungen nachzuholen und auf deren Grundlage erneut zu würdigen, ob die Aktienoptionen und damit letztlich der Vorteil aus der Ausübung dieses Rechts durch das Arbeitsverhältnis des Klägers veranlasst war oder als zusätzliche Gegenleistung für die veräußerten Unternehmensanteile zu beurteilen ist. Dabei hat es auch die subjektiven Vorstellungen des Arbeitnehmers und insbesondere des Arbeitgebers in den Blick zu nehmen.

Betroffene Norm

§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG
Streitjahr 1998

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 21.04.2010, 11 K 262/08 E, F, EFG 2011, S. 49

Fundstelle

BFH, Urteil vom 30.06.2011, VI R 80/10, BStBl II 2011 S. 948

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 20.05.2010, VI R 12/08, BStBl II 2010, S. 1069, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 17.06.2009, VI R 69/06, BStBl II 2010, S. 69

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