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17.01.2014
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Auffassung der Finanzverwaltung zur Lohnsteuerpauschalierung gem. § 37b EStG teilweise kassiert

§ 37b EStG begründet keine neue Einkunftsart, es handelt sich vielmehr nur um eine besondere Form der Steuererhebung. Demnach können unter § 37b EStG nur solche Zuwendungen fallen, die dem Grunde nach einkommensteuerbar und einkommensteuerpflichtig sind. Zuwendungen, die im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen, und daher keinen lohnsteuerrechtlichen Vorteil darstellen, zählen somit genauswenig zur Bemessungsgrundlage des § 37b EStG wie Zuwendungen an nicht in Deutschland steuerpflichtige Ausländer.

Sachverhalt

Der BFH hat mit 3 Urteilen vom 16.10.2013 klargestellt, dass durch § 37b EStG keine neue (achte) Einkunftsart begründet , sondern nur eine besondere Form der Steuererhebung festgelegt werde. Demnach könne eine Zuwendung nur dann unter § 37b EStG fallen, wenn sie dem Grunde nach einkommensteuerbar und einkommensteuerpflichtig sei (entgegen BMF-Schreiben vom 29.04.2008, Tz. 13).

VI R 57/11
Die Klägerin führte ein Management-Meeting, an dem sowohl ihre Arbeitnehmer aus Deutschland als auch Arbeitnehmer ihrer Tochtergesellschaften aus dem In- und Ausland teilgenommen hatten, durch. Den Teilnehmern dieser Veranstaltung wurden im Rahmen der Veranstaltung betrieblich veranlasste Sachzuwendungen gewährt. Die Klägerin beantragte für diese Sachzuwendungen die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG. Die Beklagte, das FA, folgte dem, setzte die Einkommensteuer aber auch für Empfänger fest, die nicht der Besteuerung im Inland unterlagen. Die Klage vor dem FG war hinsichtlich der Einbeziehung nicht im Inland Steuerpflichtiger erfolgreich.

VI R 52/11
Die Klägerin hatte ihren Kunden und Geschäftsfreunden Geschenke zukommen lassen. Diese Sachzuwendungen wollte sie gem. § 37b EStG pauschal besteuern. Die Beklagte, das FA, setzte – auch für Geschenke mit einem Wert zwischen 10 und 35 Euro – eine Steuer fest. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass Zuwendungen und Geschenke im Wert zwischen 10 und 35 Euro nicht gemäß § 37b EStG zu versteuern seien, dass die Finanzverwaltung nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 29.04. 2008 zu Unrecht bei Zuwendungen an Arbeitnehmer eine Grenze von 40 Euro anwende, bei Nichtarbeitnehmern aber nur eine solche von 10 EUR sowie, dass Geschenke auch nur insoweit der Besteuerung unterworfen werden dürften, als sie bei ihren Empfängern zu einem einkommensteuerpflichtigen Zufluss führten. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

VI R 78/12
Die Klägerin hatte für ihre Kunden und Geschäftsfreunde Regattabegleitfahrten durchgeführt. An diesen Veranstaltungen nahmen auch Mitarbeiter der Klägerin teil. Sie sollten die Kunden und Geschäftsfreunde betreuen und fachliche Gespräche führen, wobei sie auch Jacken mit Firmenlogo tragen mussten. Nahm ein eingeladener Kunde nicht teil, durfte auch der vorgesehene Betreuer nicht teilnehmen. Die Beklagte, das FA, beurteilte die Teilnahme der Mitarbeiter der Klägerin an den Kundenveranstaltungen als lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil. Die Beklagte bezog daher auch die auf die Mitarbeiter der Klägerin entfallenden Aufwendungen für die Begleitfahrten in die (von der Klägerin beantragte) pauschale Besteuerung gem. § 37b EStG ein. Die Klage vor dem FG war erfolgreich.

Entscheidung

VI R 57/11
Die Revision des FA ist unbegründet.

Nach § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden und nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben. Nach § 37b Abs. 2 S. 1 EStG gilt § 37b Abs. 1 EStG auch für betrieblich veranlasste Zuwendungen an Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen, soweit die Zuwendungen nicht in Geld bestehen und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden.

Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG komme aber – dies folge aus Wortlaut und der systematischen Stellung – nur dann in Betracht, wenn die betrieblich veranlassten Zuwendungen beim Empfänger dem Grunde nach zu einkommensteuerbaren und einkommensteuerpflichtigen Einkünften führten. Der § 37b EStG begründe keine weitere eigenständige Einkunftsart. Die gegenteilige Annahme ließe sich weder aus der Entstehungsgeschichte noch den Gesetzesmaterialien herleiten.

Daher sei der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 29.04.2008, BStBl I 2008, 566
Rz 13), dass es nicht darauf ankomme, ob die Zuwendungen im Rahmen einer der Einkunftsarten zuflösse, nicht zu folgen. Ein diese Auffassung stützender Grundsatz, dass eine Einkommensteuer bei betrieblich veranlassten Zuwendungen jeder Art per se entsteht, lasse sich dem geltenden Einkommensteuergesetz nicht entnehmen.

Im vorliegenden Fall sind somit der Teil der Zuwendungen, die an Teilnehmer, die nicht in Deutschland der Besteuerung unterliegen nicht in den Umfang der Bemessungsgrundlage der Pauschalierung nach § 37b EStG einzubeziehen.

VI R 52/11
Die Revision des Klägers ist begründet.

Das Urteil des FG, in dem unter anderem die Abweisung der Klage damit begründet wird, dass die Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG nicht auf Zuwendungen beschränkt ist, die beim Empfänger zu einkommensteuerpflichtigen Zufluss führen, werde aufgehoben. Die Sache wird an das FG zurückverwiesen, das eine Feststellungen darüber treffen muss, ob die Zuwendungen bei den jeweiligen Empfängern einkommensteuerbare und dem Grunde nach einkommensteuerpflichtige Einnahmen begründen.

Entsprechend der Feststellungen zu § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG (BFH VI R 57/11), sei auch für die Anwendung der pauschalen Besteuerung gem. § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG Voraussetzung, dass beim Empfänger durch die Geschenke Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §§ 13 bis 24 EStG erzielt würden. Der insoweit eindeutige Wortlaut (auch) von § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, bestimme keinen neuen Rechtsgrund für das Entstehen der Einkommensteuer.

Dagegen komme es, auch entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 29.04.2008, BStBl I 2008, 566 Rz 10) nicht darauf an, ob die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Sachzuwendungen den Betrag von 10 Euro (Streuwerbeartikel) oder 35 Euro über- oder unterschreiten würden sowie, ob die Zuwendung in Form einer geschäftlich veranlassten Bewirtung erbracht würde.

VI R 78/12
Die Revision des FA ist unbegründet.

Entsprechend der Feststellungen zu § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG (BFH VI R 57/11), sei auch für die Anwendung der pauschalen Besteuerung gem. § 37b Abs. 2 EStG Voraussetzung, dass beim Empfänger durch die betrieblich veranlassten Zuwendungen Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §§ 13 bis 24 EStG entstünden. Der Begriff der Zuwendungen an Arbeitnehmer werde durch § 37b EStG nicht erweitert.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VI. Senats seien jedoch solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen würden, also im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt würden. Dies sei vorliegend der Fall.

Betroffene Norm

§ 37b EStG

Vorinstanzen

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.10.2011, 8 K 4098/10 L (zu VI R 57/11), Siehe Deloitte Tax-News: FG Düsseldorf: Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG bei Sachzuwendungen an ausländische Empfänger
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 20.09.2011, 2 K 41/11 (zu VI R 52/11)
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.11.2012, 12 K 12013/11 (zu VI R 78/12)

Fundstellen

BFH, Urteil vom 16.10.2013, VI R 57/11
BFH, Urteil vom 16.10.2013, VI R 52/11
BFH, Urteil vom 16.10.2013, VI R 78/12
Pressemitteilung Nr. 4 vom 15.01.2014

Weitere Fundststellen

BFH, Urteil vom 15.06.2016, VI R 54/15, siehe Deloitte Tax-News
OFD Frankfurt, Verfügung vom 10.10.2012, siehe Deloitte Tax-News: Keine Pauschalsteuer nach § 37b EStG mehr bei „Aufmerksamkeiten“ an Kunden
Deloitte Tax-News vom 10.04.2012: Aktuelle Fragestellungen im Zusammenhang mit der Anwendung von § 37b EStG
Deloitte Tax-News vom 25.08.2010: Unklarheiten zur Bemessungsgrundlage des § 37b EStG

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